Kirschroter Sommer (German Edition)
grinste zusätzlich auch noch blöd vor mich hin, wenn ich eine Nachricht von ihm erhielt.
Da ich gerade sowieso nichts zu tun hatte, schrieb ich ihm gleich eine Antwort.
Hi Luca,
die Frage wäre, was armseliger ist: Alle fünf Minuten an den PC zu rennen oder blöd grinsend E-Mails zu lesen. In Sachen Armseligkeit schenken wir uns also schon mal nichts – was jetzt allerdings nicht unbedingt für uns spricht.
Ich hatte bereits befürchtet, dass dir wieder neue Fragen einfallen. Wie kam ich nur auf den absurden Gedanken, du könntest genug haben?
Aber im Gegensatz zu deinen anderen Fragen, ist diese ausnahmsweise sehr leicht zu beantworten.
Meine Lieblingsautoren sind Edgar Allan Poe, Chuck Palahniuk und Franz Kafka. Somit hast du auch automatisch meine Lieblingsbücher.
Kannst du mit den Namen etwas anfangen?
Verrätst du mir denn auch, was du gerne liest?
Zum Thema Joggen …
Oh Mann, ich wünschte, du hättest nicht gefragt.
Sagen wir so, als die »Peinlichkeit« verteilt wurde, habe ich mich heiser geschrien. Irgendwie gab es da ein akustisches Missverständnis mit »Weiblichkeit«. Jetzt ersetzt das eine das andere, aber na ja, was will man machen.
Vielleicht war es doch ganz gut von dir, nachzufragen, jetzt kann ich dich zumindest vorwarnen: Falls wir uns irgendwann einmal treffen sollten, dann denk dir nichts dabei, wenn ich plötzlich hinfalle und mir ein Bein oder andere wichtige Gliedmaßen breche. Das ist ganz normal bei mir.
Ich übertreibe kein Stück, wenn ich sage, so ziemlich das gesamte Personal der nahe gelegenen (was sich als äußerst praktisch erwies) Notaufnahme mit Vornamen zu kennen.
So, und jetzt kannst du niemals behaupten, ich hätte dich nicht gewarnt.
Wie verbringst du eigentlich den heutigen Samstagabend?
Liebe Grüße
Emely
P. S. Sorry, dass du jetzt dreimal umsonst zu deinem PC rennen musstest!
Konnte man jemanden mögen, den man erst seit zwei Wochen kannte und noch nie, zumindest nicht wissentlich, leibhaftig gesehen hatte?
Auch wenn ich mich mit diesem Gedanken nur schwer anfreunden konnte, so war es anscheinend tatsächlich möglich, denn irgendwie mochte ich Luca.
Verknallt war ich natürlich nicht, aber ich hatte mehr Gefallen an diesem mehrmals täglich stattfindenden E-Mail-Verkehr gefunden, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.
Als ich so darüber sinnierte, ob dies eine positive oder eher negative Wendung war, riss mich das Klingeln meines Handys aus meinen Überlegungen. Ich stand auf und lief zu meinem Bett, schnappte mir das Handy, das ich dort zurückgelassen hatte, und las den Namen »Alex« auf dem Display.
»Ja?«, meldete ich mich.
»Hey Süße, ich habe eine gute Neuigkeit für dich!«
»Elyas ist der Personenschaden, der heute Mittag in den Nachrichten kam?«
»Nein.« Sie kicherte. »Es ist etwas viel Besseres!«
Jetzt war ich aber wirklich gespannt, denn das Ableben von ihrem Bruder war kaum zu übertreffen.
»Heute ist endlich der Anlass, an dem du mein Top tragen kannst!«, trällerte sie.
Alex hatte vor kurzem ihr erstes Oberteil entworfen und das, obwohl sie erst seit fünf Wochen Design studierte. So süß wie Alex hin und wieder sein konnte, hatte sie ihr erstes Werk mir gewidmet, und ich musste zugeben, positiv überrascht gewesen zu sein. Zwar war das Top für meine Verhältnisse ein wenig gewagt, aber gerade noch im grenzwertigen Bereich.
»Und der wäre?«, erkundigte ich mich stirnrunzelnd, weil sie mir viel zu gut gelaunt wirkte.
»Jetzt sag bitte nicht gleich Nein, sondern hör erst mal zu«, plapperte sie.
Ich hasste es, wenn ihre Sätze mit »Jetzt sag bitte nicht gleich Nein« anfingen, denn dabei handelte es sich in der Regel immer um Sachen, die ich nicht machen wollte, aber solange von ihr belabert wurde, bis ich schließlich doch nachgab.
»Spuck‘s schon aus«, murmelte ich und seufzte.
»Also, pass auf, ich habe dir doch von Sebastian erzählt.«
»Sebastian?«
»Der Kumpel von Elyas«, half sie mir ungeduldig auf die Sprünge.
Ach ja, richtig, der gut aussehende Freund von Elyas, der es ihr angetan hatte. Alex‘ neues Opfer, sozusagen, mit dem sie zwar noch nie mehr als »Hallo« und »Tschüss« gesprochen hatte, ihn aber charakterlich unheimlich toll fand …
»Ja, ich erinnere mich, mir war nur sein Name entfallen«, antwortete ich.
»Na jaaaa«, begann sie und zog das Wort unnötig in die Länge. »Ich habe vorhin zufällig aufgeschnappt, dass er und Elyas heute Abend in einen Club
Weitere Kostenlose Bücher