Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
›Das muss jetzt reichen. Ich bringe
Sofie ins Bett. Sie braucht Ruhe.‹
Die Polizisten
hörten danach endlich auf, Fragen zu stellen. Doch als mein
Vater mich aus dem Wohnzimmer getragen hatte, sah ich den Blick
meiner Mutter. Ein trauriger Blick, voller Vorwürfe und Schmerz.
Ich habe diesen Blick nie vergessen. All die Jahre fragte ich mich,
ob meine Mutter es besser verkraftet hätte, wenn ich es gewesen
wäre und nicht Ben.
»Hallo,
Fräulein!«, riss mich die Stimme des Polizisten aus den
trüben Erinnerungen. »Können Sie den Täter nicht
genauer beschreiben?«
»Nein!«,
fuhr ich den Mann heftiger an, als ich wollte. »Ich kann Ihnen
den Täter nicht näher beschreiben. Vielleicht hätte
ich es gekonnt, wenn ich am Fenster stehen geblieben wäre.
Vermutlich hätte ich dem Mann dann genau ins Gesicht sehen
können. Vielleicht wäre er ja auch noch so nett gewesen,
mich in der Küche zu besuchen. Bestimmt hätte ich ihn hier
sogar noch besser angucken können! Aber wer weiß, ob ich
Ihnen dann überhaupt noch eine Beschreibung liefern könnte!«
Ich zitterte jetzt.
Der Beamte zog eine Augenbraue hoch und bevor er etwas erwidern
konnte, entschuldigte ich mich: »Es tut mir leid.« Ich
fuhr mir mit der Hand durchs Haar. »Es war alles etwas viel,
fürchte ich.«
Der Polizist nickte
bedächtig. In diesem Moment kam sein Kollege herein.
Er hatte den Tatort
untersucht. »Ich habe die Zentrale verständigt. Die
Spurensicherung kommt gleich. Obwohl ich keine große Hoffnung
habe. Das waren Profis.« Der Polizist, der mich befragt hatte,
stand vom Küchentisch auf und die beiden sprachen leise
miteinander. Zwischendurch warfen sie mir einen Blick zu. Dann sprach
mich der Beamte an, der eben hereingekommen war »Fräulein,
sind Sie sicher, dass Sie die restliche Nacht hier allein verbringen
wollen?«
Ich nickte langsam.
»Ja, die Bande hat, was sie wollte. Die wären doch schön
blöd, wenn sie noch mal zurückkommen würden. Also, ich
meine, ich bin doch jetzt in Sicherheit, oder?« Fragend blickte
ich die Polizisten an.
»Ja,
vermutlich sind Sie jetzt sicher«, sagte der größere
Polizist. »Außerdem kommt ja noch die Spurensicherung.«
»Aber Sie
brauchen mich nicht mehr?«, fragte ich. »Ich würde
mich nämlich gerne wieder hinlegen.«
Der Beamte mit der
Brille nickte. »Falls sich noch Fragen ergeben, habe ich mir ja
ihre Personalien notiert.« Er überlegte kurz. »Ach,
noch etwas, kennen Sie den Besitzer des Sommerhauses in dem
eingebrochen wurde? Haben sie zufällig seinen Namen und seine
Telefonnummer? Wir müssen den Eigentümer verständigen
und es würde uns Zeit sparen, wenn Sie uns da weiterhelfen
könnten.«
»Nein,
aber …« Ich zögerte. Wenn Rune von dem Einbruch
erfuhr, würde er mich drängen abzureisen. Gerade jetzt
wollte ich nicht abreisen. Nicht bevor ich Kjell noch einmal gesehen
hatte. Aber vermutlich würde Rune sowieso von dem Einbruch
erfahren. Außerdem konnte ich den Beamten die Information nicht
vorenthalten. »Also ich denke mein Vermieter, Herr Krångshult,
wird den Nachbarn kennen. Ich kann Ihnen seine Telefonnummer geben.«
Damit gaben sich die
beiden zufrieden. Sie verabschiedeten sich, nicht ohne mir noch mal
eingeschärft zu haben, ich solle mich melden, sobald mir noch
etwas einfiele und die Haustür immer abschließen.
Als ob das etwas
nützen würde! Dennoch bedankte ich mich und schloss die
Haustür hinter ihnen sorgfältig ab.
Ich ging ins Bett,
konnte aber lange nicht schlafen. Es dämmerte bereits.
Irgendwann hörte ich mehrere Autos kommen und später auch
wieder abfahren. Das war vermutlich die Spurensicherung.
Meine Gedanken
drehten sich um den dunkelhaarigen Typ, der zum Fenster
hereingeschaut hatte. Konnte es sein, dass es sich dabei um Kjell
handelte? Ich erinnerte mich wieder an das seltsame Gespräch,
das ich vom Ruderboot aus unfreiwillig belauscht hatte. Nun war ich
mir ganz sicher, dass es sich bei dem Gespräch um die Einbrüche
gedreht hatte. Nur ob es wirklich Kjell gewesen war, den ich dort im
Gespräch mit dem anderen Mann gehört hatte, wusste ich
nicht mit Sicherheit. Der dunkelhaarige Dieb musste nicht
zwangsläufig Kjell gewesen sein. Es gibt auch in Schweden viele
dunkelhaarige Leute. Die Schweden sind nicht alle blond, allein schon
dadurch, dass es, wie in allen anderen europäischen Ländern
Einwanderer gibt, die dort leben und arbeiten. Auch die Schweden sind
ein international gemischtes Völkchen.
»Nein«,
sagte ich laut zu
Weitere Kostenlose Bücher