Klappohrkatze - Wie ich vom Katzenhasser zum Dosenöffner wurde: "Wie ich vom Katzenhasser zum Dosenöffner wurde"
fand es zu teuer für einen so langen Aufenthalt, weshalb man mir eine Wohnung gemietet hatte – aber ich bestand darauf, dass sie dort wohnen sollte. Nach dem Essen begleitete ich sie zum Hotel und erzählte ihr, wie nett die Leute da immer zu Norton waren. Während ich noch redete, blieb sie auf der Straße stehen und meinte: »Ich glaube dir nicht. Das denkst du dir definitiv aus.« Entrüstet bestand ich darauf, dass ich ihr zu hundert Prozent die Wahrheit gesagt hatte. Sie wollte mir immer noch nicht glauben. Also ging ich, als wir die Lobby erreichten, zum Empfang, grinste Esther selbstbewusst an und meinte zu dem Concierge: »Guten Abend. Erinnern Sie sich an mich?«
»Natürlich«, erwiderte er. »Und wie geht es Ihrem kleinen Kater? Ist er gesund?«
»Es geht ihm sehr gut«, erklärte ich ihm.
»Bitte grüßen Sie ihn von mir«, meinte der Mann zu Esthers großem Erstaunen. »Sagen Sie ihm, er kann uns besuchen, wann immer er möchte.«
Esther glaubt mir seitdem alles.
Über die Jahre war Norton schon sechs oder sieben Mal im Tremoille, meistens dann, wenn ich mit Roman zusammenarbeitete. Unser Arbeitsalltag gestaltete sich wie folgt: Wir begannen zwischen halb elf und elf Uhr morgens, legten gegen ein Uhr eine Mittagspause ein, aßen nett und entspannt zusammen und arbeiteten dann von drei bis sieben oder acht Uhr weiter. Nach einer ein- bis zweistündigen Entspannungspause, in der wir ein Glas eiskalten polnischen Wodka tranken oder einfach ein bisschen Abstand voneinander brauchten, aßen wir dann zu Abend. Ich ging immer während der Mittagspause oder der Pause vor dem Abendessen ins Hotel, um nach Norton zu sehen und mit ihm zu spielen. Nach einer Weile wurde mir klar, dass das Spielen nicht nötig war. Norton musste nicht noch mehr bespielt werden. Fast immer, wenn ich ins Zimmer kam, war mindestens ein Zimmermädchen da, meistens zwei, die ihn streichelten, kraulten oder ihn mit irgendeinem neuen Spielzeug spielen ließen, das sie für ihn gekauft hatten. Nachdem er als Mitglied der Hotelfamilie akzeptiert worden war, durfte er sich auch während des Tages in der Lobby aufhalten (einer vom Empfang oder eines der Zimmermädchen brachte ihn zurück ins Zimmer, wenn sie das Gefühl hatten, dass es zu hektisch wurde), und ich durfte ihn immer mit in den eleganten Speisesaal nehmen, wenn ich dort aß.
An einem Tag gab es fast eine Katastrophe. Ich kam um sieben Uhr abends zu meinem täglichen Check zurück, ging unbeschwert ins Hotel und bat um meinen Zimmerschlüssel. Einer der Manager sah mich sehr ernst an und meinte: »Oh, Monsieur Gethers, Ihr kleiner Kater, er ist sehr kraank.«
Ohne ein weiteres Wort griff ich nach meinem Schlüssel und rannte die beiden Treppen hinauf in mein Zimmer. Als ich es betrat, saß ein Zimmermädchen auf dem Bett, streichelte Norton beruhigend und flüsterte ihm tröstende Worte zu. Er lag auf dem Kissen, zu einem Ball zusammengerollt. Alles in allem sah er kläglich aus – und es ging ihm eindeutig schlecht.
Das Zimmermädchen sprach kein Englisch, also bekam ich nicht viel von dem mit, was sie sagte. Ich verstand nur, dass sie am Morgen in das Zimmer gegangen war, um sauber zu machen und wie immer mit Norton zu spielen, doch er hatte nicht reagiert. Er wollte das Bett nicht verlassen, er hob den Kopf nicht, er wollte sich überhaupt nicht bewegen. Sie hatte versucht, ihm ein Pounce zu geben – ich hatte einen riesigen Vorrat mitgebracht und den Zimmermädchen gezeigt, wo ich ihn aufbewahrte – aber er rührte es nicht an. Die Lage war demnach sehr ernst.
Norton war noch nie zuvor krank gewesen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Roman war überraschend verständnisvoll, als ich ihm sagte, dass ich unser übliches Abendessen ausfallen lassen musste, um mich um eine kranke Katze zu kümmern. Er hatte Norton inzwischen auch in sein Herz geschlossen.
Norton aß nichts in dieser Nacht. Und er bewegte sich auch nicht von meinem Kissen herunter. (Ich schlief die ganze Nacht neben ihm.) Ich versicherte ihm ständig, dass alles wieder in Ordnung kommen würde, aber er war keine glückliche Katze. Wenn Ihnen irgendwann jemand erzählen will, Katzen hätten keine Gefühle, dann sagen Sie demjenigen, er soll mal eine Nacht mit einer kranken Katze verbringen. Wenn man das Wort »schwermütig« im Lexikon nachschlägt, dann würde man dort ein Bild von Norton in jener Nacht sehen. Ich beschloss, ihm vierundzwanzig Stunden zu geben, bevor ich einen französischen
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