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Kismet Knight

Titel: Kismet Knight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Hilburn
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mir keine negativen Reaktionen, und die merkwürdig nervöse Körpersprache des Mannes vermittelte mir den seltsamen Eindruck, dass er mehr Angst vor mir hatte als ich vor ihm, und so gestattete ich mir, mich zu entspannen.
    Ich zeigte ins Sprechzimmer. »Wollen Sie nicht hereinkommen?«
    Er nickte und ging ungeschickt zu dem Sofa und den Sesseln hinüber, als erforderte es sowohl Konzentration als auch Anstrengung, seinen Körper zu bewegen. Dort angekommen, setzte er sich hin.
    Ich zögerte einen Moment lang und beobachtete ihn.
    Sollte ich jetzt also die Verbindungstür offen lassen, weil ich über diesen Typ absolut nichts weiß, oder sollte ich sie schließen, damit er das Gefühl hat, eine private Unterhaltung führen zu können? Sollte ich abschließen, damit heute nicht noch jemand unangekündigt hereinkommt? Was zugleich auch bedeuten würde, dass ich erst wieder aufschließen müsste, wenn ich schnell hier wegwollte. Ich glaub’s einfach nicht, dass ich jetzt ein Selbstgespräch über Türen führe! In all den Jahren als privat praktizierende Therapeutin habe ich an diese Tür nie einen Gedanken verschwendet, fühlte ich mich hier nie bedroht. Ich nehme einmal an, diese Zeiten sind vorbei
.
    Ich schloss behutsam die Tür, ließ sie unverschlossen und schob mich an den Dimmerschalter an der Wand heran. Regel Nummer eins: keine plötzlichen Bewegungen in Gegenwart von verängstigten Patienten.
    »Stört es Sie, wenn ich etwas mehr Licht hier mache?«
    Er hob das Kinn, das zuvor fast auf seiner Brust gelegen hatte, und ich bekam endlich sein Gesicht zu sehen. »Nein, es stört mich nicht.«
    Ich drehte die Beleuchtung heller und nahm mir dann den Sessel neben ihm.
    Er hatte ein hageres, kadaverartiges Gesicht, in dem noch die dauerhaften Spuren einer üblen Akne zu erkennen waren und das außerdem von Narben durchzogen war, die etwas an das zusammengenähte Ungeheuer aus
Frankenstein
erinnerten. Seine Nase war raubvogelartig gekrümmt und nahm innerhalb des Gesichts eine Menge Platz ein, und seine Augen waren von einem verwaschenen Grau, klein und dicht beieinander, was die zu einem Balken zusammengewachsenen Augenbrauen gegen die bleiche Haut noch dunkler wirken ließ, als sie es ohnehin waren.
    Er senkte den Kopf wieder und verknotete die Hände im Schoß.
    Ich beugte mich etwas vor. »Wobei kann ich Ihnen also helfen?«
    »Ich habe gehört, dass man mit Ihnen gefahrlos sprechen kann. Dass Sie niemandem von uns erzählen werden.«
    Ich setzte mich wieder etwas nach hinten. »Was bedeutet ›uns‹?«
    Er hob den Kopf und neigte ihn zur Seite. Seine Einzelbraue zog sich in der Mitte zusammen. Er schob die Oberlippe etwas hoch, so dass ich seine langen Reißzähne sehen konnte. »Vampire natürlich.«
    Okay, Kismet. Entweder gibt es Vampire, oder es gibt sie nicht, und nach gestern Abend besteht da eigentlich kein Zweifel mehr. Du hast vielleicht nicht damit gerechnet, dass du wirkliche Vampire therapieren würdest, aber du hast sie eingeladen. Leb damit!
    Ich verspannte mich etwas. »Äh, ja, natürlich. Sie können mit mir reden. Inwiefern kann ich Ihnen helfen?«
    Damit wäre das Prickeln von gerade eben erklärt
.
    Seine Handbewegungen wurden noch hektischer, und er senkte den Kopf wieder. »Ich habe ein ungewöhnliches Problem. Sie wissen, dass Vampire Blut trinken, nicht wahr?«
    Ich räusperte mich und fragte mich, ob das eine Scherzfrage sein sollte. »Ja, das ist mir klar.«
    Das ist wirklich unvorstellbar grotesk. Wie kann ich eigentlich hier sitzen und mich mit einem Vampir über das Trinken von Blut unterhalten? In welchem Teil meines Gehirns soll ich das abspeichern? Macht meine Intuition gerade Urlaub? Bin ich in Gefahr?
    Er drehte den Kopf von einer Seite zur anderen und sah sich in dem Raum um, als wäre er sich nicht sicher, ob wir allein waren.
    »Nun ja, es ist so, dass ich den Anblick von Blut abstoßend finde.« Seine Schultern sanken herab, und seine Brust wirktejetzt noch konkaver als zuvor. Er flüsterte beinahe: »Ich vermeide nach besten Kräften, es anzusehen. Es ist mir zuwider.«
    Heiliger Bimbam! Hilfe! Ein Vampir, der kein Blut sehen kann. Soll das ein Witz sein? Hängt hier irgendwo eine versteckte Kamera?
    Dann plötzlich erinnerte ich mich an Devereux’ Neigung, meine Gedanken zu lesen, und daran, was er mir über die telepathischen Fähigkeiten aller Vampire erzählt hatte. Selbst wenn die Person, die mir jetzt gegenübersaß, einer anderen Spezies angehörte – ich wollte

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