Kirschroter Sommer (German Edition)
Bett fallen.
»Ich bin Elyas«, sagte er und reichte ihr die Hand. »Schön, dich kennen zulernen, Eva.«
»Ganz meinerseits«, antwortete sie.
Er lächelte sie in seiner charmanten Art an und trug schon wieder diesen widerlichen Glanz von Selbstzufriedenheit in den Augen. Dann widmete er sich leider Gottes wieder mir und kam an mein Bett. »Brauchst du noch irgendetwas, Emely?«
»Ja – meine Ruhe«, brummte ich.
Er hob eine Augenbraue an. »Wie wäre es mit: Danke, Elyas, du hast mir das Leben gerettet? Wie kann ich das je wieder gut machen?«
Ich grummelte und biss mir auf die Unterlippe, weil sich alles in mir dagegen sträubte, mich tatsächlich bei ihm zu bedanken. Aber er hatte leider Recht. Ich war tatsächlich undankbar, was eigentlich überhaupt nicht zu mir passte.
»Danke, Elyas«, presste ich heraus und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie viel mir diese zwei blöden Wörter abverlangten. Zur Antwort bekam ich ein stolzes Lächeln, was mich dazu veranlasste, meine Bedankung gedanklich mit ›Und jetzt nimm deine rote Rettungsboje und hau ab, Hasselhoff!‹ fortzusetzen.
»Gern geschehen«, sagte er. »Morgen um die gleiche Zeit?«
»Sehr witzig«, nuschelte ich und fühlte mich nach wie vor vollkommen blamiert.
»Was ist denn eigentlich mit dir los, Emely?«, mischte sich Eva nun mit ein. Der Schock, dass ausgerechnet ich einen männlichen Besucher mit nach Hause brachte, stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben.
»Sie hat es mit dem Joggen ein bisschen übertrieben«, antwortete Elyas.
Eva dachte wohl, sie hätte sich verhört. »Joggen?«, wiederholte sie.
»Ja.« Elyas grinste. »Sie wollte wohl einen guten Eindruck bei mir machen.«
Bitterböse sah ich ihn für diese Frechheit an und hätte am liebsten alles nach ihm geworfen, was mir in die Finger gekommen wäre.
Dieses Spielchen mit den blöden Sprüchen betrieb er noch geschlagene zehn Minuten weiter, bis er sich dann endlich verabschiedete. Eva konnte es kaum abwarten, dass die Tür hinter ihm zugefallen war und sprang schon in der nächsten Sekunde wie eine Irre auf mein Bett.
» Das war Elyas?« Sie riss die Augen auf.
»Ja?« Ich zuckte mit den Schultern und verstand nicht, worauf sie hinauswollte.
»Der Elyas, der dich die ganze Zeit angräbt?«
»Ja, leider …« Ich verzog mein Gesicht und kuschelte mich in meine Bettdecke.
»Hättest du vielleicht mal erwähnen können, wie verdammt gut er aussieht?«
»Was spielt das schon für eine Rolle?«, seufzte ich und hoffte, Eva würde mich jetzt endlich schlafen lassen. Mein Körper forderte immer mehr Erholung ein und ich kam kaum noch dagegen an.
»Seit ich weiß, wie er aussieht, eine verdammt Große!«
»Eva, du solltest mittlerweile wirklich mitgeschnitten haben, dass mir der Charakter viel wichtiger als das Aussehen ist.« Ich gähnte und spürte, wie mir die Augen zufielen.
»Er hat aber überhaupt nicht den Eindruck gemacht, als wäre er ein Arsch …«, dachte sie laut. Sie war, wie die meisten, natürlich voll auf ihn hereingefallen.
»Kennst du den Spruch: Wer ficken will, muss freundlich sein?«
Sie nickte erst verwundert und schien dann zu verstehen, während ich bereits ausgelaugt in das Land der Träume abdriftete. Was’n scheiß Tag, war mein letzter Gedanke, bevor ich endgültig einschlief.
KAPITEL 5
Unbefleckte Empfängnis
Liebe Emely,
weißt du eigentlich, dass ich derzeit alle fünf Minuten an den PC renne, nur um nachzusehen, ob du vielleicht schon geantwortet hast?
Armselig, oder?
Außerdem muss ich dich leider enttäuschen, ich bin noch lange nicht am Ende mit meinen Fragen. Gerade eben würde mich zum Beispiel interessieren, was deine Lieblingsbücher oder wer deine Lieblingsautoren sind. Verrätst du mir das?
Ich würde einfach gern wissen, was eine Literaturwissenschaftsstudentin in ihrer Freizeit liest. Ich bin mir sicher, du wirst mich überraschen.
Und warum hast du neulich gemeint, ich solle dich daran erinnern, nie wieder joggen zu gehen? Du hast mich neugierig gemacht.
Ich hoffe, bis bald! (Am besten in fünf Minuten, dann wäre der nächste Gang an den PC nicht umsonst.)
Liebe Grüße
Luca
Ich saß in meinem Zimmer vor dem Laptop und seufzte zufrieden. Ich konnte von Glück reden, dass ich alleine war und mich keiner sehen konnte, weil das Ganze langsam echt peinliche Züge annahm. Und damit meinte ich nicht nur die erniedrigende Tatsache, dass ich mit dreiundzwanzig Jahren einen Internetfreund hatte, nein, ich
Weitere Kostenlose Bücher