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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Reid!«
    »Wie sind Sie hierhergekommen, Patricia?«
    »Was?«
    »Wie sind Sie in dieser Halle gelandet?«
    »Ich war im Bus!«
    »Was für ein Bus?«
    »Der Bus!«, sagte sie und nickte dabei wie verrückt mit dem Kopf.
    Da fiel mir wieder ein, was ALONEAGAIN im Andrew-Z.-Thomas-Forum gepostet hatte.
    Luther ist zu allem fähig. Einmal hat er sogar einen Bus verschwinden lassen.
    »Was für ein Bus?«, schrie ich, aber meine Worte gingen in einem neuen Geräusch unter, das sogar den Wind übertönte.
    Ein schreckliches Quietschen.
    Wie wenn Metall gegen Metall schleift. Oder wie das Geräusch, das ein altes, verrostetes Tor macht, wenn man es öffnet.
    Oder ein neues, festgefrorenes Tor.
    Ein Fluchtweg?
    Patricia wandte sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. In dem blauen Stroboskoplicht, das wie Blitze im Nebel aussah, konnte ich ihr Gesicht kaum erkennen.
    Bisher hatte der Wind beziehungsweise die Maschinen, die ihn künstlich erzeugten, alle anderen Geräusche weitgehend übertönt. Aber den Schrei, der nur wenige Meter von mir entfernt ertönte, vernahm ich laut und deutlich.
    So einen Schrei hatte ich noch nie gehört.
    Er kam von einer Frau und klang nach Todesangst und furchtbaren Schmerzen.
    Ein bitterer, rostiger Geschmack stieg mir die Kehle hoch.
    Ich wollte gerade Patricia fragen, ob sie wusste, wo es nach draußen ging, als ich sah, wie etwas langsam aus dem Eisnebel auftauchte.
    Luther
, war mein erster Gedanke, aber das konnte er unmöglich sein.
    Das Ding war riesig und lief schwerfällig auf allen vieren wie ein Bär.
    Ach du Scheiße.
    Nicht
wie
ein Bär.
    Es
war
ein Bär.
    Das gewaltige, schwerfällige Ungetüm kam auf uns zu. Aus seinem Maul, das sich kauend bewegte, liefen blutige Speichelfäden.
    Aus fünf Metern Entfernung sah das Tier gigantisch aus.
    Das war kein Schwarz- oder Braunbär. Das konnte nur ein Grizzly sein.
    Patricia hatte nicht von einem
Girlie
im Käfig gesprochen. Sie hatte
Grizzly
gesagt.
    Luther hatte sich doch tatsächlich einen Grizzlybären zugelegt.
    Patricia stürzte Hals über Kopf in die Nebelschwaden und zog die Kette hinter sich her. Doch die blieb irgendwo hängen, und ich hörte einen Schrei und einen dumpfen Aufprall, als Patricia zu Boden fiel.
    Der Bär nahm sie wahr und drehte seinen massigen Schädel in ihre Richtung. Dann machte er drei Schritte und fiel über seine Beute her.
    Patricia schlug wild um sich, als sich die Krallen des Raubtiers in ihr Genick bohrten.
    Ein entsetzliches Knacken ertönte, und dann bewegte sie sich nicht mehr.
    Der Bär legte ihr eine Pfote auf die Brust und zerfetzte ihr den Hals. Dann starrte er wieder mich an.
    Ein Windstoß wehte den beißenden Geruch nach nassem Fell, Urin und frischem Blut zu mir herüber.
    Ich ging rückwärts in den Nebelschleier, zunächst langsam, um das Tier nicht zu einer Verfolgungsjagd anzustacheln. Aber der Bär rannte los, seine Hüften und sein Gesäß bewegten sich auf und nieder. Ich dachte:
Das kann doch wohl nicht sein, dass ich auf diese Art und Weise sterbe. Ich bin aus Chicago, verdammt noch mal.
    Plötzlich hielt der Bär inne.
    In dem flackernden blauen Licht konnte ich sehen, wie erseine schwarze Nase rümpfte. Anscheinend drangen aus der Dunkelheit verschiedene Gerüche zu ihm hinüber. Das Fell um seinen Hals war blutverschmiert.
    Ich ging weiter zurück, einen Schritt nach dem anderen. Mein Herz hämmerte in meiner Brust.
    Das Ungetüm senkte den Kopf und starrte mich für einen langen, unheimlichen Augenblick aus diesen stechenden Augen an – sie erinnerten mich an Schweinsäuglein. Um seinen Hals hing ein dickes Lederhalsband mit einem Metallkästchen daran.
    Dann senkte er den Kopf noch tiefer, und ich hatte eine schlimme Vorahnung, was als Nächstes passieren würde.
    Ich hatte recht gehabt.
    Der Bär griff mich mit der tödlichen Geschwindigkeit eines rollenden Fasses an. Ich wunderte mich, wie flink er sich trotz seiner massiven Körperfülle bewegen konnte.
    Ich fuhr herum und rannte, so schnell ich konnte, gegen den eisigen Wind an. Als die Hagelkörner mich im Gesicht und am Körper trafen, legte ich eine Hand auf meinen Bauch. Ich konnte überhaupt nichts sehen, auch nicht, als die Strahlen des Stroboskops durch die Wolken schnitten.
    Wenn ich im falschen Moment geblinzelt hätte, hätte ich die Leiter übersehen.
    Sie tauchte kurz am Rand meines Gesichtsfelds auf, etwa drei Meter von mir entfernt.
    Ich änderte meine Richtung, rannte auf sie zu und knallte so

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