Kissed by an Angel
Sportdepp«, meinte Gregory und grinste noch immer. »Ich hoffe, wir bleiben verschont.«
Sie sahen sich beide um.
Das hoffe ich auch, dachte Ivy, ich auch.
Kurz nach dem Rohkosthagel teilte man Tristan mit, er könne und solle gehen, und zwar sofort. Müde und gedemütigt wäre er gern abgehauen, aber er hatte Gary versprochen, ihn nach Hause zu fahren. Deshalb trieb er sich eine Weile in der Nähe der Küche herum, bis er schließlich einen Lagerraum fand, in dem er sich verkriechen konnte.
Es war dunkel und friedlich dort, auf den Regalen standen große Kartons und Büchsen. Tristan hatte es sich gerade auf einem Karton bequem gemacht, als er hinter sich ein Rascheln hörte. Mäuse, dachte er, oder Ratten. Es war ihm völlig egal. Er versuchte, sich zu trösten, indem er sich vorstellte, wie er auf dem Siegerpodest stehen würde, während hinter ihm die amerikanische Flagge hochgezogen und die Nationalhymne gespielt wurde. Ivy sähe es im Fernsehen und würde bedauern, dass sie nicht mit ihm ausgegangen war.
»Ich bin so ein Idiot!«, entfuhr es ihm und er vergrub den Kopf zwischen den Händen. »Ich könnte jedes Mädchen haben, das ich will und -«
Er spürte eine Hand auf seiner Schulter. Tristans Kopf schnellte nach oben und er sah in das blasse herzförmige Gesicht eines Kindes. Der ungefähr achtjährige Junge trug Sonntagsstaat, seine Krawatte war fest gebunden und sein dunkles Haar glatt gekämmt. Er gehörte bestimmt zu den Hochzeitsgästen.
»Was machst du hier?«, fragte Tristan.
»Holst du mir was zu essen?«, fragte der Junge zurück.
Tristan runzelte genervt die Stirn - jetzt musste er sein Versteck teilen, in dem er sich so gemütlich nach Ivy verzehren wollte. »Warum holst du dir nicht selbst was?«
»Dann sehen sie mich«, antwortete der Junge.
»Na, mich werden sie auch sehen!«
Der Mund des Jungen wurde zu einer dünnen Linie. Er schob schmollend den Unterkiefer vor, aber seine Augen wirkten unsicher und er runzelte die Stirn.
Tristan schlug einen freundlicheren Ton an. »Offenbar tun wir dasselbe. Wir verstecken uns.«
»Ich hab echt Hunger. Ich hab nicht gefrühstückt und nicht zu Mittag gegessen«, jammerte der Kleine.
Durch die Tür, die einen Spalt aufstand, konnte Tristan sehen, wie die anderen Kellner hinein- und herauseilten. Sie hatten gerade erst angefangen, das Abendessen zu servieren.
»Vielleicht hab ich ja was in meiner Jackentasche«, sagte er zu dem Jungen und zog ein zermatschtes Krabbenbällchen und ein paar Shrimps, drei Stangen gefüllten Sellerie, eine Handvoll Cashewnüsse und etwas Undefinierbares hervor.
»Ist das Sushi?«, fragte der Junge.
»Gute Frage. Das hat alles auf dem Boden gelegen und plötzlich war es in meiner Tasche. Dieses Jackett ist ausgeliehen, keine Ahnung, wo es sich überall rumgetrieben hat.«
Der Junge nickte ernst und sah sich Tristans Angebot an. »Ich mag Shrimps«, meinte er, schnappte sich einen, spuckte darauf und rieb ihn mit dem Finger sauber. Das machte er mit einem Shrimp nach dem anderen, dann mit dem Krabbenbällchen, dann dem Sellerie. Tristan überlegte, ob der Junge wohl auch auf jede kleine Nuss spucken würde. Er fragte sich, welches Problem dieses Kind dazu brachte, den ganzen Tag nichts zu essen und sich in einem dunklen Lagerraum zu verstecken.
»Wie es aussieht«, sagte Tristan, »magst du Hochzeiten nicht besonders.«
Das Kind sah zu ihm, dann biss er ein Stückchen von dem undefinierbaren Etwas ab.
»Hast du einen Namen, Kleiner?«
»Ja.«
»Ich heiße Tristan. Und du?«
Der Junge legte das undefinierbare Partyhäppchen beiseite und nahm sich die Nüsse vor. »Ich hätte gern was vom Abendessen«, sagte er. »Ich hab echt Hunger.«
Tristan spähte durch den Türspalt. Kellner eilten in der Küche hin und her. »Sind zu viele Leute da«, erwiderte er.
»Hast du Ärger?«, fragte der Junge.
»So was in der Art. Nichts Ernsthaftes. Und du?«
»Noch nicht«, antwortete das Kind.
»Kommt noch, oder was?«
»Wenn sie mich finden.«
Tristan nickte. »Du weißt bestimmt, dass du nicht ewig hierbleiben kannst.«
Der Junge kniff die Augen zusammen und musterte die Regale in dem düsteren Raum, als denke er ernsthaft über diese Möglichkeit nach.
Tristan legte dem Jungen sacht die Hand auf den Arm. »Kumpel, wo liegt dein Problem? Willst du’s mir erzählen?«
»Ich hätte echt gern was zu essen«, sagte der Junge.
»Schon gut«, erwiderte Tristan gereizt.
»Und Nachtisch auch.«
»Du nimmst,
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