Klappohrkatze auf Reisen
Ja, stimmten sie mir zu. Das wäre eine sehr gute Idee. Ob ich zufällig ein Maßband hätte? Zufällig hatte ich eins, und nach weiteren fünfundvierzig Minuten, in denen wir die Möbel im Haus besprachen, das Wetter, die Vor- und Nachteile von Goult, einen Liefertermin für das Bett und zuletzt mehrere Tassen Kaffee getrunken hatten, gingen sie. Eine Woche danach kam das Bett, und das Problem mit Norton war gelöst. Er hatte genug Platz, um es sich bequem zu machen, und begab sich sofort wieder an seinen üblichen Schlafplatz dicht an meinem Hals und meiner Brust.
Am ersten Abend mit dem neuen Bett gingen wir zur Feier des Tages in Goult in ein Restaurant, Le Tunneau, das von Patrick, einem reizenden Typen und guten Koch, geführt wurde. Es war Nortons erster Besuch im Le Tunneau, und zur Begrüßung bekam er eine kleine Ente serviert. Er wurde als ganz normaler Gast akzeptiert. Es gab überhaupt kein Getue, auch nicht von dem Hund, der an diesem Abend dort dinierte. Im Laufe des Essens wanderte Norton ein bisschen herum (das Restaurant ist ein umgebauter cave , daher gab es jede Menge interessante Schnupper- und Kratzplätze). Ab und zu sprang er wieder auf seinen Stuhl und nahm sich ein Probierhäppchen von meinem Kaninchen oder Janis’ Huhn. Nach dem Dinner kehrten wir drei vollgestopft und völlig zufrieden nach Hause zurück und gingen schlafen. Janis wachte mitten in der Nacht in folgender Szenerie auf: Ich lag in tiefem Schlaf auf der linken Seite des Bettes; sie lag auf der rechten Seite. Exakt in der Mitte, den Kopf auf unseren beiden Kopfkissen, den Körper unter der Decke, lag unsere Scottish Fold ausgestreckt und im Tiefschlaf, dabei aber so laut schnurrend, dass Janis davon aufgewacht war.
Nachdem das Schlafarrangement geklärt war, unterschied sich Nortons Tag gar nicht so stark von unserem. Nach einem guten französischen Frühstück (was ihn anging war Dosenkaninchen der eindeutige Sieger) sonnte er sich draußen an einem seiner drei oder vier Lieblingsplätze. Meistens ging er mit uns auswärts lunchen und erforschte alles, was sich ihm bot. Je nachdem, wie hart sein Tag unserer Meinung nach gewesen war, ging er entweder mit uns essen oder blieb zu Hause wie eine normale Katze, völlig zufrieden damit, noch mehr Dosenkaninchen zu fressen und sich dann schlafen zu legen.
Norton war nie ein sonderlich geselliges Tier gewesen, jedenfalls nicht, was andere Vierbeiner anging. In New York hatte er nicht sehr viel mit Katzen zu tun (er war einmal in einen Kampf geraten – geschildert in außerordentlich dramatischer Ausführlichkeit in dem stark unterschätzten, aber bewegenden und spitzbübischen Buch Klappohrkatze –, der weder glücklich ausging noch Norton sehr viel von seiner Würde ließ), und seine Kontakte mit Hunden verliefen zwar harmlos und ohne Zwischenfälle, waren aber selten. Das alles änderte sich in der Provence.
Bei meiner letzten Zählung gab es in Goult zweiundvierzig Millionen Katzen plus/minus eine Million. Sie waren einfach überall, an allen Ecken und Enden. Keine davon schien ein Zuhause zu haben, obwohl jeder im Ort jede dieser Katzen kannte, meist namentlich. Unsere Vermieterin, Elisabeth, war eine lebenslange Katzenliebhaberin, und obwohl sie keine eigenen hatte, stellte sie immer Futter nach draußen für tous les chats Goultois . Was bedeutete, dass meistens etliche Katzen auf Futtersuche über das Grundstück streunten.
Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass Norton als ausländische Katze das Gefühl hatte, ins Revier der Katzen von Goult einzudringen, aber er verhielt sich diesen Typen gegenüber wesentlich freundlicher und entspannter, als er es gegenüber denen in Sag Harbor oder Fire Island je gewesen war. Man hörte gelegentlich ein Fauchen oder das unverkennbare Geschrei eines Katzenkampfes, und häufig versuchte er sich als harter Kerl aufzuspielen (meist dann, wenn er sicher im Haus war und wusste, dass alle Türen und Fenster zum Garten geschlossen waren), aber im Großen und Ganzen schien Norton die französische Lebensart des que será, será zu akzeptieren und schloss sogar ein paar Freundschaften.
Einer seiner engeren Freunde war ein komplett schwarzer Kater, dessen Name, wie wir erfuhren, Othello war. Wir erfuhren nie, wer Othellos Besitzer war, aber Othellos Verhalten passte zu seinem königlichen Namen. Er stolzierte im ganzen Ort umher, sein Lieblingsplatz war aber eine Bank, die auf einem kleinen Rasendreieck stand – einem ganz winzigen
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