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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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mitsamt zwei extra Magazinen, eine Plastiktüte und einen Leinensack heraus. Er steckt die Pistole in den Hosenbund am Rücken und die Magazine und die Plastiktüte in die Hosentaschen und steigt vom Fahrersitz.
    Er wendet sich den Fahrgästen zu. An ihren Augen erkennt er, wie müde sie sind. Die eine Hälfte starrt ihn wütend an, die andere späht verwirrt nach draußen in die nur trübe beleuchtete Lagerhalle.
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich Ihre Geduld zu schätzen weiß«, sagt er.
    Ein Mann, der sechs Reihen weiter sitzt, schält sich mühsam aus seinem Sitz. Er ist klein, rot im Gesicht und hat eine Glatze mit weißem Haarkranz. Auf seiner Kopfhaut schimmern überall dunkle Flecken – ein sicheres Zeichen von Hautkrebs. Er sagt: »Meine ist am Ende.«
    »Setzen Sie sich bitte wieder, Sir«, fordert Luther ihn auf.
    »Scheren Sie sich zum Teufel. Ich will sofort hier raus. Und ich will mein Geld zurück.«
    »Wohin haben Sie uns gebracht?«, fragt jemand aus der Menge.
    »Setzen Sie sich hin, Sir«, wiederholt Luther seine Aufforderung.
    Andere Fahrgäste werden ebenfalls unruhig, und weiter hinten machen ein paar von ihnen Anstalten, ihre Plätze zu verlassen.
    Das rüde Benehmen des Mannes wirkt ansteckend. Er bewegt sich durch den Gang auf Luther zu. Jeden Moment kann eine Meuterei ausbrechen. Luther hat zwar eine Gasmaske und einen Kanister mit BZ, einem Psychokampfstoff, aber nur für den äußersten Notfall.
    Die intelligentere und einfachere Lösung wäre, ein Exempel zu statuieren.
    Als der Mann sich ihm bis auf einen Meter genähert hat, zieht Luther die Glock und schießt ihm mitten ins Gesicht.
    Er stürzt nach hinten in den Gang und spritzt die ersten drei Reihen mit seinem Blut voll. Kaum ist der Pistolenschuss verhallt, geht das Geschrei los.
    Luther tritt einen Schritt zurück, nimmt das Mikrofon an sich und spricht in einem bewusst ruhigen Tonfall, der wohl in etwa so klingt wie die Stimme von HAL, dem verrückten Computer aus diesem Stanley-Kubrick-Film.
    »Hören Sie bitte auf zu schreien und gehen Sie zurück zu Ihren Plätzen.«
    Das Geschrei nimmt kein Ende.
    »Hören Sie bitte auf zu schreien und gehen Sie zurück zu Ihren Plätzen.«
    Am hinteren Ende des Busses bahnt sich eine Menschentraube einen Weg durch den Gang und ein paar Reihen weiter erleidet ein Mann einen Herzinfarkt.
    Luther bittet die Leute zum dritten Mal höflich, zu ihren Plätzen zurückzugehen. Dann erschießt er einen Mann, der sich am Griff des seitlichen Notausstiegs zu schaffen macht, und drei weitere gleich dazu.
    Dann wiederholt er in ruhigem Tonfall seine Bitte.
    Durch den Pulverdampf sieht er, wie sie alle hektisch zu ihren Plätzen rennen, als spielten sie Reise nach Jerusalem.
    »Sehr gut«, lobt er. »Sehr gut.«
    Dann richtet er die Glock auf einen großen Mann mit Schnurrbart, der zwei Reihen weiter sitzt. Zusammen mit der übergewichtigen Frau auf der anderen Seite des Gangs gehört er offenbar zu den jüngsten Reiseteilnehmern. Luther schätzt beide auf Mitte vierzig, höchstens fünfzig.
    »Wie heißen Sie, Sir?«
    »Steve.«
    Luther holt die Plastiktüte aus der Hosentasche und reicht sie dem Mann.
    »Sammeln Sie sämtliche Handys ein, angefangen mit Ihrem eigenen. Meine Damen und Herren, unser Freund Steve kommt gleich zu Ihnen und nimmt Ihre Mobiltelefone entgegen. Legen Sie so lange beide Hände auf die Lehne des Vordermannes.Das gilt für alle. Wenn Sie meiner Anweisung nicht Folge leisten, schieße ich.«
    Luther langt nach hinten und hebt den schweren Leinensack voller Handschellen vom Fahrersitz. Er gibt ihn dem Fahrgast, der am nächsten sitzt, ein Mann mit ernstem Gesicht, Vollglatze und einem T-Shirt mit Chicago-Cubs-Aufdruck.
    »Verteilen Sie die, aber schnell.« Dann spricht Luther wieder in das Mikrofon: »Wenn ich jemanden ohne Handschellen sehe, schieße ich.«
    »Warum tun Sie uns das an?«, heult eine Frau.
    Luther richtet die Glock auf sie und sagt: »Kommen Sie. Ja, Sie meine ich, ein bisschen plötzlich.« Die Frau tritt in den Gang. »Näher.« Als sie zwei Meter vor ihm steht, befiehlt er ihr, stehen zu bleiben. »Wie heißen Sie?«
    »Lillian. Lillian Slusar.«
    »Wissen Sie, was eine Dublette ist, Miss Slusar?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    Er zeigt es ihr. Die zwei schnell aufeinanderfolgenden Schüsse durchlöchern in weniger als einer Sekunde ihr Herz.
    Diesmal schreit keiner. Manche reißen den Mund auf und schnappen entsetzt nach Luft, andere schluchzen

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