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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Gethers
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macht es sich dort für die Nacht bequem (oder bis Madame Maurice ihn erwischt und wegscheucht, wobei sie ihn anschreit, die Gäste in Ruhe zu lassen). Die Hunde und die Katze kommen großartig miteinander aus und pendeln alle ganz mühelos zwischen Wildtier und Haustier hin und her. Es kursiert im Ort eine berühmte Geschichte über den Irischen Setter, der mehr als die anderen zum Streunen neigt. Man sah ihn eines Tages im Städtchen Apt, das gut elf oder zwölf Kilometer von der Auberge entfernt liegt. Als er auf seinem selbstbewussten Gang durch die Stadt erkannt wurde, konnte ein besorgter Freund ihn überreden, zu ihm in den Wagen zu springen, und er brachte ihn in die Auberge zurück, wo man ihn verdächtigt, regelmäßig solche längeren Touren zu unternehmen.
    Als wir Norton das erste Mal mitbrachten, um ihm die Gang in der Auberge vorzustellen, wurde er von allen Beteiligten herzlich willkommen geheißen und passte sich an, als wäre er für das französische Gebirgsleben geschaffen. Er genoss etliche Dinner dort oben, und Menschen, Hunde und Katze freuten sich jedes Mal, ihn zu sehen. Wenn das Restaurant nicht allzu voll war, durfte er einen eigenen Stuhl haben. Wenn es sehr voll war – und das war meist der Fall –, saß er entweder auf meinem Schoß oder suchte sich eine nette Stelle auf dem Tisch, wo er sich niederließ. Wenn wir einen Fensterplatz hatten, war er außerdem mehr als zufrieden, ganz gemütlich auf der steinernen Fensterbank zu dinieren.
    Das Essen in der Auberge de la Loube ist die Freude jeder Katze wie auch jedes geistig normalen Menschen, denn es ist köstlich und rundum befriedigend. Außerdem machen sie etwas, das in Frankreich sehr verbreitet ist, sie nehmen nämlich dem Gast die Qual der Wahl ab; indem sie im Grunde für ihn bestellen. Wenn man sich in der Auberge de la Loube hinsetzt, bekommt man ein riesiges Tablett mit provenzalischen Vorspeisen vorgesetzt. Auf dem Tablett stehen kleine Teller voller regionaler Köstlichkeiten. Eine typische Auswahl besteht aus Zwiebelkonfitüre, winzigen Wachteleiern, der besten tapenade , die es je gab, karamellisierten Karotten, Kaninchenpastete, einem sehr knoblauchhaltigen Joghurt, anchois und eingelegten Gurken. Dazu bekommt man einen Korb mit französischem Brot. Es wird vor unseren Augen mit einem antiken Brotschneider zerteilt, der starke Ähnlichkeit mit der Guillotine hat, die Marie Antoinette den Kopf abschlug und wahrscheinlich noch zahlreichen anderen Kuchenessern.
    Sobald man satt ist, muss man nur noch seine Wahl aus den guten, preiswerten, überwiegend regionalen Weinen und vier oder fünf Möglichkeiten für den Hauptgang treffen. Im Herbst und Winter hat man die Wahl zwischen sanglier , also Wildschwein (häufig als Eintopf in einer dicken, sehr dunklen Sauce, dem sogenannten civet , serviert), Kaninchen (ab und zu auf ähnliche Art als Eintopf zubereitet, manchmal als Braten), gefülltem oder geschmortem Kalbfleisch und bisweilen einem Fisch, meist Lachs oder Lotte. Im Frühling und Sommer stehen meist dieselben Grundzutaten zur Auswahl, nur in etwas leichterer Zubereitung. Seltsamerweise wird in den Restaurants der Provence selten Huhn angeboten, da dies historisch als Arme-Leute-Essen gilt.
    Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen, aber wenn man in Südfrankreich lebt, wird das Essen zur totalen Obsession. Wir bekamen Anrufe von Freunden aus Amerika, die sich fragten, ob wir den Verstand verloren hätten, weil sie gerade einen dreiseitigen Brief von uns bekommen hatten, in dem es um nichts anderes ging als eine einzige üppige, köstliche Tomate, die wir auf dem Markt gekauft hatten. Das ging so weit, dass die Leute tägliche Faxe von uns erwarteten, um zu hören, was wir am Vorabend zum Dinner gegessen hatten.
    Es dauerte nicht lange, bis wir alle – ich, Janis und Norton – uns dieser Obsession ergaben und nie wieder von ihr lassen wollten. Als wir einige Monate dort waren, machte uns eine ältere Französin, die eines Abends für uns kochte, das ultimative Kompliment. Während wir ihren saftigen Lammbraten aßen, sprachen wir über andere großartige Mahlzeiten, die wir seit unserer Ankunft in Europa genossen hatten. Wir kauten ihre Röstkartoffeln und sprachen dabei über ein Nudelgericht, das wir in der Toskana gegessen hatten, verschlangen ihre weißen Bohnen in vinaigre und priesen dabei die Vorzüge einer Bouillabaisse, die wir in Marseille gelöffelt hatten und stöhnten genussvoll über ihrer tarte aux

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