Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
betörenden, faszinierenden Stimme zu sagen: »Wählst du mich? Wählst du mich? Wählst du mich?«
Ich wurde benommen, matt und kraftlos. Meine Wut ließ nach. Als ich die Augen öffnete, begegnete ich mehreren hundert anderen, die mich aus Hallows körperlosem Totenlager anschauten. Ich schrie, erneut von meinem Zorn gepackt, und brachte die Worte heraus: »Nein! Nein! Ich wähle dich nicht. Lass mich los!«
Devereux, dessen Lederhose ihm in Fetzen um die Knie schlackerte, rang Hallow nieder, so dass beide wieder auf dem Boden landeten. Mir war, als kämpften sie seit Stunden.
Ich zitterte. Selbst wenn ich nicht vor Wut gebebt hätte, wäre der Effekt der Minusgrade auf meinem nackten Leib derselbe gewesen.
Die Vampire wechselten alle paar Sekunden ihre Stellung, wann immer einer den anderen zu Boden warf. Als Hallow rittlings auf Devereux hockte und ihm mit seinen scharfen Krallen den Hals zerfetzte, dröhnte seine Stimme laut: »Ich habe es mir anders überlegt, Bürschchen. Du bist mir ein würdiger Gegner gewesen, doch die Anstrengung nicht wert, die du mir bereitest. Zeit, dem ein Ende zu bereiten.« Er streckte seine Hand nach einem der Pflöcke aus, an denen Victorias Fesseln befestigt gewesen waren, und hob ihn über Devereux’ Herz, bereit zum finalen Schlag.
Devereux’ Vampire eilten herbei, sichtlich besorgt.
»Zurück!«, brüllte Devereux.
Die nutzlosen Blutsauger wichen zurück.
Ich konnte nicht glauben, dass sie einfach dastehen und zusehen wollten. Es war höchste Zeit, statt gedankenlosen Gehorsams gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Devereux war ein überaus mächtiger Vampir, doch es wäre Wahnsinn gewesen, zu denken, dass etwas so Altes und Abartiges wie Hallow von irgendjemandem im Alleingang besiegt werden könnte.
Hallow war für mich zum Inbegriff aller tyrannischen Menschen geworden, denen ich jemals erlaubt hatte, meinen freien Willen zu unterdrücken. Er hatte mich und jeden, an dem mir lag, um seiner eigenen, egoistischen Bedürfnisse willen in Gefahr gebracht und eine Schneise von Tod und Verwüstung geschlagen.
Mir war, als würde ich endlich aus einem langen Schlaf erwachen, und ich weigerte mich, passiv dabeizustehen und zu erlauben, dass er seinen miesen Plan vollendete.
Wir alle spürten, dass ein Wendepunkt nahte. Maxie, die sich von ihrem Wächter befreit hatte, machte einen Schritt auf die blutigen Kämpfer zu. Abgesehen von ihrer Aura, die nach wie vor dick und finster anmutete, hatte sie sich wieder in die schöne Frau zurückverwandelt, mit der ich mich angefreundet hatte.
Nachdem ich bezeugt hatte, wie Hallow sich fortwährend zwischen seinen beiden Formen hin- und herbewegte, entdeckte ich, dass ich mich nur auf das Bild konzentrieren musste, an das ich gewöhnt war, um ihn genau so zu sehen. Konzentrierte ich mich jedoch nicht und betrachtete ihn aus dem Augenwinkel, kehrte die Horrorshow zurück. Das Monster in seiner menschlichen Gestalt war allemal leichter anzugreifen, denn die andere Form schreckte mich viel zu sehr ab.
Devereux war es gelungen, den Dämon von seiner Brust abzuwerfen, und beide waren wieder auf den Beinen, umkreisten sich. Hallow schwang seinen Pflock.
Ein Stück hinter mir war Victoria in einen kontinuierlichen Singsang verfallen.
»Bring mir die Hexe!«, schrie Hallow Maxie zu, die bei seiner lauten schroffen Stimme zusammenzuckte.
Wie ein Roboter drehte sie sich um, stapfte zu Victoria hinüber und versetzte ihr eine solch krachende Ohrfeige, dass Victoria für einen Moment durch die Luft flog, ehe sie mit einem Knall bewusstlos auf dem Boden aufschlug. Maxie schlurfte zu ihr, packte ihren Arm und begann, sie zu Hallow zu schleifen.
Ihre Brutalität schockierte mich derart, dass ich ihr in den Weg sprang und beide Hände gegen ihre Brust stemmte. »Lass sie, Maxie! Du musst das nicht machen. Gib nicht auf! Du bist mehr als bloß eine Sklavin.«
»Du hast gesehen, was ich bin«, erwiderte sie mit großen leeren Augen. »Ich diene seinem Vergnügen. Ich kann nicht gegen ihn kämpfen.« Sie schüttelte den Kopf. »Das will ich gar nicht.« Sie holte mit der Faust aus und verpasste mir einen Kinnhaken.
Der Hieb brachte mich zu Boden – buchstäblich. Ich war noch nie geschlagen worden, und dieser Schlag, der mir Schmerz über das ganze Gesicht jagte, betäubte mir vorübergehend die Sinne. Benommen hockte ich auf dem eisigen Marmor, rieb mir das Kinn und öffnete und schloss den Mund, um den Schaden einzuschätzen.
Maxie
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