Klassenziel (German Edition)
dem anderen und der wieder dem Nächsten. Ich lud Fotos und Videos von unseren Burst-Frenchies-Auftritten auf mein Profil hoch. Als Erstes guckte ich immer nach, wie viele Gefällt-mir-Klicks seit dem letzten Mal dazugekommen waren. Das machte echt gute Laune.
Dominik weigerte sich, bei Facebook mitzumachen, obwohl er doch mehrere Stunden pro Tag am Computer saß. Ich versuchte, ihn zu überreden. Natürlich auch, weil ich so stolz auf all meine Kontakte und Kommis war und vor meinem großen Bruder ein bisschen damit angeben wollte. Aber Nick hielt solche Netzwerke für Zeitverschwendung. Ich glaube, er wollte sich nicht vor mir blamieren, weil er weniger Freunde hatte als ich.
Jedes Mal, wenn ich ein neues Bild einstellte oder irgendeinen Quatsch postete, kam ein Kommentar von Billie Erkens. Anscheinend beobachtete sie ganz genau, wann ich online war. Das Foto, auf dem ich mit beiden Armen meine Gitarre hochreckte, während Till im Hintergrund wie blöde auf die Drums einprügelte, war kaum hochgeladen, da kam schon ihr Gefällt-mir-Daumen. Ein paar Minuten später stand darunter: «so geil … freu mich schon wenn ihr bei meinem bday spielt!» Und zu dem Bild, auf dem mir die Haare wild und verschwitzt ins Gesicht hingen, schrieb sie: «voll süß!», und hängte noch einen zwinkernden Smiley an.
Es war schon ziemlich offensichtlich, dass Billie ein Auge auf mich geworfen hatte, und ich kann nicht gerade behaupten, dass mich das völlig kaltließ. Es wäre ja sogar dann schmeichelhaft gewesen, wenn sie nicht zufällig das beliebteste und auf den ersten Blick hübscheste Mädchen der Klasse gewesen wäre. Außerdem tat mir die Anerkennung der Jungs gut. Manche waren auch neidisch. Ich hätte schon ein Androide sein müssen, um das nicht zu genießen.
Trotzdem hielt sich meine Begeisterung für Billie in Grenzen. Es gab einfach so ein paar Dinge an ihr, die mich misstrauisch machten. Und dann hatte ich auch immer im Hinterkopf, dass Dominik an ihr interessiert war. Er hatte zwar nicht mehr von ihr gesprochen, aber ich kriegte mit, wie er auf dem Schulhof in ihre Richtung starrte, und daran konnte ich erkennen, dass seine Billie-Phase noch nicht vorbei war.
Für mich entstanden dadurch ganz komische, zwiespältige Gefühle. Manchmal hätte ich Billie am liebsten gegen die nächstbeste Wand gedrückt und probiert, wie ihr Lipgloss schmeckte. Im nächsten Moment war ich von ihrer selbstbewussten Anmache und der Art, wie sie mit ihren Getreuen umging, total genervt. Das wechselte im Stundentakt.
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24
G ibt’s in unserer Klasse eigentlich einen Schlagzeuger? Oder einen Bassisten?», frage ich Maxi.
«Kenji spielt Bass», sagt er, offenbar erfreut, dass er mir eine positive Nachricht überbringen kann. «Der Japaner.»
Ich überlege, wen er damit meinen könnte. Mir ist nur ein asiatisches Mädchen aufgefallen, lange Haare, klein, zierlich, sehr hübsch, so ein Paradiesvogel mit feuerrot gefärbten Strähnen und jeder Menge Piercings und Silberschmuck. Ich hab sie im Deutschunterricht ziemlich lange angestarrt, weil ich gehofft hatte, sie würde sich mal zu mir umdrehen. Aber sie hat dauernd irgendwas in ihr Heft gekritzelt.
Maxi grinst und schiebt sich eine Gabel Kartoffelbrei rein. «Das ist kein Mädchen», sagt er mit vollem Mund und feiert richtig ab über mein total verblüfftes Gesicht. Ich muss mich erst mal von dem Schock erholen, bevor ich mit ihm darüber lachen kann. Anschließend will er wissen, wofür ich einen Bassisten und einen Schlagzeuger brauche, und ich erzähle ihm von der Band, die ich mal hatte. «Hm, schade», sagt er und schiebt die Unterlippe vor, «ich spiel bloß ein bisschen Klavier.»
«Na ja, ein Keyboarder kann ja auch nicht schaden», tröste ich ihn.
P lötzlich hatte Dominik dann doch einen Freund. Kein Plan, wo die beiden sich kennengelernt haben. Marek ging nicht auf unsere Schule. Eines Tages kam ich nach Hause, und da saß er gemeinsam mit Dominik vor dem PC. Er guckte meinem Bruder über die Schulter, während der einen riesigen, muskelbepackten, waffenstrotzenden Kämpfer mit ziemlich kleinem Kopf in eine rote Masse verwandelte. Der sterbende Kämpfer stieß dabei einen Schmerzensschrei aus. Marek gluckste anerkennend, und Nick lächelte still.
Wir machten uns irgendwie miteinander bekannt. Ich stellte Marek ein paar Fragen, zum Teil aus Höflichkeit und zum Teil auch, weil es mich wirklich interessierte. Er war aber nicht besonders
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