Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
schleierhaft. Aber irgendwie schien das alles zusammenzupassen. Auch, wenn ich die Verbindung nicht fand. So viele seltsame Dinge waren in den letzten Tagen geschehen und dann noch die Leiche im Schilf. Ob der Tote wirklich Opfer des entsprungenen Häftlings geworden war? Der konnte jedenfalls nicht für Liljas Verschwinden verantwortlich sein. Ich dachte wieder an Kjell. Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie er so vertraut mit Lilja zwischen den Kiefern gestanden hatte. Die Erinnerung gab meinem Herzen einen kleinen Stich. Kjell hatte mir immer noch nicht verraten, warum er von meinem Ärger mit der Polizei wusste. Hatte Lilja ihm davon erzählt? So musste es sein. Trotzdem erklärte es sein seltsames Verhalten nicht. Warum wechselte seine Stimmung wie der Wind auf dem Sandsjön? Wer war der mysteriöse andere Typ gewesen, mit dem sich Kjell am Strand gestritten hatte? War er vielleicht doch ein Mitglied dieser Sommerhaus-Bande? Hatte er deshalb von meinem Zusammentreffen mit der Polizei gewusst? Hatte Lilja etwas herausgefunden und Kjell sie deshalb verschwinden lassen? Er hatte behauptet, er wäre nicht mit ihr schwimmen gewesen. Aber auf meine Frage, ob er ihr etwas angetan habe, hatte er geschwiegen. Nein, das war doch alles viel zu weit hergeholt. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Kjell Lilja etwas angetan haben konnte. Aber was wusste ich schon von ihm? Ich wusste, dass er unglaublich sexy und charmant sein konnte. Aber im nächsten Augenblick konnte er ebenso kalt und beängstigend aufbrausend sein. Das war nicht gerade viel und schloß nicht aus, dass er ein Mörder sein konnte. Es machte ihn sogar ziemlich verdächtig. Meine Gedanken drehten sich im Kreis und je mehr ich nachdachte, desto klarer wurde mir, dass mir die entscheidenden Antworten auf meine Fragen fehlten. Irgendwann musste ich über meine Grübbeleien eingeschlafen sein, denn ich träumte. Ich träumte von einer Leiche im Schilf mit langen blonden Locken und einem rotem Pullover. Sie bewegte sich im Spiel der Wellen auf und ab.
Ich schrak aus dem Albtraum hoch. Vor mir am Ufer lag mein Ruderboot. Es war an einer Birke festgebunden. Die Riemen lagen ordentlich im Boot, aber von Kjell war weit und breit nichts zu sehen. Meine Glieder waren etwas steif als ich aufstand und auf das Ruderboot zuging. Wenn ich gehofft hatte, wenigstens eine Nachricht von Kjell im Boot vorzufinden, so wurde auch diese letzte Hoffnung zerstört. Er war einfach verschwunden, ohne mich zu wecken und hatte das Boot ohne Nachricht für mich zurückgelassen. Und das war genaugenommen auch eine klare Nachricht.
Ich band das Boot los und stieg ein. Dann stieß ich mich mit Hilfe des Ruders ab und ruderte zurück zum Sommerhaus.
Diesmal weinte ich nicht. Ich fühlte mich dennoch scheußlich. Mein Herz hatte sich wund geliebt, an diesem so widersprüchlichen Jungen und es war definitiv an der Zeit, mit meinem ursprünglichen Plan fortzufahren und meine Zelte abzubrechen. Ich hätte in ein paar Tagen sowieso fahren müssen, obwohl ich am liebsten so lange geblieben wäre, bis das Verschwinden von Lilja aufgeklärt war. Doch ob sich diese Angelegenheit bis zum nächsten Donnerstag, dem letzten Termin für den mein Fährenticket galt, klären würde, wagte ich zu bezweifeln.
Es war einfach schrecklich fort zu fahren, ohne noch einmal mit Lilja sprechen zu können. Mir war klar, dass ich nie erfahren würde, was aus ihr geworden war, wenn ich nun abreiste.
Kurz überlegte ich, ob ich versuchen sollte, Liljas Oma zu kontaktieren. Aber ich wusste weder wo sie genau wohnte, noch wie sie es aufnehmen würde, wenn eine völlig Fremde plötzlich auftauchte, um mit ihr über Lilja zu sprechen. Vermutlich würde die misstrauische alte Lady mich für sehr verdächtig halten und sofort die Polizei informieren. Ich würde also mit der Ungewissheit leben müssen. Aber Lilja hatte ja meine Mobiltelefonnummer. Wenn es ihr gut ging, würde sie sich vielleicht bei mir melden. Ich zog den Reizverschluss der Jackentasche auf und nahm das Handy raus. Hoffentlich funktionierte es noch. Ich suchte das Ladekabel und steckte es ein. Tatsächlich das Telefon lud. Vielleicht hatte ich Glück und es war eine Nachricht von Lilja drauf.
Als ich die Jacke hob um sie wieder auf zu hängen, fiel ein weiterer Gegenstand auf den Boden. Es war der Kettenanhänger. Ich hob ihn auf und drehte ihn zwischen den Fingern. An der breiten Seite, wo er in der Fassung befestigt gewesen war, gab es eine
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