Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
Vom Netzwerk:
Einige der Säcke hatten Löcher, durch die das Blut auf den Linoleumboden lief und sich dort in glitschigen Lachen sammelte.
    Ich stand kurz davor, zu hyperventilieren und völlig durchzudrehen.
    Nein. Nein. Nein.
    Genau das wollte er ja.
    Sich an meiner Angst ergötzen.
    Mich brechen.
    Zum Teufel damit und zum Teufel mit ihm.
    Ich durfte mich nicht unterkriegen lassen. Das schuldete ich meinen Freunden und meinem Baby.
    Die Toten konnten mir ja nichts anhaben. Mit den Toten konnte ich leben.
    Ich riss mich zusammen und zwängte mich durch die an Ketten hängenden und hin und her baumelnden Leichen. Ich stieß sie mit meinen Ellbogen zur Seite und passte dabei auf, nicht in die Blutlachen zu treten und den Verwesungsgestank einzuatmen, der einem Tränen in die Augen trieb.
    Als ich mich hindurchgekämpft hatte und um die Ecke bog, ging das Stroboskoplicht aus.
    Wieder umgab mich Finsternis.
    Mit unsicherem Gang hastete ich weiter, schneller als zuvor, die Hände weit ausgestreckt. Ich wollte nur noch weg von diesen …
    Da stieß ich wieder gegen etwas, diesmal mit den Knien.
    Es bewegte sich unter mir und stieß einen Schrei aus.
    Ich taumelte rückwärts. Im selben Augenblick ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch, als ob Metall auf Metall prallte.
    Über mir entzündete sich eine Lampe und verbreitete gedämpftes blaues Licht.
    Ich befand mich in einem von soliden Betonwänden eingefassten Raum von der Größe eines Badezimmers.
    Im Schein der Lampe konnte ich sehen, dass die Wände mindestens fünf Meter emporragten, bevor die Dunkelheit sie verschluckte.
    Hinter mir fiel eine schwarze Metalltür ins Schloss.
    Sie hatte weder einen Griff noch ein Tastenfeld.
    Eine ältere Frau kauerte zu meinen Füßen. Sie trug ein goldenes, mit glitzernden Pailletten bedecktes Ballkostüm.
    Als Erstes fielen mir ihre Finger und Zehen auf – sie waren über und über mit Juwelenringen behängt. Mindestens zehn Perlenketten hingen ihr um den Hals und ihre Handgelenkeund Unterarme verschwanden förmlich unter goldenen Armbändern.
    Der Steinboden, auf dem sie kauerte, war mit Ein-Cent-Münzen übersät.
    Die Frau versuchte, sich aufzurichten, konnte aber nur vornübergebeugt stehen. Sie trug ein Halsband, das an eine schwarze Eisenkugel von der Größe einer Wassermelone gekettet war. Auf der einen Seite stand »50 KG« und auf der anderen »EHEMANN NR. 6«.
    Ich musste in die Hocke gehen, um ihr ins Gesicht sehen zu können.
    Sie war schon etwas älter, aber immer noch schön.
    Die Tränen hatten ihr dickes Make-up verschmiert.
    »Ich bin Jack Daniels«, sagte ich. »Wie heißen Sie?«
    »Amena.« Ihre Stimme klang schwach und heiser, als hätte sie lange und laut geschrien.
    »Hat Luther Sie hier eingesperrt, Amena?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt.«
    »Ein Mann mit langen schwarzen Haaren?
    »Ja.«
    Ich sah mich noch einmal im Raum um und suchte nach einem Gegenstand, mit dem ich die Kette aufbrechen konnte. Aber außer glatten Betonwänden gab es hier nichts.
    Nicht einmal eine Messingtafel mit verschlüsselten Hinweisen, was mir Sorgen machte.
    »Warum tut er das?«, fragte Amena.
    »Er ist krank im Kopf. So verschafft er sich einen Kick«, sagte ich, wohl wissend, dass er mich hören konnte.
    Ich starrte ein weiteres Mal die Wände hoch. Das ergab keinen Sinn. Soweit ich sehen konnte, gab es nirgendwo einen Ausgang.
    Halt.
    Da.
    In dem schummrigen Licht hatte ich es vorhin übersehen. In etwa drei Meter Höhe befand sich eine Öffnung. Von hier unten sah sie wie ein Lüftungsschacht aus.
    Wie zum Teufel sollte ich da bloß hochkommen?
    »Holen Sie mich hier raus!«, schrie die Frau.
    »Das versuche ich ja«, sagte ich. »Lassen Sie mich einen Augenblick überlegen.«
    Vielleicht konnte ich den Schacht erreichen, wenn ich mich auf ihre Schultern stellte. Nein, das ging nicht, denn ich hätte nur eine Chance, wenn sie aufrecht stand und mein Gewicht tragen konnte. Und sie war ja angekettet und konnte sich nicht von der Stelle bewegen.
    Ich bückte mich und berührte das kalte Gewicht, das sie in ihrer kauernden Stellung festhielt.
    Ich nahm die Kette in die Hand und zog kräftig daran.
    Sie bewegte sich nicht. Dafür knackte meine Wirbelsäule wie eine Tüte Kartoffelchips.
    Dann versuchte ich, die Kugel zu rollen. Ich schaffte es gerade mal, sie zehn Zentimeter weit zu bewegen.
    »Gibt es einen Weg nach draußen?«, fragte sie.
    »In der Wand befindet sich in etwa drei Meter Höhe ein Lüftungsschacht. Ich vermute,

Weitere Kostenlose Bücher