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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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wie krank man ist, sei lediglich eine Frage von Willenskraft, und daran würde es dir eben fehlen. So hat sie dich den neuen Kolleginnen geschildert. Ich war selbst dabei, also sei gewarnt.«
    Ich bin aus den Schuhen geschlüpft und sitze mit angezogenen Beinen auf dem Sofa. »Aber du glaubst mir doch?«, frage ich besorgt.
    »Klar.« Jeanine gießt mein Glas wieder voll und geht in die Küche. Während sie in einem Schränkchen kramt, redet sie weiter, jetzt etwas lauter, damit ich sie höre. »Ich kenne etliche Leute mit einem Burn-out: Du hattest doch ein Burn-out, oder?«

    Sie kommt mit einer Schale Kartoffelchips zurück und sieht mich fragend an.
    Ich nicke, weil ich glaube, dass Burn-outs, Depressionen und Nervenzusammenbrüche mehr oder weniger auf dasselbe hinauslaufen.
    Jeanine schenkt mir nach und zieht dann ebenfalls die Füße unter die Oberschenkel. »Ich versteh schon, was Renée meint: Das Burn-out-Syndrom hat sich inzwischen zu einer regelrechten Epidemie ausgewachsen. Alle Welt leidet daran, in unterschiedlicher Ausprägung, und man kann nicht feststellen, ob jemand wirklich noch nicht wieder arbeiten kann oder einfach noch eine Weile zu Hause abhängen will. Es gibt sicher Leute, die das ausnutzen, und Renée bildet sich ein, sie könnte die Diagnose selbst stellen. Wahrscheinlich hat sie in einem früheren Leben Medizin studiert. Als ich mal stark erkältet war und mich krank gemeldet habe, stand sofort einer vom Ärztlichen Kontrolldienst vor der Tür. Normalerweise schicken sie höchstens nach ein paar Tagen einen vorbei, aber nein, eine Stunde nach meinem Anruf im Büro war er schon da. Auf den dringenden Wunsch meines Chefs hin, sagte der Kerl. Und nun rate mal, wer Wouter wohl dazu angestiftet hat?«
    Ich trinke einen Schluck und gucke Jeanine verständnislos an. »Warum hat Renée dir nicht geglaubt? Erkältet ist doch jeder mal.«
    »Wahrscheinlich, weil ich vorher rumgemault habe, dass ich mir nicht mal einen einzigen Tag freinehmen kann. Ich hab mich nicht mal mehr in den Laden an der Ecke getraut, um ein Netz Orangen zu kaufen. Vor lauter Angst, was passiert, wenn wieder ein Kontrolleur klingelt, und ich bin nicht da!«
    »Voll gemein«, sage ich aus tiefstem Herzen und nehme mir eine Hand voll Chips. Irgendwie gerät mir ein ziemlich großes Stück in die Luftröhre und bleibt dort stecken. Ich
bekomme einen Hustenanfall, der mir die Tränen in die Augen treibt, aber der Chipskrümel bleibt, wo er ist.
    »Trink einen Schluck Wein«, sagt Jeanine und hält mir mein Glas hin. Aber ich muss so stark husten, dass ich würge.
    »Nun trink doch!«, ruft sie besorgt.
    Ich bedeute ihr, dass es nicht geht, aber sie hält mir das Glas weiterhin vor die Nase und drängt. »Spül’s runter!«
    Vielleicht wäre es gut, wenn sie mir auf den Rücken klopfen würde. Um ihr das klar zu machen, versuche ich es selbst. Viel zu weit unten, ich komme nicht zwischen die Schulterblätter.
    Jeanine steht auf und schlägt mir fest auf den Rücken. Viel zu fest und viel zu tief.
    Ich hebe die Hand zum Zeichen, dass sie aufhören soll, aber sie meint, ich wolle sie anspornen, und schlägt noch fester. »Soll ich den Heimlich-Griff machen? Steh auf!«, schreit sie, aber da löst sich der Krümel, und ich kriege wieder Luft. Noch immer hustend, lasse ich mich in die Sofapolster fallen, wische mir die Tränen ab und trinke einen Schluck Wein.
    »Geht’s wieder?«, fragt Jeanine besorgt. »Hab ich nicht gesagt, du sollst was trinken?«
    Ich stelle das Glas auf die Sofalehne. »Du blöde Nuss«, sage ich. »Fast hättest du mich zum Krüppel gemacht, so, wie du auf meine Wirbelsäule eingedroschen hast!«
    »Eingedroschen? Gerettet hab ich dich!«, ruft Jeanine empört.
    »Indem du erst zuguckst, wie ich ersticke, und dann rufst, ich soll Wein trinken?«
    Jeanine starrt mich sprachlos an, ich starre zurück, und dann prusten wir beide los.
    Jeanine wischt sich die Tränen ab. »Vielleicht sollte ich mal wieder einen Erste-Hilfe-Kurs machen. Bei mir im Büro suchen sie noch Freiwillige.«

    Ich schnappe mir die leere Weinflasche und deute damit auf sie: »Eine super Idee, echt, voll gut!«
    Jetzt ist das Eis endgültig gebrochen; alles ist wieder genau wie früher. Wir trinken, plaudern, lachen, lästern und trinken noch mehr. Irgendwann stehe ich auf, um zur Toilette zu gehen. Die Zimmerdecke wogt auf und ab, und ich sinke stöhnend zurück aufs Sofa.
    »Haben wir etwa zu viel getrunken?«, lalle ich.
    »Nö«,

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