Kiss and kill: Thriller (German Edition)
neu gekauften persönlichen Dingen war alles arrangiert. Von Tampa aus würde er ein Privatflugzeug nach San Pedro nehmen und von dort per Boot auf die Insel übersetzen. Die leeren Kisten konnte er unterwegs über Bord schmeißen und nur die eine behalten, in der seine wertvolle Fracht lag. Ihr Zimmer im Keller wartete schon auf sie. Er hatte sein Bestes getan, um die Atmosphäre im Keller von Belle Fleur zu kopieren, einschließlich der neuen Ketten und Fesseln an der Wand.
Obwohl das Haus auf der Insel nicht annähernd so groß und eindrucksvoll war wie sein Herrenhaus, reichte es für seine Bedürfnisse. Es war geräumig und stand auf dem höchsten Punkt der Insel – nicht mal ein Hügel, eher eine grasbewachsene Anhöhe –, so dass man nach zwei Seiten aufs Meer blickte.
Pudge ging hinaus auf die Vorderveranda, setzte sich in den Rattan-Schaukelstuhl und betrachtete das Land, das zu seinem neuen Zuhause gehörte. Nach Belle Fleur könnte er niemals zurück. Nicole hatte nicht bloß versucht, ihn zu töten, sie hatte ihm auch noch das Heim seiner Vorfahren weggenommen. Eines Tages würde er sie teuer dafür bezahlen lassen, wie sehr sie sich an ihm versündigt hatte. Falls sie dachte, dass ihre erste Gefangenschaft unerfreulich gewesen war, sollte sie erst mal erleben, was er fürs nächste Mal plante. Und ein nächstes Mal würde es mit Sicherheit geben.
Griffin Powell konnte sie nicht rund um die Uhr bewachen. Das ließe Nicole nicht zu. Pudge lächelte. Er brauchte nichts weiter zu tun, als den richtigen Moment abzuwarten. Nicoles überzogenes Verlangen nach Unabhängigkeit war ausgesprochen günstig für ihn.
Doug Trotter hatte ihr gesagt, dass sie einen großen Fehler machte. Josh Friedman hatte versucht, sie zur Rückkehr nach D.C. zu überreden. Aber am Ende hatte sie auf ihr Bauchgefühl vertraut. Nic konnte nicht erklären, warum sie sich entschieden hatte, mit Griff nach Hause zu gehen. Aus unerfindlichen Gründen wusste sie einfach, dass es das Richtige war. Es war das Beste, nicht nur für sie, auch für Griff. Seltsamerweise schien er sie ebenso dringend zu brauchen wie sie ihn.
Während ihres Aufenthalts im Baton Rouge General war Griff jeden Tag bei ihr gewesen, stets in der Nähe, aber nie aufdringlich. Kein einziges Mal hatte er die Nacht vor ihrer Entführung in Woodbridge erwähnt. Und nie hatte er mehr getan, als sie auf die Wange oder die Stirn zu küssen. Er hatte sich auf vielerlei Weise als Freund erwiesen, und womöglich brauchte sie den im Moment am dringendsten: jemanden, der keinerlei Forderungen stellte und ihr die Zeit ließ, die sie brauchte, um sich von den Qualen zu erholen.
Sie hatte sich etwas vorgemacht, als sie dachte, sie könnte einfach in ihr Leben als Special Agent zurückkehren, dort weitermachen, wo sie aufgehört hatte, und so tun, als wäre sie nicht drei Wochen lang von einem Psychopathen gepeinigt worden.
Niemand, nicht einmal Griff, würde es verstehen, wenn sie zugab, dass sie schreien, heulen, toben und mit dem Kopf gegen die Wand rennen wollte. Wer konnte sich denn vorstellen, dass man so empfand und trotzdem nicht verrückt war?
O Gott, aber vielleicht war sie ja verrückt! Vielleicht hatte sie irgendwann zwischen dem Morgen ihrer Entführung und dem Tag ihrer Flucht den Verstand verloren.
Im einen Moment wollte sie Griff anflehen, sie festzuhalten und nie mehr loszulassen, im nächsten wollte sie von niemandem berührt werden. Ihre Gedanken waren vollkommen widersprüchlich, ihre Stimmungsschwankungen unerklärlich.
Ja, sie wusste, dass ihre Probleme – die meisten jedenfalls – durch die Gefangenschaft verursacht waren, jene endlosen Tage der Erniedrigung und Folter. Obgleich sie ihre Gefühle Dr. Meng gegenüber nie angesprochen hatte, erklärte ihr die sehr weise Frau, dass die Stimmungswechsel und die ungewöhnlich emotionalen Reaktionen, die sie durchmachte, zu erwarten gewesen waren.
»Sie sind nicht nur zu erwarten, sondern vollkommen natürlich«, hatte Yvette gesagt. »Sie verlieren nicht den Verstand, auch wenn es Ihnen manchmal so scheinen mag.« Okay, ich verliere also nicht den Verstand , sagte Nicole sich. Auch wenn ich es denke.
Und nun saß sie hier im Powell-Jet, zusammen mit Griff, Dr. Meng, Sanders und Rick Carson, und flog mit ihnen von Baton Rouge nach Knoxville. Charles David hatte angeboten, mit ihnen zu kommen, aber Nic bestand darauf, dass er nach San Francisco zurückkehrte, zurück in sein normales Leben.
»Ich
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