Kite
Teller. Mir ging es nicht um das Essen, sondern um das, was sich darunter befand.
Oder vielmehr, was sich darunter befunden
hatte
.
Es war zu spät. Der Hund hatte das Sandwich, die Schweinekrusten und meinen Verlobungsring gefressen.
»Sag bloß, du schimpfst mit ihm, weil er sich an deinem Essen vergreift, und nicht, weil er deinen Besuch beißt?« McGlade kam ins Zimmer und streifte sich ein weißes T-Shirt über. »Du solltest mal deine Prioritäten klären.«
Ich ließ mich auf den Stuhl fallen, worauf dieser unter meinem Gewicht ächzte. »Ich muss wirklich ganz dringend nach Peoria.«
»Ich komme mit, aber unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«
»Du lässt beide Tiere einschläfern.«
»McGlade …«
»Steck sie in den Backofen. Übergieß sie mit Benzin und zünde sie an. Meinetwegen kannst du sie auch erschießen.«
»Mein Wagen steht in der Garage«, sagte ich.
»Die müssen dran glauben, Jack. Vor allem der Kater. Er ist eine Wiedergeburt von Jack the Ripper. Ich schwör’s dir, das Mistviech hat mich die ganze Zeit angegrinst.«
Ich schrieb Phin einen Zettel, auf dem ich ihm mitteilte, dass es mir leidtat und dass er Duffy nicht rauslassen sollte, solange ich weg war.
Dann brach ich zusammen mit McGlade nach Peoria auf, um Violet King zu besuchen.
Luther
31. März, 13:45 Uhr
Er steckt ein Exemplar des Romans
Die Waffe des Mörders
in einen durchsichtigen Plastikbeutel, in dem sich bereits eine mit schwarzem Filzstift geschriebene Botschaft an Jack befindet. Da klingelt plötzlich sein iPhone, penetrant wie das Summen einer wütenden Wespe.
Luther schaut auf das Display und flucht.
Kein passender Zeitpunkt für einen Anruf, vor allem jetzt, wo er sich im hinteren Bereich des Vans an Marquettes aufgeschlitzter Leiche zu schaffen macht. Durch die Einwegscheibe sieht er draußen auf dem Gehsteig Passanten vorbeigehen – mehrere innerhalb einer Minute. Er hat nicht damit gerechnet, an einem verregneten Tag im Frühjahr so viele Spaziergänger zu sehen. Jetzt kann er nur hoffen, dass es kein grober Fehler war, sich diesen Ort ausgesucht zu haben.
Das Handy hört nicht auf zu klingeln.
Er legt den Plastikbeutel weg und wischt sich das Blut von den Armen. Dann schaltet er auf Freisprechanlage. »Hallo?«
»Ja, hallo, ich möchte bitte Rob Siders sprechen.«
»Am Apparat.«
»Hier spricht die Sekretärin von Peter Roe.« Der Patentanwalt. Äußerst schlechtes Timing. »Mr Roe hat mich gebeten, Sie anzurufen und Ihren Termin zu verschieben.«
In Luthers Kopf schrillen die Alarmglocken. »Verschieben?«
»Ja, morgen Nachmittag geht es bei ihm nicht. Aber ich kann Sie für zehn Uhr Vormittag eintragen.«
Luther denkt fieberhaft nach. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Das wird den gesamten Plan durcheinanderbringen. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren.
»Ich bin aber nur ganz kurz in der Stadt«, sagt Luther und bemüht sich dabei, seine Stimme ruhig zu halten. »Ich muss mich unbedingt morgen mit ihm treffen.«
»Na gut, vielleicht kann ich Sie irgendwie um die Mittagszeit reinquetschen.«
»Jetzt hören Sie mir bitte gut zu. Mittag geht bei mir nicht. Ich habe nur um halb zwei Zeit.«
»Warten Sie bitte einen Augenblick.«
Durch den Lautsprecher dringt Hintergrundmusik. Wenn es nicht klappt, bleibt ihm keine andere Wahl. Er muss dann einfach um halb zwei vorbeikommen und improvisieren. Das wird nicht ganz leicht werden und mehr Menschen werden dran glauben müssen. Aber er ist dieser Herausforderung gewachsen.
Die Sekretärin meldet sich wieder. »Ich habe eine gute Nachricht für Sie, Mr Siders. Mr Roe wird Sie um halb zwei empfangen, allerdings nur kurz. Er hat nämlich um zwei einen …«
Er fällt ihr ins Wort. »Fünfzehn Minuten genügen mir.«
Dann legt er auf.
Er verschließt den Plastikbeutel mit dem Buch und steckt ihn in Marquettes offene Bauchhöhle. Dann streift er die Latexhandschuhe ab und greift nach den feuchten Reinigungstüchern. Nachdem er seine Hände gesäubert hat, zieht er sich die Spezialhandschuhe an. Dabei stellt er fest, dass sie eingefettet werden müssen. Er löst einen Gummizug an der Seitenwand und entfernt einen viel größeren Plastikbeutel sowie einen riesigen Karton.
Was als Nächstes kommt, wird großen Spaß machen, denkt Luther.
Noch mehr als Weihnachtsgeschenke auspacken.
Er macht sich an die Arbeit.
Hector Ramirez
31. März, 14:00 Uhr
Hector Ramirez umklammerte die Hand seines Vaters und unterdrückte den Impuls, zu den
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