Kishons beste Familiengeschichten.
kommt!« rief das wachsame Kind. »Rasch!«
Wir wickelten Franzi aus der Pianodecke, rannten mit ihr in den Garten und banden sie an der Schiffskette fest. Als Dragomir ankam, saßen wir alle sittsam um den Mittagstisch.
»Wo ist Hund?« fragte der Staatstrainer barsch.
»Wo wird er schon sein? Natürlich dort, wo er hingehört. Im Garten. An der Kette.«
»Richtig und gut.« Dragomir nickte in bärbeißiger Anerkennung. »Nicht loslassen.«
Tatsächlich blieb Franzi bis gegen Ende unserer Mahlzeit im Garten. Erst zum Dessert holte sie Amir herein und ließ sie teilhaben an Kuchen und Früchten. Franzi war glücklich, obgleich ein wenig verwirrt. Auch während der folgenden Wochen konnte sie nur schwer begreifen, warum sie immer in solcher Eile an die Kette gebunden wurde, wenn der fremde Mann, dessen Sprache niemand verstand, auftauchte, und warum sie nach seinem Verschwinden wieder in ihre Toilette zurückgebracht wurde. Aber es klappte im ganzen nicht schlecht.
Von Zeit zu Zeit erstatteten wir Dragomir detaillierten Bericht über die Fortschritte, die wir mit seinem Dressurprogramm machten, baten ihn um allerlei Ratschläge, fragten ihn, ob wir für Franzi nicht vielleicht einen Zwinger bauen sollten (»Kein Zweck, draußen warm genug!«), und gaben ihm an jenem Dienstag, an dem Franzi unser schönstes Tischtuch zerrissen hatte, freiwillig eine Honorarzulage von fünfzig Pfund.
Am folgenden Wochenende beging Dragomir einen schwerwiegenden Fehler: er erschien unangemeldet in unserem Haus.
Die Sache war die, daß Zulu den Postboten ins Bein gebissen hatte, und Dragomir war herbeigerufen worden, um mit dem Schäferhund ein ernstes Wort zu sprechen. Dragomir machte sich die geographische Lage und unsere offene Haustür zunutze und drang ins unbewachte Kinderzimmer ein, wo er Amir und Franzi eng umschlungen vor dem Fernsehschirm beim Speisen von Popcorn vorfand.
»Das ist Garten?« brüllte er. »Das ist Hund angebundener?«
»Nicht bös sein, Onkel«, entschuldigte sich Amir. »Wir haben nicht gewußt, daß du kommst.«
Renana begann zu heulen, Franzi begann zu bellen, Dragomir fuhr fort zu brüllen, ich stürzte herzu und brüllte gleichfalls, meine Frau stand mit unheilvoll zusammengepreßten Lippen daneben und wartete, bis Ruhe eintrat.
»Was wünschen Sie?« fragte sie, als sähe sie Dragomir zum erstenmal.
»Ich wünschen? Sie wünschen! Sie wollen haben Hund zimmerrein. So nicht. So wird immer in Haus überall hinmachen!«
»Na wenn schon. Dann wische ich’s eben auf. Ich, nicht Sie.«
»Aber – «, sagte Dragomir.
»Hinaus!« sagte die beste Ehefrau von allen.
Seither herrscht Ruhe in unserem Haus. Franzi frißt Pantoffel und Teppiche, wird immer dicker und pinkelt wohin sie will.
Meine Frau läuft mit einem Aufreibtuch hinter ihr her, die Kinder klatschen vor Vergnügen in die Hände, und wir alle sind uns darüber einig, daß nichts über einen erstklassigen Rassehund geht, den man eigens aus Europa importiert hat.
Hundstage
Franzi begann plötzlich Interesse an Hunden zu zeigen, sprang am Fenster hoch, wenn draußen einer vorbeiging, wedelte hingebungsvoll mit dem Schwanz, ja, manchmal ließ sie sogar ein zweideutiges Bellen hören. Und siehe da: Draußen vor dem Fenster versammelten sich nach und nach sämtliche männlichen Hunde der Umgebung, wedelnd, winselnd, schnuppernd, als suchten sie etwas. Zulu, der riesige deutsche Schäferhund, der am andern Ende der Straße lebt, drang eines Tags über die rückseitig gelegene Terrasse sogar in unser Haus ein und wich erst der Gewalt.
Wir wandten uns an Dragomir, den international bekannten Hundetrainer aus Jugoslawien, der sich eine Zeitlang auch mit Franzi beschäftigt hatte. Er klärte uns auf:
»Warum Sie aufgeregt weshalb? Hündin ist läufig.«
»Hündin ist was?« fragte ahnungslos die beste Ehefrau von allen, die sich in der einschlägigen Terminologie nicht auskennt. »Wohin will sie laufen?«
Dragomir nahm seine Zuflucht zur Kinder- und Gebärdensprache:
»Kutschi-mutschi. Weibi braucht Manndi. Kopulazija hopphopp.«
Nachdem wir dieses Gemisch aus Kroatisch und Kretinisch dechiffriert hatten, wußten wir Bescheid.
Auch unseren Kindern war mittlerweile etwas aufgefallen.
»Papi«, fragte mein Sohn Amir, »warum will Franzi zu den anderen Hunden hinaus?«
»Sohn«, antwortete Papi, »sie will mit ihnen spielen.«
»Wirklich? Und ich hatte schon geglaubt, daß sie miteinander den Geschlechtsverkehr ausüben
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