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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Bad.
    Im Waschbecken sah Herb eine Pistole sowie ein schwarzes T-Shirt, Stiefel und eine schwarze Perücke.
    Mit einem Mal ging ihm ein Licht auf. Luther hatte den Mord an Roe perfekt geplant. Er hatte ein Büro nicht weit von dem seines Opfers gemietet und eine falsche Wand vor dem Bad angebracht. Nach dem Mord war er einfach in sein Büro gegangen und hatte sich hinter der Verkleidung versteckt, bis die Polizei verschwunden war.
    Dann war Luther mit frisch geschnittenen und gefärbten Haaren als David Dean durch das Foyer geschlendert und hatte direkt vor Jacks Nase das Gebäude verlassen.
    Der Dreckskerl hatte hier vor ihm gesessen und über den fünfzehnten April gefaselt – den Tag, an dem die Steuererklärungen fällig waren.
    Und Herb hatte ihn nicht nur entwischen lassen, er hatte ihn sogar
aufgefordert
zu gehen.

Jack
1. April, 14:12 Uhr
    Ich tat, was ich konnte, und schickte ein paar Polizisten los. Sie suchten überall, aber Luther war längst über alle Berge.
    Der Killer hatte FaceTime ausgeschaltet, ohne vorher einen hämischen Spruch abzulassen. Aber ich rechnete damit, dass er sich wieder bei mir melden würde.
    Als Herb mich mitten im Gewühl vor dem Eingang auf der Dearborn Street fand, sah er dermaßen niedergeschlagen aus, dass ich glaubte, er würde jeden Augenblick losheulen.
    Mir ging es nicht anders.
    »Ich hab’s vermasselt«, sagte er.
    »Ich hab’s vermasselt«, sagte ich einen Sekundenbruchteil später. »Ich war zu sehr auf einen Mann mit schwarzen Haaren fixiert.«
    »Ich auch.«
    Er schilderte mir in knappen Worten seine Begegnung mit dem falschen Steuerberater namens David Dean.
    »Verdammt.« Ich schüttelte den Kopf. »Der Kerl hat uns ganz schön an der Nase rumgeführt. Gib dir nicht die Schuld, Herb.«
    »Gibst
du
dir etwa die Schuld?«
    Ich schwieg.
    »Du kannst nicht einfach die ganze Schuld auf dich nehmen, Jack.«
    »Machen wir uns später Vorwürfe. Am Tatort wartet eine Menge Arbeit auf uns.«
    Ich ging mit Herb den Gehsteig entlang zu dem Blumenkasten. Hinter dem Absperrband untersuchten Mitarbeiter der Spurensicherung Mr Roes Leiche – oder das, was davon noch übrig war.
    »In den Innereien müsste irgendwo ein Buch in einem Plastikbeutel stecken«, sagte ich.
    »Es gibt keine Innereien mehr«, sagte einer der Kriminaltechniker. »Beim Aufprall hat es alles rausgedrückt.«
    »Sie haben nirgendwo einen Plastikbeutel gefunden?«
    »Bis jetzt noch nicht.«
    Ich blickte auf die Sauerei herab. Auf der Scheußlichkeitsskala von Leichen kamen Menschen, die aus einem Hochhaus oder von einer Brücke gesprungen waren, gleich hinter Brandopfern.
    »Ich hab was«, sagte ein anderer Kriminaltechniker. Er fuhr mit dem Handschuh über Roes Hose. »Da ist was an seinem Bein.«
    »Schneiden Sie die Hose auf«, sagte Herb.
    Der Mann schnitt das Hosenbein mit einer Schere ab. Darunter kamen noch mehr Blut und Knochen zum Vorschein. Dazwischen erkannte ich ein Päckchen in Luftpolsterfolie. Es war mit Klebeband an Mr Roes Oberschenkel befestigt.
    Der Kriminaltechniker wich ängstlich zurück.
    »Was machen Sie da?«, fragte ich.
    »Könnte ’ne Bombe sein.«
    Daran hatte ich gar nicht gedacht.
    »Wir müssen das Bombenentschärfungskommando holen. Sollen die sich darum kümmern.« Er packte mich am Arm und wollte mich wegziehen, aber ich riss mich los.
    »Das ist keine Bombe«, sagte ich.
    Der Mann sah Herb an, und der wiederum sagte zu mir: »Mal ganz ehrlich, Jack, ich fühl mich auch nicht besonders wohl bei der Sache. Du weißt ja, wozu dieser Kerl fähig ist.«
    Die Kriminaltechniker hatten sich bereits zurückgezogen und waren gerade dabei, die Schaulustigen zurückzudrängen.
    »Herb, für den ist das Ganze doch nur ein Spiel. Okay, nehmen wir mal an, das da ist ’ne Bombe und er beobachtet uns mit dem Finger am Drücker. Er drückt drauf, und dann?«
    »Zerreißt es uns in tausend Stücke.«
    »Richtig. Und was hat er davon?«
    »Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst. Der Kerl will dich umbringen und du stehst einfach hier rum wie auf dem Präsentierteller.«
    »Das stimmt, er will mich umbringen, aber er will mir dabei in die Augen sehen und sich Zeit lassen. Er möchte bei mir sein und mit mir reden, wenn ich sterbe. Mich einfach in die Luft sprengen, das passt nicht zu ihm.«
    Ich nahm mein Schweizer Messer aus meiner Handtasche und stieg in den Blumenkasten.
    »Jack!«
    »Wir können nicht warten, bis das Bombenentschärfungskommando kommt, Herb. In dieser Leiche

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