Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
und voller Dankbarkeit und zeugte so sehr von der schlichten Freude, am Leben zu sein, dass es dieses Mal die eigenen Augenwinkel waren, aus denen Tse Tränen fortwischen musste.
»Na, das istja schon besser«, sagte sie - etwas Besseres fiel ihr nicht ein.
»Wer sind Sie? Wo bin ich?« Er bewegte die Lippen höchst bedachtsam, als müsse ein separater Teil seines Gehirns erst jede einzelne Silbe konstruieren und bestätigen, ehe er sie zu artikulieren versuchte.
»Sie sind im Goldman Memorial Hospital, Südpazifische Region. Ich bin Ihre Krankenschwester, Irene Tse.«
»Ich würde Ihnenja die Hand geben, Irene, aber Sie wollen ja, dass ich mich nicht überanstrenge.« Wieder lächelte er, etwas kühler als zuvor, als sei er sich der Tatsache bewusst, dass ihn in nächster Zeit viel Unbekanntes erwartete. »Ich lasse mich nicht gern herumkommandieren, aber auf Sie höre ich, glaube ich. Nicht, weil ich muss, sondern weil es mir gefällt.« Ihrer Ermahnung zum Trotz hob er wieder den Kopf und behielt ihn diesmal länger oben. Mitjeder Bewegung, jedem Wort, schien er kräftiger zu werden, nicht schwächer. »Sie haben gesagt, ›südpazifische Region‹. Bin ich auf der Erde?«
Sie beschloss, die offensichtliche Antwort auf seine Frage unausgesprochen zu lassen und sah stattdessen flüchtig zu den Anzeigen der medizinischen Geräte, in der Hoffnung, dies möglichst unauffällig zu tun.
Mallory ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Wie lange habe ich geschlafen?« Seine Augenbrauen sahen so aus, als wollten sie sich miteinander verknoten. »Sie müssen mich bewusstlos geschlagen haben, um mich hierher schaffen zu können.«
»Niemand hat Sie bewusstlos geschlagen. Sie sind in einem komatösen Zustand zur Erde gebracht und hier eingeliefert worden.« Reflexiv legte sie ihm die Hand auf den Unterarm. »Den heutigen Morgen mitgerechnet, sind Sie schon vierunddreißig Tage in unserer Klinik.«
»Vierunddreißig …?« Mallory ließ sich ins Kissen zurücksinken und starrte schwermütig an die Zimmerdecke. »Nicht geschlafen. Im Koma.«
Tse nickte ernst.
»Und ich bin nicht ein einziges Mal aufgewacht? Ich meine, fallsja, erinnere ich mich nicht daran, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass ich die ganze Zeit über bewusstlos gewesen sein soll. Ich fühle mich, als wäre ich nicht länger als einen oder zwei Tage weggetreten gewesen.«
»Der Verstand kann dem Körper seltsame Streiche spielen.« Sie lächelte beruhigend. »Manchmal rächt sich der Körper dafür.«
Tse war sich der Mikrofone bewusst, die mit Bedacht überall im Raum angebracht worden waren, und sie wusste auch genau, dass jedes einzelne Wort und jede Regung von einer Vielzahl von Geräten überwacht und aufgezeichnet wurden. Dafür schämte sie sich. Was immer der Mann durchgemacht hatte, er hatte ein Recht auf seine Privatsphäre. Tse wusste, vielleicht würde er sie niemals zurückbekommen. Hier standen Dinge auf dem Spiel, die weit bedeutender waren als die persönlichen Bedürfnisse eines einzelnen Mannes.
»Wer hat mich gefunden?«, fragte er, doch Tse hatte den Eindruck, als sei er mit seinen Gedanken woanders. Er hatte die Frage beinahe abwesend gestellt.
»Ich weiß es nicht.« Ehe sie weiterreden konnte, begann der Rekorder an ihrem Gürtel zu vibrieren. Sie nahm ihn in die Hand und stellte fest, dass jemand ihr Informationen aufs Display geschickt hatte. »Ein Volk mit dem Namen UnopPatha. Eine kleine Spezies, über die wir nicht viel mehr wissen, als dass sie schüchtern und harmlos ist. Sie waren zufällig an der richtigen Stelle, um das Signal Ihres Schiffs auffangen zu können.« Als Nächstes stand eine Reihe von Fragen auf dem Display. Tse beschloss, nur die erste davon zu stellen, und steckte den Rekorder entschlossen in seinen Halter an ihrem Gürtel zurück. »Ich habe gehört, dass das Schiff, in dem man Sie gefunden hat, völlig veraltet und in keinem besonders guten Zustand war.«
Er lachte zur Antwort, ein gutes Zeichen. Dann begann er zu husten, was wiederum kein gutes Zeichen war. Außerstande, die Hand zum Mund zu führen, ließ er sich von Tse den Trinkschlauch zwischen die Lippen stecken. Als sie merkte, dass er genug getrunken hatte, zog sie ihm den Schlauch wieder sanft aus dem Mund.
»Das reicht fürs Erste. Sie sind ziemlich lange durch Dermalinfusionen ernährt worden und wollen Ihren Körper doch nichtjetzt schon mit zu viel echtem Essen und Trinken schocken, oder?«
»Doch das will ich«, erwiderte
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