Klappohrkatze auf Reisen
aber sie ist außerdem achtzig Jahre alt und hat leichte Hörschwierigkeiten – genauer gesagt, sie versteht kein Wort von dem, was man sagt. Es ist schwer einzuschätzen, wie aufgeregt ich war; sagen wir einfach, es grenzte an irrationalem Verhalten. Daher war ich nicht in Bestform für diese Unterhaltung, die sich im strömenden Regen, in den Ecken und Winkeln von Mrs. Flaymens Hinterhof, ereignete.
»Ohhhh, die arme Katze«, begann sie.
Ich wollte nichts von der armen Katze hören. Ich wollte hören, dass er im Warmen und Trockenen war. Also reagierte ich auf ihre Verzweiflung nur mit einem grimmigen Nicken.
»Wie alt ist er?«, wollte sie wissen.
»Acht Jahre«, sagte ich.
»Vier Wochen alt!« , kreischte sie. »O mein Gott!«
»Acht Jahre «, wiederholte ich. »Er ist acht !«
»Wie konnten Sie bloß ein vier Wochen altes Kätzchen nach draußen lassen?! Und das bei diesem Wetter!«
Normalerweise finde ich diese Art schwachsinniger Fehlkommunikation halbwegs lustig. Vielleicht sogar saukomisch. Aber während meiner verzweifelten Suche hatte ich, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, meinen Sinn für Humor völlig verloren. Also bemühte ich mich nach Kräften, sie zu ignorieren, und begann den Garten zu durchsuchen.
»Wie heißt er?«, fragte sie mich, als ich umherstreifte.
»Norton«, murmelte ich.
»Morris?!« , sagte sie.
»Norton!«, sagte ich. »Nicht Morris! Norton!«
»Morris!«, fing sie an zu rufen. »Komm her, Morris!«
»Norton«, knurrte ich. »Er heißt Norton.«
»Morris!«, schrie sie weiter. Und dann begann sie zu grummeln, wie blöd ich doch sei, ein eine Woche altes Kätzchen bei einem Hurrikan nach draußen zu lassen.
»Er heißt nicht Morris!«, schrie ich schließlich. »Er heißt Norton! Und er ist nicht eine Woche alt! Er ist nicht mal vier Wochen alt! Er ist acht!«
»Eine Woche, vier Wochen, acht Wochen«, sagte sie. »Was macht das für einen Unterschied?«
»Acht Jahre !«, brüllte ich, so laut ich nur konnte. »Acht Jahre!!!!«
»Ich glaube nicht, dass das einen Unterschied macht«, sagte sie achselzuckend. »Er ist bestimmt tot.«
Den Rest der Unterhaltung erspare ich Ihnen, ebenso eine ausführliche Beschreibung der Adern, die an meinem Hals hervortraten, und sage nur, dass meine sorgfältige Suche im Hinterhof des Wohnhauses ebenso ergebnislos verlief wie die Sucherei, die ich schon hinter mir hatte. Nirgendwo gab es eine Spur von meiner geliebten Katze.
Ich traf mich zur vereinbarten Zeit wieder mit Kathleen und Dominick in der Wohnung. Sie waren genauso nass und hatten ebenso viel Pech gehabt wie ich. Ich rief die Nummer an, unter der Janis in Memphis zu erreichen war, und hinterließ, mit einer tonlosen Stimme, die sich selbst bei positivster Interpretation bestenfalls als zombiemäßig beschreiben lässt, folgende Nachricht auf dem Anrufbeantworter ihrer Freundin:
»Hi. Ich bin’s. Immer noch keine Spur. Er ist weg. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich komme morgen nicht. Ich muss hier warten, bis er auftaucht.«
Ich glaube, ich war nicht mal in der Lage, mich zu verabschieden. Ich würgte meine Nachricht einfach mitten im Schluchzen ab und legte auf. Das war die vierte oder fünfte Nachricht, die ich ihr hinterlassen hatte.
Mittlerweile beteiligte sich der ganze Block an der Suche. Janis’ Vermieterin, Sylvia, war nach Hause gekommen, hörte unser verzweifeltes Treiben und erfuhr, was los war. Sie begann sämtliche Nachbarn anzurufen, und bald riefen diese weitere Leute an, um zu fragen, ob jemand eine Katze mit seltsamen Ohren gesehen hätte. Eine freundliche Person rief in Janis’ Wohnung an und erzählte mir, sie habe Norton definitiv gesehen. Aber als ich ein bisschen nachbohrte, stellte sich heraus, dass sie am Vortag eine streunende Katze in ihrem Hinterhof gesehen hatte. Bekümmert erklärte ich ihr, dass Norton erst an diesem Morgen abgehauen war und dass irgendein anderer armer Kerl nach dem Streuner von gestern suchte.
Es war mittlerweile halb acht Uhr abends, also war es nicht nur stürmisch, sondern es wurde auch langsam dunkel. Außerdem war es Zeit für mein Dinner mit Mr. Random House. Es gab nichts, was ich für Norton tun konnte – nicht in diesem Moment –, also gab ich mir Mühe, mich präsentabel zu machen, und brach zum Restaurant auf. Ich beschloss, nach dem Essen in Janis’ Wohnung zurückzukehren und dann den Rest der Nacht mit Warten und/oder Suchen zu verbringen.
Das Dinner war von vorne bis hinten ein
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