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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Phin und den anderen entschuldigen sollte.
    Aber ich presste die Augenlider zusammen und fraß alles in mich hinein. Mein Problem lag tiefer als die Tatsache, dass ichauf die Mutterschaft nicht vorbereitet war. Ein äußerst übler Bursche war hinter mir her. Er kannte bestimmt meine Ärzte und meinen Geburtstermin und beobachtete mich womöglich in diesem Augenblick.
    Ich konnte unmöglich gegen diesen Mann antreten, während ich gleichzeitig ein Baby stillte. Und so verwundbar ich auch war, ich konnte es nicht meinen Freunden überlassen, mich aus dieser Scheiße herauszuholen.
    Aber vielleicht konnte ich einen kleinen Kompromiss eingehen.
    »Geneva«, sagte ich mit brüchiger Stimme. »Ich gehe nach Geneva.«
    Ich spürte, wie Phin meine Hand ergriff.
    »Ist das dein Ernst?«, flüsterte er.
    Ich nickte nur, da ich mir nicht länger zutraute, auch nur ein Wort zu sagen, ohne dabei zu heulen.
    »Danke, Jack«, sagte Phin und küsste mich auf die Stirn.
    Ich schaffte es gerade noch, »Bitte bring mich nach Hause« zu murmeln, ohne einen völligen Zusammenbruch zu erleiden.

Reginald Marquette
31. März, 11:30 Uhr
    Es war Vormittag, und trübes Licht fiel durch die Jalousien in das unaufgeräumte, enge Büro im zweiten Stock des Lewisohn-Gebäudes, das Professor Reginald Marquette gehörte, dem Leiter des Instituts für Klassische Literatur am Columbia College.
    Als es an der Tür klopfte, blickte Marquette von der Seminararbeit auf, die er gerade las – eine Abhandlung von fünfundzwanzig Seiten über William Blakes
Proverb of Hell
. Die Arbeit war so gut, dass er sich fast sicher war, dass die Verfasserin kein einziges Wort selbst geschrieben hatte. Das gesamte Semester hindurch war sie eine mittelmäßige C-Studentin gewesen und hatte nie etwas von so hoher Qualität abgeliefert. Ihr Fehler bestand darin, nicht die B-Version gekauft zu haben – das hätte diesen Quantensprung in ihrer akademischen Leistung zumindest plausibel erscheinen lassen.
    Marquette legte die Arbeit beiseite und kramte zwischen Stapeln von Büchern, Papieren und uralter Korrespondenz, deren Poststempel teilweise noch vom letzten Jahrzehnt datierte. Aber die Unordnung störte ihn nicht. Er blühte in dem Chaos auf. Als er zur Tür ging, dachte er nur daran, wie sehr er sich darauf freute, die Webseite zu finden, auf der diese William-Blake-Expertin ihre Seminararbeit gekauft hatte. Vielleicht würde er sie beim nächsten Mal mit einer rigorosen mündlichen Prüfung zu ihren zwei Dutzend Quellen in die Enge treiben und ihr dann dabei zusehen, wie sie sich wand und rot anlief und stotterte.
    An Studenten, die schummelten, musste man ein Exempel statuieren.
    Ein schmerzhaftes, erniedrigendes Beispiel.
    Als Marquette die Tür öffnete, stand ein Mann davor. Er hatte die langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug einen schwarzen Blazer und Bluejeans. Schwarze Cowboystiefel rundeten sein ungewöhnliches Outfit ab.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    »Professor Marquette?«
    »Richtig.«
    Der Mann reichte ihm die Hand.
    »Rob Siders von
Ancient Publishing
. Ich hatte Ihnen letzte Woche eine E-Mail geschickt. Es ging darin um unser Interesse an einer Veröffentlichung Ihrer Arbeit über Dante.«
    Marquette lächelte und schüttelte seinem Besucher die Hand.
    »Natürlich. Ja. Entschuldigen Sie bitte. Sie haben ja gesagt, dass Sie vorbeikommen wollten, nicht wahr? Kommen Sie doch bitte rein.«
    Marquette führte den Besucher in sein Büro und schloss die Tür hinter ihnen.
    Er räumte den Stapel mit den Studentenbewertungen seines überarbeiteten Assistenten von einem Stuhl und sagte: »Nehmen Sie Platz. Entschuldigen Sie bitte die Unordnung. So wenig es auch den Anschein hat, hier herrscht tatsächlich ein System.«
    Als sie sich schließlich am Schreibtisch gegenübersaßen, sagte Marquette: »Möchten Sie einen Kaffee, Tee oder ein Glas Wasser? Ich könnte etwas aus dem Aufenthaltsraum holen.«
    »Nein danke. Es ist mir eine große Ehre, Sie kennenzulernen, Herr Professor Marquette.«
    »Sagen Sie einfach Reggie zu mir.«
    »Ihre Arbeit ist wirklich beeindruckend, Reggie.«
    Marquette blähte seine Brust auf. »Oh, danke.«
    »Haben Sie gerade viel zu tun?«
    »Ich muss nur ein paar Arbeiten aus meinem Seminar für englische Literatur des achtzehnten Jahrhunderts korrigieren. Ich muss sagen, Ihre E-Mail klang faszinierend. Aber könnten Sie mir vielleicht ein bisschen mehr über sich und Ihre Firma

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