Kissed by Darkness
Geld regiert die Welt.«
»Ja, das verstehe ich auch nicht«, gab ich zu. »Jack zufolge hat Darroch das Amulett schon eine ganze Weile, nämlich seit etwa zwanzig Jahren. Da Jack deswegen ja wohl kaum zur Polizei gegangen ist, gibt es keinen Beweis dafür, dass es ihm Darroch gestohlen hat oder dass es Jack überhaupt jemals gehört hat. Also, warum gibt Darroch nicht einfach zu, dass er es hat? Was hat es nur auf sich mit diesem Ding?«
»Vielleicht solltest du Jack fragen.« Kabita beugte sich vor und stützte das Kinn in die Hand. Die klotzigen Goldarmreifen an ihrem Handgelenk klackerten leicht. Die Symbole, die ich auf dem Amulett gesehen hatte, waren jenen magischen altsumerischen Zeichen auf Kabitas Armreifen verblüffend ähnlich. »Wenn noch jemand außer Darroch darüber Bescheid weiß, dann ja wohl er.«
Da hatte sie recht. Das Problem war nur, dass Jack zwar gerne andere herumkommandierte, aber nicht besonders erpicht darauf schien, selbst mit Informationen herauszurücken. Ach, und wenn schon, einen Versuch war es wert. »Das muss leider etwas warten. Heute ist Vollmond und meine Wenigkeit sehr beschäftigt.«
»Brauchst du Hilfe?«
Dieses Mal war ich diejenige, die eine Braue hob. Na gut, es waren mal wieder beide Brauen. »Du bietest mir an, mir mit Vampiren zu helfen?«
»Herrgott, nein, ich habe selbst genug zu tun. Aber Inigo kann mit dir kommen.«
»Der hat doch diesen großen IT-Job.«
Sie schien ungerührt. »Irgendwie sollte er sich langsam auch mal wieder seinen Lebensunterhalt verdienen. Neuerdings verbringt er entschieden zu viel Zeit mit seinem IT-Kram und hellsichtigen Hintergrundrecherchen und zu wenig damit, sich die Hände schmutzig zu machen.« Sie ordnete die Papierstapel auf ihrem Schreibtisch.
Ich sah Kabita nachdenklich an. Ich konnte genauso gut geradeheraus fragen. »Ist Inigo ein Mensch?«
Ihre Miene gab nichts preis. Sie zeigte nicht die leiseste Spur von Überraschung. »Wie meinst du das?« Ihre Stimme war ebenso ausdruckslos wie ihr Gesicht, was bedeutete, dass sie ganz genau wusste, was ich meinte.
»So, wie ich es sage. Ist Inigo ein Mensch?«
»Er ist mein Cousin. Natürlich ist er ein Mensch.«
»Dann fließt in seinen Adern also kein, ich weiß nicht, Feenblut oder so?«
Sie schnappte sich eine Akte und schlug sie auf. »Er ist ein ganz gewöhnlicher Mensch, der zufälligerweise eine hellsichtige Begabung hat. Das ist alles. Warum in aller Welt fragst du mich so etwas?« Ich kenne sie viel zu gut, um auf diese Unschuldsmasche hereinzufallen, aber sie war offenbar nicht bereit, mich in ihr Geheimnis einzuweihen.
Ich seufzte. »Keine Ahnung. Es ist nur so … dass in letzter Zeit einige sehr merkwürdige Dinge geschehen sind, wenn ich mit ihm zusammen war, und da dachte ich … Na ja, ich weiß auch nicht, was ich dachte.«
Sie hob eine Braue. »Was denn für merkwürdige Dinge?«
»Nichts weiter. Vergiss es.« Ich schüttelte den Kopf und wandte mich zum Gehen, als mir noch ein Gedanke kam. »Kabita, welche Farbe haben Inigos Augen?«
Sie musterte mich mit einem Blick, den sie ansonsten sicher für Verrückte reserviert hatte. »Sie sind blau. Warum?«
»Ich wollte nur sichergehen.« Bevor sie die Männer in Weiß rufen konnte, machte ich mich davon.
Kapitel zwölf
Manchmal, wenn einfach alles schiefgeht und die Dinge allzu verwirrend werden, bleibt einem nur noch, ein ahnungsloses Monster zu verprügeln. Am liebsten hätte ich mir ja mal diesen BRÜ-Mann vorgeknöpft, aber ich war nicht scharf darauf, wegen Gewalt gegen einen Regierungsvertreter im Gefängnis zu landen. Glücklicherweise musste sich Kabita mit ihm herumschlagen, nicht ich.
Das jahrhundertealte Pittock-Mansion-Gebäude ragt hoch über der Stadt auf dem West Hill empor. Der atemberaubende Ausblick und die Abgeschiedenheit des Ortes inmitten eines ausgedehnten Waldgebiets machen ihn zu einem beliebten Treffpunkt für Teenagerpärchen, die sich hier nachts zum Knutschen treffen, wenn das Museum geschlossen ist und die jüngeren Schulkinder fest in ihren Betten schlafen. Dies bedeutet allerdings, dass Pittock Mansion auch eine äußerst beliebte Snackbar für alle ist, die sich gerne von ahnungslosen Pärchen ernähren. Ein tolles Jagdgebiet.
Man sollte doch annehmen, dass all die Geschichten von verschwundenen Kids im Laufe der Jahre die Pärchen abschrecken würden, aber weit gefehlt. Die Gefahr schien sie vielmehr noch zu ermutigen. Hormone sind in diesem Fall eindeutig stärker als
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