Klappohrkatze auf Reisen
aufmerksam, so würde ich es beschreiben. Die Moderatorin der Sendung – eine Katzenliebhaberin – kam gar nicht darüber weg, wie anbetungswürdig und intelligent er während unseres Gesprächs wirkte. Aber selbst sie war nicht vorbereitet auf Nortons Finale. Als die Sendung zu Ende ging, beschloss der Regisseur die Kamera auf Norton zu richten, während die Schlusstitel liefen. Sie wollten Kamera Drei benutzen (es war eine Drei-Kamera-Sendung wie die meisten Interviewsendungen im Fernsehen), nicht Kamera Eins, diejenige, die während der übrigen Sendung auf Norton gerichtet war. Gerade als der Countdown begann, dass gleich die Titel durchlaufen würden und wir wieder auf Sendung wären, ertönte von oben die Stimme des Regisseurs, über das Mikrofon, das ihn aus dem Regieraum mit dem Set verband:
»Glauben Sie, Sie könnten die Katze dazu bringen, dass sie in Kamera Drei guckt?«
Ohne eine Sekunde zu zögern – und ohne das leiseste Zeichen von mir – setzte sich der neueste TV -Schwarm auf meinem Schoß auf, drehte sich um hundertachtzig Grad und wandte sich direkt Kamera Drei zu. Einen Sekundenbruchteil, bevor der Countdown endete und Ton und Kamera wieder liefen, fasste der Regisseur ganz großartig zusammen, was er da sah, wiederum bei eingeschaltetem Mikrofon.
»Heilige Scheiße«, sagte er. »Diese Katze ist ein verdammtes Genie.«
Je mehr Fernsehen und Radio wir machten, desto wohler fühlte sich Norton vor Kameras und Mikrofonen. In diversen Radiosendungen versuchte ich ganz mein übliches witziges Ich zu sein, während Norton neben mir saß und sich wahrscheinlich fragte, warum er dort war, da ihn doch keiner sehen konnte und keiner ihn zum Sprechen auffordern würde. Meist rief dann der DJ mehrmals den Hörern da draußen zu:
»Ich weiß, Sie können diesen Kater nicht sehen, Ladys und Gentlemen, aber er ist wirklich unglaublich!«
In San Diego waren wir in Michael Reagans Radiosendung. Zu meiner großen Überraschung entpuppte er sich als Ronald Reagans Sohn. Ich freute mich nicht auf das Interview, denn Reagan steht in meiner Top-Five-Liste von Schurken auf derselben Stufe wie Jago, aus Shakespeares Othello , und der Jurist Roy Cohn, aber der Sohn erwies sich als total reizend und witzig. Außerdem erwies er sich als hochgradiger Katzenallergiker. Die ganze Woche vor unserem Auftritt in seiner Sendung erzählte er seinen Hörern, wie sehr er sich davor fürchtete, dieses Katzengenie zu treffen. Er hatte Angst, das gesamte Interview hindurch niesen zu müssen. Natürlich gelang Norton auch in diesem wie in jedem Fall das Unerwartete. Reagan reagierte nicht nur nicht allergisch, sondern streichelte ihn schließlich sogar und erklärte seinem Publikum, er werde sich nun auch eine Scottish Fold anschaffen.
Zu einem Buch-und-Autoren-Lunch kehrten wir dann nach L.A. zurück. Diese Lunches laufen so ab, dass eine Gruppe von Bücherfreunden, in der Regel Frauen, sich denkt, es wäre doch lustig und interessant, zwei oder drei Autoren zu einer Lesung und Diskussion über ihre neuesten Werke zusammenzubringen und dazu einen Lunch aus verkochten Gemüsen und halb rohem Huhn zu servieren. Ich wurde für diesen speziellen Lunch auserwählt; also saß ich oben auf dem Podium und sprach zu einem Haufen Frauen in Pelzmänteln, zusammen mit einer Frau, die über die emotionalen Probleme von Kindern auf der Highschool schrieb, einem Mann, der eine simple Step-by-Step-Formel hatte, die jedermann zu innerer Zufriedenheit verhalf, und einer Frau, die True-Crime-Bestseller schrieb und Vorträge über den Charakter psychopathischer Killer hielt. Es war im Grunde egal, was ich zu diesen Leuten sagte, denn Norton entschloss sich, mir die Show zu stehlen. Ich stand mit meinem schönen neuen Anzug auf (dem grauen, auf dem man all die Katzenhaare nicht so gut sah), rückte die Brille auf die Nasenspitze, gebärdete mich so professionell wie nur möglich und begann zu sprechen. Norton hatte sich währenddessen entschieden, sich direkt neben dem Podium niederzulassen, und sah nicht nur exakt so aus, als gehöre er in die Reihe der Vortragenden, sondern als sei er in Wirklichkeit mein Dolmetscher. Während ich redete, guckte er die ganze Zeit zwischen mir und dem Publikum hin und her, als wolle er sagen:
»Kommt schon, Leute, er gibt sich doch wirklich Mühe.«
Was immer ich auch machte, es funktionierte. Was die Popularität angeht, belegte ich, glaube ich, einen guten dritten Platz. Der psychopathische Killer kam auf
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