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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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hart gegen das alte Metall, dass ich mir Prellungen an den Armen zuzog.
    Sie führte an der Mauer empor in die Dunkelheit. Ich fasste die eiskalten Sprossen über meinem Kopf, zog mich hoch, sodass ich die unterste erreichen konnte, und kletterte los.
    Der Bär krachte mit solcher Wucht gegen die Leiter, dass sie zitterte.
    Ich blickte nach unten und sah, wie er sich auf den Hinterbeinen aufrichtete, wütend brüllte und mit einer seiner Tatzen nach mir schlug. Er verfehlte zwar knapp mein Bein, riss aber das untere Ende der Leiter aus ihrer Halterung in der Mauer.
    Als die Leiter wackelte, klammerte ich mich noch fester an die Sprossen, kletterte aber weiter. Ich war bereits vier Meter über dem Boden und konnte ihn vor lauter Nebel kaum noch sehen. Der Bär war verschwunden.
    Ich kletterte weiter. Meine Beine zitterten vor Angst und Erschöpfung. Die Leiter endete an einer Luke mit rostigem Vorhängeschloss. Kein Ausgang.
    Ich verspürte nicht das geringste Verlangen, umzudrehen und wieder nach unten zu klettern. Aber auf dieser Leiter konnte ich auch nicht bleiben. Schon jetzt schmerzten meine Handgelenke und meine Finger waren gefühllos vor Kälte.
    Hier oben machten die Windmaschinen nicht so viel Lärm und die Aussicht war besser.
    Ich blickte mich um. Im Schein der Stroboskoplichter glaubte ich, in etwa fünfundzwanzig oder dreißig Meter Entfernung eine Tür zu erkennen. Außerdem sah ich zwei Menschen, die an gegenüberliegende Wände gekettet waren. Eine Frau und ein Mann.
    Den Mann kannte ich nicht, und die Tatsache, dass es keiner von meinen Freunden war, verschaffte mir wieder einmal ein egoistisches Gefühl der Erleichterung.
    Ich stieg wieder nach unten. Es gab ja sonst nichts zu tun.
    Bis zum Boden waren es zehn Sprossen.
    Der Bär brüllte wieder, aber bei dem lauten Wind konnte ich nicht erkennen, wo oder wie weit weg er sich befand. Ich hörte noch einen ängstlichen Hilfeschrei, der jedoch mittendrin verstummte. Patricia hatte erwähnt, dass sich vier Personen in dem Raum befanden. Wenn ich richtig gezählt hatte, hatte der Bär bereits drei von ihnen erwischt.
    Ich brauchte eine Waffe, wenn ich die vierte retten wollte. Vielleicht fand ich ja im nächsten Raum eine.
    Anscheinend hatte ich mir beim Rennen eine Sehne gezerrt, denn ich spürte ein Stechen in meinem linken Bein, als ich durch dichte Nebelschwaden auf die Tür zulief. Ein plötzlicher Windstoß warf mich beinahe um.
    Völlig außer Atem stieß ich gegen die Tür, griff nach der Klinke und drückte sie nach unten.
    Nichts geschah.
    Ich wartete, bis das Stroboskoplicht erneut aufblitzte, und konnte jetzt das Tastenfeld sehen. Jemand hatte es verkehrt herum montiert.
    Ich tippte 666 ein und wartete auf das grüne Licht. Aber stattdessen blinkte ein rotes.
    Hatte ich mich vertippt?
    Ich versuchte es noch mal und passte auf, dass die Nummer stimmte. Wieder ein rotes Licht.
    Denk nach, denk nach, denk nach.
    Scheiße.
    Das Tastenfeld war ja verkehrt herum angebracht. Wenn man die Sechs auf den Kopf stellt, sieht sie wie eine Neun aus.
    Ich versuchte es mit 999.
    Rot.
    Was machte ich falsch?
    In dem Haus, das in die Luft geflogen war, hing eine Tafel mit der Aufschrift ERSTER KREIS: LIMBUS 666.
    In diesem Raum hatte ich ebenfalls eine Tafel gesehen, nämlich die um Patricias Hals. Aber darauf hatten keine Zahlen gestanden, sondern nur das Wort REIZES in Großbuchstaben.
    Der Bär brummte wieder, diesmal näher als zuvor.
    Kurz darauf ertönte ein weiterer Todesschrei. Das letzte Opfer.
    Jetzt war nur noch ich übrig.
    Ich durfte nicht untätig herumstehen und mir vor Angst in die Hose machen. Ich musste weg.
    Ich tastete mich an der Wand entlang. Da Luther mich auf dem Weg zur Lagerhalle ständig mit seinen Anweisungen abgelenkt hatte, hatte ich nicht auf ihre Größe und Ausdehnung geachtet.
    Bis ich am Ende der Wand ankam, verging eine gefühlte Ewigkeit. Ich ging um die Ecke, wartete auf den nächsten Lichtblitz und sah eine etwa fünfzehn Meter lange Mauer aus Ziegelsteinen. Von einer weiteren Tafel keine Spur.
    Ich lief schneller. Der Schmerz in meiner Sehne wurde schlimmer.
    Plötzlich hörte ich einen neuen Schrei. Ich starrte in den tosenden, eisigen Wind. Das Stroboskop blitzte wieder für eine halbe Sekunde auf, und ich sah, wie der Grizzly nur zehn Meter weiter einen Menschen mit seinen Pranken zerriss und verspeiste.
    Beim nächsten Lichtblitz sah ich etwas Glänzendes an der Wand hängen.
    Es war keine Tafel, sondern nur ein

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