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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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schaffen. Was übrig bleibt, lege ich auf Margots Schreibtisch. Zinzy grinst.
    Für die Mails, die Olaf mir alle Viertelstunde schickt, habe ich keine Zeit. Ich öffne sie nicht mal.
    Um halb eins wartet er vor der Kantine auf mich.
    »Du hast dich den ganzen Vormittag nicht gemeldet«, sagt er vorwurfsvoll.
    Ich gehe weiter, zum Ständer mit den Tabletts, und er folgt mir.
    »Tut mir Leid, aber ich hab ungeheuer viel zu tun, jetzt wo Renée nicht da ist. War denn was Wichtiges?« Ich stelle einen Teller auf mein Tablett und lege Besteck dazu.
    »Nein, ich wollte bloß so ein bisschen mailen«, knurrt er.
    »Entschuldige«, sage ich wieder. »Aber dafür hatte ich wirklich keine Zeit.«

    »Wollen wir heute Abend ins Kino? In den neuen Film mit Denzel Washington?«
    »Ich fürchte, ich muss Überstunden machen. Hoffentlich wird’s nicht allzu spät, aber fürs Kino bin ich dann bestimmt zu müde. Weißt du, es ist lange her, dass ich so viel zu tun hatte.«
    Er schweigt. Von der Seite sehe ich, wie er mit auffallend mürrischem Gesicht die Desserts in der Kühltheke anstarrt. Ich bin noch unschlüssig, was ich nehmen soll, da grabscht er sich ein Schälchen Pfirsichjoghurt, läuft mit seinem Tablett zur Kasse, zahlt und setzt sich dann ohne ein weiteres Wort zu seinen Kollegen.
    Ich zucke mit den Schultern, zahle ebenfalls und setze mich zu meinen Kollegen. Es herrscht gute Stimmung am Tisch. Zum ersten Mal seit langem unterhalten sie sich wieder mit mir, und manche fragen, wie es mir denn jetzt so gehe. Ich antworte, rede mit. Schließlich brauche ich sie genauso wie sie mich.
    Tessa sitzt mir gegenüber und plaudert, als wären wir seit Jahren dick befreundet.
    »Sag mal, läuft da nun was mit diesem Typen aus der EDV oder nicht?«, fragt sie auf einmal. Ihr Blick schweift zu Olafs Tisch.
    »Doch, da läuft was«, sage ich. »Ich weiß nur nicht recht, was.«
    Sie lacht. »Also nichts Ernstes. Weißt du, ich hab deshalb gefragt, weil er neulich eine Verabredung mit Renée hatte.«
    Ich blicke von meinem Käsesandwich auf. »Wie bitte?«
    »Bei ihr zu Hause«, sagt Tessa.
    Ich lege das Messer hin.
    »Sie ist schon länger in ihn verknallt, schon seit damals, als du krank warst.« Tessa reißt eine Milchtüte auf und gießt sich den Becher voll.
    »Haben sie sich damals auch schon getroffen?«

    »Nein, das nicht. Er hat sich nichts aus ihr gemacht, leider. Und dann warst du ja wieder da.«
    »Aha.«
    Tessa trinkt von ihrer Milch und sieht mich an. »Ich ahne, was du jetzt denkst. Weißt du, was er mal zu ihr gesagt hat? ›Ich steh nicht auf Frauen mit großen Nasen.‹ Und das vor allen anderen, und die wussten ganz genau, dass sie was von ihm will. Sie hat mir echt Leid getan.«
    Trotzdem funkeln ihre Augen schelmisch. Meine nicht.
    »Das hat er wirklich gesagt? Ganz schön grob.«
    »Eine große Nase hat sie schon, das stimmt«, lacht Tessa.
    Ich schüttle den Kopf. Freundschaft ist offenbar etwas sehr Relatives.
    »Warum hat er sich dann neulich mit ihr verabredet, wenn er sich nichts aus ihr macht?«, überlege ich laut.
    »Das war am Freitag letzter Woche«, sagt Tessa. »Sie hat im Büro wegen irgendeines Problems mit ihrem PC zu Hause rumgejammert. Das muss ein ganz altes Ding sein, jedenfalls hatte sie schon befürchtet, sich einen neuen kaufen zu müssen. Da kam Olaf rein und hat angeboten, sich den PC mal anzusehen. So war das.«
    »Also keine richtige Verabredung.«
    »Sie hat das schon so gesehen.«
    Gedankenverloren lasse ich den Blick durch die volle Kantine schweifen. Plötzlich fällt mir Olafs angedeutetes Geständnis vom letzten Sonntag wieder ein. Tessas Stimme verschmilzt mit den vielen anderen um mich herum; ich höre nur noch einen endlosen Strom von Worten ohne Bedeutung. Ob es wohl machbar ist, einen alten Computer so zu verdrahten, dass es Schwierigkeiten gibt? Zum Beispiel einen Zimmerbrand?
    Erst nach einer Weile merke ich, dass ich Olaf anstarre. Er sitzt ein wenig abseits von seinen Kollegen, schlingt sein
Essen hastig in sich hinein und guckt grimmig. Als würde er spüren, dass ich ihn ansehe, schaut er über die Schulter. Unsere Blicke treffen sich. Ich lächle, aber bei der Eiseskälte in seinem Blick vergeht mir das Lächeln.
    Der Bissen in meinem Mund wird zäh und zäher; ich kriege ihn nicht runter. Schließlich schiebe ich den Teller weg.
    »Was ist, wollen wir anfangen?«, schlage ich Tessa vor. »Vielleicht werden’s dann nicht so viele Überstunden.«

KAPITEL 29
    Ich bin

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