KISSED
kauert. »Prinz Wolfgang ist böse bis ins Mark. Als isch noch ein kleines Mädschen war, kam er zu Besuch und riss meinem Kanarienvogel die Federn aus und piesackte meine Katze mit Nadeln.
Sieglindes Ziel ist es, dass wir ’eiraten, damit sisch unsere Länder unter zalkenbourgischer ’errschaft vereinen, aber das geschieht nur, wenn ich die Erbin bin. Sieglinde sagte, dass sie würde Philippe zurückbringen, wenn isch misch einverstanden erkläre, Wolfgang zu ’eiraten, und wenn Philippe für immer auf den Thron verzichtet.« Sie greift nach meiner Hand und drückt sie so fest, dass es wehtut. »Du musst Philippe finden!«
Ich höre den Wellen zu, wie sie immer und immer wieder an den Strand rollen. Die Möwen haben aufgehört zu schreien, vielleicht haben die Strandgänger sie vertrieben. Um das alles noch mal zusammenzufassen: Irgendwo in Miami hüpft ein Frosch herum, den ich finden soll. Eine wunderschöne Frau will mich in den Strudel ihres überbordenden Wahnsinns reißen. Wie komme ich da wieder heraus? Vergiss die Schuhe. Alles, was ich will, ist, dass sie sich nicht bei Farnesworth über mich beschwert.
»Ähm … und du bist dir sicher, dass ich dafür der Richtige bin? Ausgerechnet ich? «
»Oui .« Sie zeigt mir noch ein Foto. Auf diesem ist ein Frachter abgebildet. »Philippe war auf diesem Schiff, das letzte Woche ’ier im ’afen angelegt ’at. Chevalier, mein ’und, hat im Laderaum seine Fährte aufgenommen. Meine Bodyguards haben die Crew befragt. Erst konnten sie sisch nischt an einen Frosch erinnern. Aber als meine Bodyguards mehr Druck machten, fiel ihnen ein, dass sie einen gesehen ’aben, und zwar auf einem Container, der auf die sogenannten Keys verschifft werden sollte.«
Klar doch. Die hatten einfach nur Schiss vor diesen Kolossen von Bodyguards und haben gesagt, was immer die hören wollten, um sie loszuwerden. Die Florida Keys sind eine Inselkette, die ganz im Süden vor dem Festland liegt. Sie sind durch den Overseas Highway miteinander und mit dem Festland verbunden. Aber weil ich dort in nächster Zeit sowieso nicht hinkomme, spiele ich mit. »Warum lässt du deine Bodyguards dann nicht einfach auf den Keys nach ihm suchen?«
Victoriana steht von ihrem Sessel auf. Ich erhebe mich ebenfalls, aber sie drängt sich an mir vorbei und schleicht sich in das Hotelzimmer. Dort öffnet sie die Tür einen Spalt und hält nach Lauschern Ausschau. Zufrieden macht sie die Tür wieder zu. Dann kommt sie zurück auf den Balkon und schließt die Balkontür hinter sich. Sie beugt sich zu mir und flüstert: »Die Bodyguards, wir glauben, es ist ein Spion unter ihnen. Wir müssen jemanden finden, den niemand verdächtigen wird, jemand ganz Gewöhnliches.«
»Ah, und da habt ihr gleich an mich gedacht.«
»Oui. Wenn du einverstanden bist, sage isch den Wachen, dass wir ein kleines Teschtelmeschtel hatten … eine Knutscherei. Sie werden mir glauben, weil sie glauben, isch sei – wie sagt man noch – ein leichtes Mädschen. Mein Vater wird ihnen sagen, dass wir die Suche nach Philippe aufgegeben haben. Isch werde ’eulen. Die Untertanen glauben, Philippe sei in einer streng ge’eimen Militäraktion unterwegs. Und du …«
»Du willst, dass ich nach einem Frosch suche.«
»Einem Frosch prinzen.«
Mir kommt ein Gedanke. Selbst wenn es dort keinen Prinzen gibt, klingt es viel aufregender, auf den Keys abzuhängen, als den ganzen Sommer lang Schuhe zu reparieren. Aber ich schüttle den Kopf. »Tut mir leid, Prinzessin, aber ich muss arbeiten. Meine Familie braucht das Geld. Ich kann hier nicht einfach weg.«
Die Prinzessin lacht. »Oh, wenn das ist die einzige Problem, es ist schon gelöst. Isch werde disch bezahlen – alle deine Ausgaben und genug Geld, um einen Ersatz anzumieten. Und außerdem …« Sie zögert.
»Ja?« Ich kann das nicht tun. Aber ich möchte wissen, was außerdem ist.
»Wenn du meine Bruder findest und ihn zu mir zurückbringst, dann du bekommst eine Belohnung.«
»Belohnung?« Geld. Geld, um Rechnungen zu bezahlen. Geld für das College. »Was für eine Belohnung?«
Die Prinzessin fixiert mich mit einem langen Blick aus ihren meerblauen Augen. An einer Wimper hängt noch immer eine winzige Träne, aber an Victoriana sieht sie aus wie ein Diamant.
»Wenn du Philippe findest und ihn zu mir zurückbringst, dann ’eirate isch disch.«
8
»Dann heiratest du mich? Ich bin erst siebzehn.«
Aber sie ist schön. Schön und – was noch wichtiger ist – unfassbar
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