Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
einen intakten Reißzahn und einen abgebrochenen. »Aber über dich sagte er nichts. Ich würde meinen, du hast genug Ärger gemacht.«
Devereux und Hallow setzten ihre Schlacht hinter uns fort. Kehlige Knurrlaute und rasselndes Fauchen vermengten sich mit dem Geräusch von reißender Haut und brechenden Knochen zu gruselig surrealen Hintergrundklängen.
Unterdessen blickte ich stur vor mich hin, unfähig, mich zu rühren. Ich war mir all der Geschehnisse gewahr, nur wie gelähmt. Victoria streckte beide Hände aus und ergriff meine, die sie mit aller Kraft drückte.
»Aspicio! Excito!«
Mein Kopf kippte nach hinten, wobei sich mein Mund öffnete. Dann sackte mein Kinn wieder nach vorn und auf meine Brust. Victorias Worte drangen vibrierend in mein Gehirn und schickten elektrische Impulse durch meine sämtlichen Nervenbahnen. Energiestöße tanzten meinen Schädel entlang. Meine Zehen verkrampften sich. Langsam hob ich den Kopf und sah Victoria an. Dabei fühlten meine Augen sich doppelt so groß wie sonst an.
Ernst beugte sie sich zu mir. »Halt meine Hände und sieh zu Maxie!«
Die schlimmste Migräne, die ich jemals erlitten hatte, drohte meine Schädeldecke zu sprengen. Ich blinzelte und richtete meine Aufmerksamkeit auf Maxie, die vergeblich bemüht war, sich von dem krummzahnigen Vampir zu befreien.
»Hör auf, Hexe! Tu das nicht!«, brüllte sie.
Sie sah aus wie immer, einschließlich ihres zynischen Grinsens. Ihr langes weißes Haar floss um ihren Körper wie seidiger Schnee, und in der engen Jeans und dem engen T-Shirt kam ihre Modelfigur besonders gut zur Geltung. Verwirrt blickte ich wieder zu Victoria, weil ich nicht sicher war, was sie erwartete.
Sie drückte meine Hände so fest, dass ich merkte, wie die Knöchel aneinanderrieben.
»Aspicio! Excito!«
, wiederholte sie.
Ein lautes Surren füllte meine Ohren, ein tonloses Hintergrundrauschen, allerdings tausendfach verstärkt. Ich wollte das entsetzliche Geräusch aussperren, doch Victoria ließ meine Hände nicht los.
Also sah ich wieder zu Maxie, und diesmal verschwamm ihr Bild. Ihr Gesicht flirrte, und die blauen Augen, die ich kannte, wurden erst grün, dann braun, dann silbern. Ihre Züge lösten sich geleeartig auf, so dass es schien, als wäre sie doppelt belichtet worden. Ich riss meine Augen so weit wie möglich auf, blinzelte mehrmals, doch die bizarre Verwandlung hielt an.
Vor mir stand nicht mehr die schöne Frau mit dem kecken Lächeln. Stattdessen starrte ich fassungslos auf eine große, braune, vertrocknete Gestalt mit vage menschlichen Zügen, leeren Höhlen, wo Augen hingehört hätten, und umgeben von einem schlammig grüngrauen Energiefeld. Ihre Aura blubberte wie Chemikalienschlacke in einem Giftfass.
Dieser unerwartete abstoßende Anblick schockierte mich derart, dass ich mit einem stummen Schrei gegen Victoria sank, die mich in ihre Arme nahm.
»Sieh zu Hallow!«, befahl sie.
Alles verlangsamte sich. Meine Augen begannen, zu tränen, und ich sah nur verschwommen. Der Schmerz in meinem Kopf hämmerte erbarmungslos und drückte mit solcher Intensität gegen meine Schädeldecke, dass ich sicher war, es nicht zu überleben. Ich musste sterben, ja, dies hier musste der Tod sein. Victorias Stimme erklang von weit weg.
»Kismet! Sieh Hallow an!«
Sie hielt meinen Kopf und drehte ihn zu den beiden kämpfenden Vampiren.
Hallow und Devereux schwebten in der Luft, die Münder geöffnet, die Reißzähne bedrohlich gebleckt und blutbesudelt von Rissen und Bissen überall auf ihren Leibern. Eine Sekunde lang dachte ich, Devereux hätte seine starken Finger in die Haut an Hallows Hals gebohrt, aber dann – als hätte jemand den Kanal gewechselt – war Hallow, der wunderschöne Mann, den ich begehrte, nicht mehr zu sehen und an seiner Stelle etwas Unvorstellbares erschienen.
Devereux schwebte plötzlich in einem großen Energiefeld, zusammen mit Tausenden skelettförmiger Umrisse, die sich an- und ineinanderwanden gleich knöchernen Schlangen, jeder mit riesigen vorquellenden Augen. Es hatte etwas von einer ekligen riesengroßen Fruchtblase, deren Fruchtwasser zäh, trübe und giftig war und in der die halbgeformten Embryonen eines Dämons schwammen. Oder von unverdauten Überresten im Magen eines geisteskranken Kannibalen.
Devereux selbst schien nichts Ungewöhnliches zu bemerken, als seine Hände in der dicken, blutig dunklen Flüssigkeit trieben, die eine Schicht um das verrottete, verformte, kohlschwarze Ding in der Mitte
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