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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Mein Kopf fühlte sich wie ein Heißluftballon an. Ich schluckte. Meine Kehle fühlte sich trocken an. Ich spürte einen leicht metallischen Geschmack im Mund und schwitzte am ganzen Körper.
    Und dennoch zitterte ich.
    Das prasselnde Geräusch auf meiner Windjacke klang wie Regen und die schmutzige Straße roch auch danach.
    Ich blieb noch eine Weile auf dem nassen Asphalt liegen und versuchte, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Es gelang mir nicht. Ich erinnerte mich an das Marquette-Hochhaus und daran, dass ich mich im Congress-Hotel einquartiert hatte, aber alles danach war schwammig. Irgendwas mit Phin und vielleicht auch Harry. Blinkende rote und blaue Lichter auf Grabsteinen. Aber nichts Konkretes.
    Schwerfällig setzte ich mich auf.
    Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und blinzelte ein paarmal, bis ich wieder klar sehen konnte.
    Ich saß mitten auf einer verlassenen Straße mit kleinen Fertighäusern auf beiden Seiten.
    Aus niedrigen schwarzen Wolken fiel Regen.
    Ich musste mich auf den Bauch umdrehen, mich auf alle viere stellen und die Beine anziehen, um überhaupt aufstehen zu können. Kaum stand ich auf beiden Füßen, spürte ich Herzklopfen und dieses beunruhigende Kribbeln in Armen und Beinen.
    Die Klamotten, die ich anhatte, waren nicht von mir – so viel wusste ich zumindest noch. Eine dunkelblaue Regenhose und eine dazu passende Jacke, darunter ein Sport-BH. Weiße Turnschuhe, die meine geschwollenen Füße drückten. Ich tastete mich ab und suchte nach meinem Handy und irgendeiner Waffe. Nichts.
    Ich zog mir die Nylonkapuze über den Kopf und ging zu einem Haus auf der anderen Straßenseite. Erst als ich vor der Veranda stand, merkte ich, wie heruntergekommen es war.
    Überall bröckelte der Putz ab, und die Dielen hingen durch.
    Ich stieg die Stufen zum Eingang empor, klopfte an der Tür und wartete.
    Niemand kam.
    Ich trat an das Fenster neben der Tür, schirmte mit den Händen die Augen ab und spähte ins Innere. Bis auf ein paar Zacken im Fensterrahmen war fast die gesamte Scheibe herausgebrochen. Im Haus war es dunkel. In dem spärlichen Licht, das hereinfiel, sah ich, in welch jämmerlichem Zustand es sich befand – kaputte und verrottete Möbel, von denen nur noch zersplitterte Rahmen übrig waren. Auf dem Boden lagen überall Spritzen, leere Bierdosen und zerbrochene Flaschen herum. Außerdem roch es stark nach Schimmel, wie nach einem größeren Wasserschaden.
    Hier wohnte schon seit Jahren keiner mehr.
    Ich watschelte die knarrenden Treppenstufen hinunter. Allerhand Fragen gingen mir durch den Kopf.
    Mitten auf der Treppe zum Nachbarhaus blieb ich stehen. Es war ebenfalls verlassen und sogar noch heruntergekommener. Vorne links war das Dach eingestürzt.
    Als ich meinen Blick über die anderen Häuser in der näheren Umgebung schweifen ließ, boten sich mir ähnliche Bilder. Das gesamte Viertel, das aus überwiegend identischen Fertighäusern bestand, war nur noch eine Geisterstadt.
    Eine Krähe flog über mich hinweg und kreiste um die Baumwipfel. Ihr Krächzen füllte die Luft mit einem einsamen, unheimlichen Echo.
    Wo zum Teufel war ich nur? Und wie war ich hierhergekommen?
    Außer dem Krächzen des Vogels hörte ich nichts. Am meisten fiel mir die völlige Abwesenheit von Verkehrslärm und anderen typischen Geräuschen einer Stadt auf. Ich hätte genauso gut mitten in einem abgelegenen Waldstück stehen können, so still war es.
    Ich schlurfte mitten auf der Straße entlang und formte mit den Händen einen Trichter vor dem Mund.
    »Hey! Ist da jemand?«
    Niemand antwortete.
    Etwas weiter weg stand ein alter Wasserturm. Gerade als ich versuchte, die verblichenen Buchstaben auf dem Tank zu entziffern, hörte ich jemanden schreien.
    Obwohl ich mich immer noch nicht an die jüngsten Ereignisse erinnern konnte, wusste ich instinktiv, wer dahintersteckte.
    Luther.
    Bitte, bitte, bitte, lass den Menschen, von dem die Schreie kommen, nicht jemand sein, der mir etwas bedeutet …

Phin
    Als Phin die Augen öffnete, fand er sich auf einem seltsamen Stuhl wieder, die Arme und Beine gestreckt und streng mit Lederriemen fixiert.
    In das Möbelstück waren Zahnräder und eine Seilwinde integriert. Es sah aus wie ein hoch technisierter Zahnarztstuhl mit allerhand Zubehör, das nicht gerade einen angenehmen Eindruck machte.
    Phin gefiel das ganz und gar nicht, und sein Herz hämmerte im Rhythmus eines Heavy-Metal-Songs. Er versuchte, sich zu befreien, aber die Riemen saßen zu

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