Kismet in Kairo
südwestlicher Richtung auf dieses mächtige Gräberfeld. Im Vordergrund – flankiert von drei Minipyramiden – stand die kleinste, die Mykerios zugeschrieben wurde. Dahinter zeichnete sich die Chephren-Pyramide ab, und noch ein Stück weiter sahen wir die an der Spitze leicht verstümmelte Pyramide des Cheops, die auch die Große Pyramide heißt.
Es war auch für uns beeindruckend, diese gewaltigen Totengräber zu sehen. Mir jagten zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Ich dachte auch wieder an meinen Besuch in der Cheops-Pyramide, als ich den Psychonauten nachjagte. Damals war dieser Eindruck etwas an mir vorbeigerauscht, was auch daran gelegen haben konnte, daß ich mich in der Dunkelheit der Nacht bewegt hatte.
Die aber würde noch ein wenig auf sich warten lassen, und das war auch gut so.
Professor Hogland hatte seine Nervosität ein wenig unter Kontrolle bekommen. Zumindest schaffte er es, klar und deutlich zu reden. Er mußte einfach von den Pyramiden erzählen. Während er zu Beginn allgemeine Dinge hervorbrachte, sagte er plötzlich etwas, das mich erstaunte, weil ich in diesem Zusammenhang mit einer derartigen Feststellung nicht gerechnet hatte.
»Es gibt überhaupt keinen Beweis dafür, daß diese drei Pyramiden von den Pharaonen der vierten Dynastie errichtet worden sind. Gar keinen Beweis, denn man hat sie auch nicht gefunden. Ihre Mumien sind verschwunden.«
»Grabräuber«, sagte Suko.
»Kann sein, muß aber nicht.«
»Und wie verhält es sich mit der Sphinx?« fragte ich. »Sie ist doch ein Teil des Rätsels. Oder möglicherweise sogar der Schlüssel zu allem, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Professor.«
»Ja, das kann man sagen.«
Wichtig war für uns die Sphinx von Gizeh. Die wollten wir uns genauer anschauen. Wir wollten sie spüren, sie sehen, uns an ihr laben, wie Hogland gesagt hatte.
Wir stiegen wieder in den Wagen, um in ihre Nähe zu fahren. Es kam mir vor, als bewegten wir uns durch ein stilles, weites Totenfeld. Die einzigen Menschen waren wir nicht. Es wurde überall restauriert und gearbeitet.
Forscherteams aus Europa und den Staaten hielten sich ebenfalls in diesem Land auf, aber an diesem Tage hatten wir Glück, denn die Forscher von heute wollten auch Feierabend machen und nicht bis tief in die Nacht durcharbeiten. So waren die Camps schon leer. Andere wurden verlassen, denn man wohnte gern in den Hotels und nicht mehr in Zelten.
Im Schatten der Großen Sphinx hielten wir an. Ich konnte mir das Lächeln nicht verkneifen, als wir aus dem Fahrzeug stiegen. Es war zudem ein Ausdruck des Erstaunens, und ich dachte wieder daran, daß vieles im Leben relativ ist.
Auf Bildern sahen diese Figuren stets recht klein aus. Allerdings nur im Vergleich zu den mächtigen Pyramiden. Nun aber erkannten wir, wie groß die Sphinx tatsächlich war. So wie wir mußten sich die Zwerge vorgekommen sein, wenn sie vor den mächtigen Riesen standen, denn dieses Monument ragte wuchtig vor uns hoch. Wenn ich den Kopf in den Nacken legte und beinahe senkrecht in die Höhe blickte, sah ich den mächtigen Kopf dieses mythischen Wesens.
Er bestand aus Stein, daran gab es keinen Zweifel. Ich hatte aber auch den Eindruck, als würde das Gesicht mit einem arroganten Ausdruck über uns hinweg und in die Ferne schauen, als wollten die Augen den Horizont und die Weite des Himmels zugleich erkunden.
Der Professor, in unmittelbarer Nähe dieses Bauwerks wieder nervöser geworden, hatte meinen Blick bemerkt. Er fühlte sich dazu angetrieben, eine Erklärung zu geben. »Schauen Sie beide, schauen Sie genau hin.«
Er streckte den Arm hoch und wies mit dem Finger gegen den Kopf.
»Die Sphinx blickt nach Osten, hinein in den Sonnenaufgang, als wollte sie jeden Tag begrüßen. Die Menschen beschäftigen sich schon seit Jahren mit diesen Phänomenen hier, und ich bin froh, daß sich auch die Wissenschaft weiterentwickelt.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte ich. »Durch die Entwicklungen gibt es immer wieder neue Techniken. Geologische und archoastronomische Indizien deuten darauf hin, daß diese Statue viel älter ist oder sein könnte, als man bisher annimmt. Damit meine ich die Archäologen.«
»Wer könnte sie gebaut haben?« fragte ich.
Hogland schaute uns beide an. »Das ist das Rätsel. Aber was halten Sie von folgender Idee, meine Herren?« Der Professor schaute kurz zu Boden und begann danach zu sprechen. »Die Kultur oder die Menschen, die die Sphinx schuf, befand sich nicht hier im Niltal.
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