Kissed by Darkness
gesunder Menschenverstand. Teenager eben.
Wenn ich gerade keinen eindeutigen Auftrag habe oder einfach mal Dampf ablassen muss, komme ich gerne hier herauf, mache einen auf ahnungslos und verwandle ein paar Vampire zu Staub. Normalerweise nehme ich dann immer Inigo mit. Er gibt einen fantastischen falschen Freund ab. Aber nach dem, was zwischen uns passiert war – was auch immer das war –, wollte ich ihm lieber aus dem Weg gehen. Auf keinen Fall würde ich als Mittel zum Zweck mit ihm herumknutschen. Vielleicht sollte ich einfach mein Date von neulich anrufen. Der war ja anscheinend ganz heiß auf diese ganze Vampirjägergeschichte, aber da würde ich ehrlich gesagt noch lieber mit Brent Darroch knutschen.
Uäh. Jetzt musste ich mir das Gehirn mit Seife auswaschen.
Eine weitere Möglichkeit wäre Jack. Allein bei dem Gedanken führten meine Hormone einen Freudentanz auf. Das Problem war nur, dass er mich eventuell zu sehr ablenken und ich schließlich noch als Vampirsnack enden würde.
Da gab es nur eins: Ich ging allein auf den Hügel. Ich würde mich in den Büschen verstecken wie ein abartiger Spanner und zuschlagen, sobald sich ein Vampir zeigte. Ich musste mich einfach mal ein bisschen austoben.
Also kauerte ich kurz vor Mitternacht im Buschwerk, das Pittock Mansion umgab, und das alte gotische Bauwerk ragte hinter mir empor wie ein geisterhafter Wächter. Ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es gewesen sein musste, vor hundert Jahren hier zu leben. Damals hatte das Anwesen außerhalb des Stadtgebiets gelegen und die Straßen, die den Hügel hinaufführten, mussten ein absoluter Albtraum gewesen sein. Das nenne ich mal mitten im Nirgendwo.
Ich fühlte mich etwas gereizt, während ich versuchte, das Stöhnen und die noch intimeren Geräusche zu überhören, die das ineinander verschlungene Pärchen auf der Picknickdecke nur ein paar Meter vor mir entfernt von sich gab. Gott, ich kam mir vor wie ein Perversling, aber sie würden es mir danken, wenn ich einen hungrigen Vampir davon abhielt, sie auszusaugen. Na ja, jedenfalls, wenn sie mich nicht stattdessen zuerst der Polizei übergaben. Und wie sollte ich die Sache dann erklären? Andererseits war es schließlich auch nicht so ganz legal, mitten auf dem Rasen vor einem historischen Gebäude Sex zu haben.
Es dauerte nicht allzu lang. Das tut es nie. Sex zieht Vampire genauso an wie Blut, wenn auch nicht aus den naheliegenden Gründen. Es hat vielmehr etwas mit Adrenalin und Pheromonen zu tun, die das Blut anscheinend noch schmackhafter machen. Schon irgendwie eklig.
Sie waren zu zweit, ein Männchen und ein Weibchen, auch wenn das nach der Verwandlung eigentlich keinen Unterschied mehr macht. Vampire interessieren sich nicht für die Fortpflanzung, sondern nur noch fürs Töten und Trinken. Und manchmal auch für Macht.
Sie waren beide abgemagert, so als hätten sie schon lang nichts mehr getrunken, und ihre Haut war vom Alter fast durchscheinend geworden. Sogar ihr Haar war dünn und fast weiß, was nur der Fall ist, wenn ein Vampir sehr alt und gefährlich unterernährt ist. Entgegen allen Gerüchten altern Vampire durchaus, aber anders als wir Menschen. Es ist mehr so, als würden sie verblassen und immer farbloser werden.
Ich spürte die Vamps näherkommen, der übliche Druck bildete sich an meinem Schädelansatz. Ihr Alter traf mich mit solcher Wucht, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und mit einem Knie auf den Boden schlug. Also waren sie sehr alt, mindestens vierhundert Jahre, wenn nicht gar doppelt so alt. In dieser Größenordnung war das manchmal schwer zu beurteilen. Der Energiestoß, den mir ein so uralter Vampir versetzte, traf mich manchmal etwas unvorbereitet. Und sie waren zu zweit, was alles noch schlimmer machte.
Der männliche Vampir hob den Kopf und schnüffelte wie ein Bluthund. Er konnte mich jedoch nicht wittern. Auch das gehörte zu jener Gabe , die mir der Angriff verliehen hatte. Vampire können mich nicht wie normale Menschen riechen.
Ich schloss die Augen und drängte den überwältigenden Druck zurück, dann zog ich vorsichtig das Schwert aus seiner Scheide über meinem Rücken. Eigentlich ist mir die Schwarzlichtkanone ja lieber, aber auf große Entfernung wirkt sie nicht besonders gut. Und das Schwert war zwar nicht so schnell, aber im Nahkampf dafür treffsicherer und genauso effektiv. Besonders, da mein Baby hier versilbert und gesegnet worden war. Ein heiliger Segen konnte gegen
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