Kishons beste Familiengeschichten.
und sprich mit Dragomir«, murmelte meine Frau gesenkten Hauptes.
Dragomir, ein untersetzter Mann in mittleren Jahren, versteht die Sprache der Tiere wie einstens König Salomo, wenn er in Form war. Mit den Menschen hat er Verständigungsschwierigkeiten. Er lebt erst seit dreißig Jahren in unserem Land und kann sich nur in seiner kroatischen Muttersprache fließend ausdrücken.
»Was ist das?« fragte er bei Franzis Anblick. »Wo haben Sie es genommen her?«
»Das spielt keine Rolle«, antwortete ich mit aller gebotenen Zurückhaltung.
Dragomir hob Franzi in die Höhe und bohrte seine Augen in die ihren.
»Wie Sie füttern diese Hund?«
Ich informierte ihn, daß Franzi viermal am Tag ihre Lieblingssuppe vorgesetzt bekäme und einmal entweder Roastbeef mit Nudeln oder Irish Stew, dazu je nachdem Cremerollen, Waffeln und türkischen Honig.
»Schlecht und falsch«, äußerte Dragomir. »Hund nur einmal am Tag bekommt Futter und Schluß. Wo macht Hund hin?«
Ich verstand nicht sofort, was er meinte. Dragomir wurde deutlicher:
»Wo pischt? Wo kackt?«
»Immer im Haus«, wehklagte ich. »Nie im Garten. Da hilft kein Bitten und kein Flehen.«
»Hund immer hinmacht, wo hat erstemal hingemacht«, erklärte der staatliche Trainer. »Wie oft hat bis jetzt hingemacht in Haus?«
Ich stellte eine hurtige Kopfrechnung an:
»Ungefähr fünfhundert Mal.«
»Mati moje! Sie müssen Hund verkaufen!« Und Dragomir machte mich mit der erschütternden Tatsache vertraut, daß Franzi sich dank unserer pädagogischen Fahrlässigkeit daran gewöhnt hätte, den Garten als ihre Wohnung anzusehen und das Haus als Toilette.
»Aber dagegen muß sich doch etwas machen lassen, Maestro!« flehte ich. »Wir zahlen Ihnen jeden Betrag!«
Der staatliche Trainer überlegte.
»Gut«, entschied er dann. »Erstes von allem: Sie müssen anbinden Hund. Ich bringe Kette.«
Am nächsten Morgen erschien Dragomir mit einer ausrangierten Ankerkette, befestigte das eine Ende an einem Besenstiel, den er im entferntesten Winkel des Gartens in die Erde rammte, und band Franzi am andern Ende der Kette fest. »So. Hier bleibt Hund ganze Zeit. Einmal täglich man bringt ihm etwas Futter. Sonst niemand herkommt in die Nähe.«
»Aber wie soll die arme Franzi das aushalten?« protestierte ich, lautstark unterstützt von Weib und Kind. »Franzi braucht Gesellschaft… Franzi braucht Liebe… Franzi wird weinen…«
»Soll weinen«, beharrte Dragomir erbarmungslos. »Ich sage, was Sie tun, Sie tun, was ich sage. Sonst hat kein Zweck. Sonst besser Sie verkaufen Hund sofort.«
»Alles, nur das nicht!« stöhnte ich im Namen meiner Familie. »Wir werden Ihre sämtlichen Anordnungen befolgen. Was bekommen Sie für den Kurs?«
»Einhundertfünfzig ohne Empfangsbestätigung«, antwortete Dragomir in erstaunlich gutem Hebräisch.
Franzi begann zu winseln.
Schon am Nachmittag schwamm das ganze Haus in Tränen. Die Kinder sahen mit herzzerreißend traurigen Blicken nach Franzi, nach der einsamen, hungrigen, angebundenen Franzi. Renana konnte sich nicht länger zurückhalten und legte sich schluchzend neben sie. Amir bat mich mit flehend aufgehobenen Kinderhändchen, das arme Tier loszubinden. Meine Frau schloß sich an.
»Wenigstens für eine Viertelstunde«, beschwor sie mich. »Für zehn Minuten. Für fünf Minuten…«
»Also schön. Fünf Minuten…«
Laut bellend sauste Franzi ins Haus, sprang an uns allen empor, bedachte uns mit Liebesbezeigungen ohne Ende, verbrachte die Nacht im Kinderzimmer und schlief, nachdem sie sich mit Schokolade, Kuchen und Hausschuhen verköstigt hatte, in Amirs Bettchen friedlich ein.
Am Morgen ging das Telefon. Es war Dragomir.
»Wie hat Hund genachtet?«
»Alles in bester Ordnung«, antwortete ich.
»Viel gebellt?«
»Ja, aber das muß man hinnehmen.« Und ich versuchte, die auf meinem Schoß sitzende Franzi daran zu hindern, sich an meinem Brillengestell gütlich zu tun.
Dragomir schärfte mir ein, besonders während der ersten Abrichtungsperiode seine Vorschriften unbedingt einzuhalten. Gerade jetzt sei eiserne Disziplin das wichtigste.
»Ganz Ihrer Meinung«, bestätigte ich. »Sie können sich auf mich verlassen. Wenn ich schon soviel Geld für die Dressur unseres Hündchens ausgebe, dann will ich auch Resultate sehen. Ich bin ja nicht schwachsinnig.«
Damit legte ich den Hörer auf und entfernte das Kabel vorsichtig aus Franziskas Schnauze.
Zu Mittag stürzte Amir schreckensbleich ins Zimmer.
»Dragomir
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