Kismet in Kairo
nicht beeindrucken lassen. »Glauben Sie das wirklich, Mr. Sinclair. Sind Sie da nicht ein wenig hochnäsig?«
»Warum sollte ich?«
»Gegenfrage. Warum sollte eine Person, die Jahrtausende überlebt hat, gerade von Ihnen und genau heute oder morgen gestoppt werden? Das ist noch die Frage. Ich wäre nicht so überheblich, denn der Mensch hat sich schon oft genug im Laufe seiner Geschichte geirrt.«
Nach meinem abrupten Aufstehen schlug ich dem Professor auf die Schulter. »Sie haben recht, aber wissen Sie, daß es schädlich ist, wenn man daran immer denkt?«
»Ja, das denke ich auch.«
Suko rückte mit dem besten Vorschlag heraus. »In dieser Nacht wird nichts mehr passieren. Unsere Freundin wird sich die Wunden lecken. Deshalb lege ich mich wieder aufs Ohr.«
»Können Sie das denn?« fragte Walter Hogland, »nach allem, was hier passiert ist?«
»Und ob ich das kann. Fragen Sie John.«
»Schlaf ist die beste Medizin.«
Gegen zwei Stimmen kam der gute Hogland nicht an. Er war einverstanden und schlich mit bedrückter Miene aus dem Zimmer. Auch Suko verschwand. Zu sagen brauchten wir nicht mehr viel. Jetzt kam es darauf an, daß gehandelt wurde.
Minuten später lag ich im Bett. Und diesmal schlief ich sofort ein. Auch wurde ich nicht von einer weiblichen Teufelin gestört. Weder im Traum, noch in Wirklichkeit.
***
Hassan hatte alles wie durch einen Nebel gesehen. Der Mann kam sich vor, als wäre er das Opfer eines krankhaften Monstrums geworden, dessen Tentakel ihn allmählich aus dieser normalen Welt und auch aus dem normalen Leben hervorzerrten. Er existierte zwar, das war auch alles. Nach einem dritten Besuch des weiblichen Teufels war aus ihm nur mehr eine Hülle geworden, mit einem Rest von Kraft in ihrem Innern.
Ansonsten wollte er auch nicht mehr leben. Er wünschte sich den Tod herbei, denn der war noch immer besser, als allein dahinzuvegetieren.
Hassan wußte nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als er es endlich schaffte, sich aufzurichten. Ein Grundbedürfnis hatte dafür gesorgt, denn er verspürte einen irrsinnigen Durst und hatte das Gefühl, innerlich verbrennen zu müssen.
So etwas war ihm noch nie vorgekommen. Er wälzte sich auf seinem Bett herum. Er hatte den Mund weit geöffnet. Er keuchte und schmatzte, wälzte sich mühsam auf die Seite. Eine Hand streckte er dem Fußboden entgegen, als er über die Kante rollte, und er hatte gut daran getan. So konnte er den Sturz abfangen.
Dennoch blieb er vor seinem Bett liegen. Der sich im Teppich befindliche Staub drang in eine Nase und reizte zum Niesen. Wie ein Tier kroch er nach einigen Minuten der Rast weiter, um einen Stuhl zu erreichen, dessen Fläche ihm als Stütze diente.
So kam er langsam in die Höhe und hatte auch Glück, daß er den Stuhl nicht zur Seite schob und er abermals in Bedrängnis geriet. Schließlich stand er auf den Beinen, die Hände um die Lehne verkrampft, was auch sein mußte, denn sonst hätten seine Beine nachgegeben, und er wäre wieder gefallen.
Was bei ihm Minuten dauerte, das schafften andere in Sekunden. Auch der Weg in die Küche nahm dermaßen viel Zeit in Anspruch. Er ging mit wackligen Knien, immer wieder stützte er sich an Möbelstücken oder an den Wänden ab, aber auf diese Art und Weise gelang es ihm, auf den Beinen zu bleiben und die Küche zu erreichen.
Wasser! Nichts anderes war in seiner Lage für ihn wichtig. Nur eben das wunderbare Wasser, das kostbarste Gut in einem Wüstenland. Er hatte Glück, in seiner Wohnung floß es aus der Leitung, anderen erging es da schlechter.
Doch noch war er nicht am Wasserhahn.
Es klappte jedoch besser, als er es sich vorgestellt hatte. Er fiel gegen das Waschbecken, spürte die Kante hart in Höhe seines Magens und hob auch den Kopf an, um einen Blick in den schmalen Spiegel zu werfen, der über dem Waschbecken hing.
Er sah einen Fremden!
Ein Schock durchschoß ihn heiß. Himmel, diese Person konnte er nicht sein! Sie war ihm völlig fremd. Ein grauenvoller Anblick! Ein Gesicht, das diesen Ausdruck nicht verdiente. Die Haut war zusammengefallen. Sie hatte Schichten gebildet, die sich überlappten, und es sah aus, als könnte man sie einfach abziehen.
Er schluckte. Ein jammerndes Geräusch durchbrach die Stille in der Küche. Es dauerte eine Weile, bis Hassan herausfand, daß er es gewesen war, der so laut gejammert hatte.
Er stöhnte weiter. Beugte sich nach vorn. Der Spiegel gab die Bewegungen zurück und schien dabei zu schwanken. Dann
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