Klappohrkatze auf Reisen
das die falsche Entscheidung.
Wir bereiteten uns auf diesen Ausflug nicht anders vor als sonst, also fragen Sie mich nicht, wie um alles in der Welt mein Kater wissen konnte, dass er nicht mit auf diese Reise kam – aber er wusste es definitiv, unbestreitbar, hundertprozentig, absolut. Zwei Tage vor unserer Abreise merkte ich, dass er offenbar schmollte. Wenn ich zu Janis Sachen sage wie:
»Ich glaube, Norton ist sauer, weil er nicht mit uns verreist«, versucht sie mich zum Besuch bei einem guten Psychiater zu überreden, also behalte ich solche Gedanken meist für mich. Das war dieses Mal nicht anders – ich hielt den Mund. Aber er war definitiv nicht gut drauf.
Janis flog an einem Freitag nach Memphis. Das war auch mein letzter Tag im Büro, der Tag der großen Abschiedsparty, also würde ich dableiben und mich am Samstag mit ihr treffen. Außerdem sollte ich an dem Abend mit einem der wichtigen Leute von Random House essen, dem Neffen des Firmeninhabers. Alles in allem schien es sich zu lohnen, deswegen dazubleiben.
Wir – Janis, Norton und ich – verbrachten Donnerstag die Nacht in Janis’ Wohnung. Ich wachte am frühen Freitagmorgen frisch und munter auf, servierte Norton sein Frühstück und ging mich dann duschen. Als ich herauskam, zog ich mich an, küsste meine immer noch schlafende Freundin auf den Scheitel und wollte dann meinen Kater einsammeln, um mit ihm ins Büro zu fahren. Als die Firma mir mitteilte, dass sie eine Abschiedsparty für mich schmeißen würden, machten sie mir klar, dass sie Gelegenheit haben wollten, sich auch von Norton zu verabschieden.
Ich rief ihn und wartete darauf, dass er wie üblich kam, aber es folgte keine Reaktion. Ich wartete geduldig – immer noch nichts. Ich begann einige seiner Lieblingsplätze abzusuchen – aber nirgendwo eine Scottish Fold. Dann verbrachte ich zwanzig Minuten damit, Janis’ Wohnung zu durchsuchen, und konnte keine Spur von Norton finden. Verärgert – was für ein Zeitpunkt, um sich wie eine normale Katze aufzuführen – ging ich ins Schlafzimmer, weckte Janis und sagte, ich würde Norton bei ihr lassen.
»Er versteckt sich«, sagte ich. »Ich bin sicher, er kommt raus, sobald ich gehe. Hab’ einen guten Flug; ich komme einfach zurück und hole ihn nach der Arbeit ab.«
Und damit ging ich.
Mittags rief Janis mich im Büro an.
»Ich fahre jetzt zum Flughafen«, sagte sie. »Norton ist noch nicht aufgetaucht. Ich weiß nicht, ob er noch in der Wohnung ist.«
» Natürlich ist er noch in der Wohnung«, sagte ich, leicht verärgert. »Wo soll er denn sonst sein?«
»Ich weiß nicht«, gab sie zu. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie er rausgekommen sein soll, aber ich habe gründlich nach ihm gesucht. Und ich glaube nicht, dass er hier ist.«
»Er benimmt sich nur wie eine Katze«, sagte ich zuversichtlich. »Katzen verstecken sich ständig. Wir sind es nur einfach nicht gewöhnt, dass Norton so was macht. Er wartet bestimmt auf mich, wenn ich ihn abholen komme.«
Sie gab zu, dass ich meine Katze besser kannte als sie, und brach auf nach Memphis. Ich blieb da, aß auf der Abschiedsparty Kuchen und Wein, und um etwa vier Uhr nachmittags fuhr ich wieder zu Janis’ Wohnung, um, da war ich mir sicher, einen reumütigen Norton abzuholen.
Als ich durch die Wohnungstür trat, rief ich seinen Namen. Stille. Ich versuchte es noch mal und lockte ihn mit sanften Tönen. Nichts. Zum ersten Mal, seit mein Kater und ich zusammen lebten, bekam ich ein nervöses Flattern in der Magengegend.
Ich begann, die Wohnung wirklich gründlich zu durchsuchen.
Ich guckte in die Schränke, nahm sogar Sachen heraus. Ich stieg auf Stühle und linste in die Ecken der höchsten Bücherregale. Ich kroch unter Betten. Und rief dabei alle paar Sekunden leise Nortons Namen.
Keine Katze.
Also, ich bin ein einigermaßen reifer Mensch. Ich hatte mein Maß an traumatischen Erfahrungen und Notfällen und bin mit allem, möchte ich meinen, mit gewisser Haltung und Stärke umgegangen. Ich neige nicht zu Überreaktionen, Panik oder Hysterie. Aber in dem Moment, als ich entschied, dass meine vier Kilo schwere, extrem zutrauliche, wundervoll liebe und höchst behütete Katze da draußen war, frei auf den gefährlichen Straßen von New York City, reagierte ich über. Ich geriet in Panik und wurde vollkommen hysterisch. Um das Ganze noch schlimmer zu machen, schlug gerade in dem Moment das Wetter um: Windböen, Donnergrollen, Blitze und Regengüsse entluden sich über der
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