Klappohrkatze auf Reisen
nannten wir ihn bei uns: Unser Tarte-Typ) gab es einen Kambodschaner, der das köstlichste poulet rôti machte, das je gebraten wurde. In Kambodscha war er Anwalt, durfte aber in Frankreich nicht praktizieren und machte deshalb perfekte Brathühner. Es gab einen jungen Algerier, der aggressiv fässerweise unglaubliche tapenade und anchois verkaufte (Oliven- und Sardellenpaste). Außerdem gab es eine alte, hexenhafte Frau, der mindestens zwei Drittel ihrer Zähne fehlten und die einen so kräftigen Ziegenkäse verkaufte, dass man sich nach einem kleinen Probehäppchen kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sie verkaufte ihn in kleinen, herzförmigen Käselaiben, jeweils gewürzt mit Rosmarin, Knoblauch, Schalotten oder … – hier muss ich raten, aber ich glaube, ich liege ziemlich richtig – sehr alten Socken. Wir kauften jede Woche Käse bei ihr, und ihre Produkte wurden zum Prüfstein für unsere ganzen Besucher. Es war ziemlich einfach: Jemand kam aus New York, erschöpft vom langen Flug und der Fahrt von Marseille. Wir baten ihn oder sie Platz zu nehmen und stellten ein Glas Wein aus einem benachbarten cave und einen Teller mit dem Ziegenkäse der Hexenfrau hin. Wenn sie probierten und ihn dann hungrig verschlangen, weil sie seine Erdigkeit und Kraft zu schätzen wussten, wussten wir, dass wir angenehmen Besuch hatten. Blieb den Gästen hingegen ein Stück Knoblauchkäse im Hals stecken, begannen sie zu würgen und entweder nach Wasser oder einer Knarre zu rufen, um sich zu erschießen, wussten wir, dass wir es schwer haben würden, unseren provenzalischen Geschmack und Spaß mit ihnen zu teilen.
Norton entwickelte währenddessen seinen eigenen, sehr speziellen Geschmack und Spaß, was französisches Essen anging.
Auf allen unseren Reisen vor und während unseres einjährigen Auslandsaufenthalts schien Norton das französische Katzenfutter allem anderen vorzuziehen. Seine Lieblingsmarken waren Whiskas, Gourmet und die französischen Friskies. Gourmet war die billigere Marke, eher ein Bauernkatzenfutter, aber zeitweise eindeutig befriedigend für den Katzengaumen. Das Nette an Gourmet war, dass sie es im praktischen Dreierpack verkauften. Es gab viele verschiedene Geschmacksrichtungen, und die meisten schmeckten meiner Katze. In der Kategorie Köstliche Stückchen gab es das schlichte Futter Leckerbissen aus Fleisch , das frische mit Lachs und das höchst beliebte mit Geflügelleber . In der Kategorie Beste Neben- Terrine gab es ein Überangebot von Delikatessen: Kaninchenleber (definitiv unter Nortons Top Drei), Lamm und Geflügel (mmmmmmh), Kalbsleber , Leckerbissen aus Seelachs , Dreierlei Geflügel , Geflügelleber (hier scheint sich ein gewisses Muster abzuzeichnen, allerdings bin ich nicht sicher, ob Norton je aufgefallen ist, dass es immer dieselben Grundzutaten waren, clever in so vielen unterschiedlichen Kombinationen zusammengestellt, wie sie sich diese Gourmet-Leute nur ausdenken konnten), Rindfleisch und Niere (auch ein ziemliches Lieblingsfutter), Verschiedener Fisch (keine Chance; Norton ließ sich nie dazu herab), mit Wild (Norton mochte diese Dose sehr; Janis verließ das Zimmer, sobald sie aufgemacht wurde – eine Dose voll mit allen möglichen Innereien entspricht nicht ihrer Vorstellung vom kulinarischen Himmel), Huhn und Niere (langweilig, aber eine sichere Wahl), Kaninchenleber (schon besser!), und kurz bevor wir abreisten, brachte Gourmet den nouveau Geschmack des Jahres heraus, Niere und Geflügel (bravo!). Und als ob das noch nicht ausreichte, hatten sie auch noch eine Kategorie namens La Mousse , in der es nur eine Geschmacksrichtung gab, die aber durchaus nicht zu verachten war.
Obwohl Gourmet eigentlich nicht die Crème de la Crème des französischen Katzenfutters war, hatte ich eine Schwäche für sie, weil man einem Club Gourmet beitreten konnte. Auf speziell gekennzeichneten Dosen ihres Katzenfutters gab es dazu eine Verlautbarung.
Friskies waren nicht schlecht, nach Nortons Appetit zu urteilen, und hatten den Vorteil, etwas gesünder zu sein. Na ja, okay, ich würde es nicht gerade gesundes Futter nennen, aber wenigstens gaben sie ihrer Geflügelleber noch ein wenig Gemüse hinzu. Wenn Norton die verputzt hatte, hatte ich kein ganz so schlechtes Gewissen, ihm ein Häppchen von meinem Dessert abzugeben.
Wer auch immer die kreative Kraft in der Whiskas-Küche war, auch er war ein prima chef de cuisine . Nortons liebste Dose auf ihrer Karte war die clevere Kombi Kaninchen und
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