Klassenziel (German Edition)
an?»
«Du meinst wegen gestern? In der Mensa?»
Ich nicke.
«Ach, der ist eben ein Arschloch.» Maxi kickt eine Kastanie vom Gehweg. «Aber nicht das einzige an dieser Schule.»
Für einen kurzen Augenblick denke ich, er meint mich, aber er grinst mich an.
«Hast du eigentlich ’ne Freundin?», fragt er etwas später. Er weiß natürlich nicht, was er mit dieser Frage auslöst. Mein Herz fängt an zu wummern. Aber ich kann im Moment nicht ausweichen oder einfach das Thema wechseln oder so tun, als hätte ich ihn nicht gehört. Also atme ich ganz, ganz tief durch. «Ich hatte eine. Aber das ist leider … vorbei.»
«Hat sie Schluss gemacht oder du?»
Gequält kneife ich die Augen zusammen. Am liebsten würde ich einfach weglaufen, mich irgendwo verstecken und erst mal eine Runde heulen. Aber Maxi kann ja nichts dafür. «Weder noch», sage ich und füge vorsichtshalber hinzu: «Ich würd jetzt lieber nicht darüber reden. Tut mir leid.»
«Ach so, entschuldige», sagt er ganz erschrocken.
«Und du?», drehe ich schnell den Spieß rum.
Maxi lacht freudlos. «Hast du mich schon mal angeguckt?»
«Es geht doch nicht nur ums Aussehen.»
«Nee? Um was denn dann?»
Darauf fällt mir keine Antwort ein. Wir biegen um eine Ecke, und vor uns taucht der Imbiss auf. Es riecht nach Frittierfett und Döner.
A bends rief ich meinen Vater an und jammerte ihm was vor. «Sprich du doch mal mit Nick», sagte ich. «Der stellt sich bestimmt bloß so an, weil er von dir überredet werden will.» Mein Vater war einverstanden, und ich brachte das Telefon hoch. Zuerst wollte Dominik es nicht mal annehmen. Er stellte sich wirklich an wie eine Diva. Wir hätten uns fast geprügelt. Dann hatte ich ihn endlich so weit, und er ging raus, als wäre sein Gespräch mit Papa ein Staatsgeheimnis. Ich hatte es echt nur mit Bekloppten zu tun.
Als er wiederkam, drängte ich: «Und? Was ist jetzt?»
«Weiß ich noch nicht. Ich überleg’s mir noch mal.»
Ich verdrehte die Augen und seufzte laut. Wie konnte ein Mensch so dermaßen kompliziert sein? Was gab es denn da überhaupt zu überlegen? Neunzig Prozent der Leute in meiner Klasse hätten ihre iPods dafür gegeben, sechs Wochen nach Berlin zu dürfen!
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M axi meint, die Hähnchen wären hier besonders gut, aber ich esse aus bekannten Gründen kein Hähnchen mehr und nehme lieber eine Currywurst mit Pommes. Vor dem Imbiss stehen ein paar Klapptische und Stühle, da setzen wir uns mit unseren fettigen Pappschalen hin und stochern mit winzigen bunten Plastikgäbelchen in unserem Essen rum. Wenn was runterfällt, kommen sofort ein paar Spatzen, um es sich zu holen. Was denen zu groß ist, picken die Tauben auf.
Wir sitzen direkt neben dem Eingang zu einer U-Bahn-Station. Wenn eine Bahn einfährt, bebt der Boden unter unseren Füßen, und kurz darauf kommen Menschenmassen die Treppe hochgeströmt und verteilen sich dann in alle Richtungen. «Wo fährt die denn hin?», frage ich.
«Och, überall», meint Maxi. «In diese Richtung: zum Olympiastadion.» Er zeigt über meine Schulter hinweg. «Und in diese Richtung: zum Zoo, zum Potsdamer Platz, zum Alex, nach Prenzlauer Berg.» Dabei deutet er hinter sich. Ich schweige beeindruckt. Bisher hab ich kaum was gesehen von Berlin, aber vielleicht sollte ich mich einfach mal in die U-Bahn setzen und auf gut Glück losfahren!
S o kurz vor den Ferien passierte in der Schule nicht mehr allzu viel. Alle Tests und Klausuren waren geschrieben, die Zeugnisnoten standen praktisch fest, wir mussten nur noch die letzten Tage bis zu den Ferien irgendwie rumkriegen. Die meisten Lehrer hatten keine Lust mehr, genau wie die Schüler. Statt Unterricht stand meistens Frühstück auf dem Programm.
Am Dienstag war unser Burst-Frenchies-Gig auf dem Schulhof. So gut waren wir noch nie gewesen. Vor uns wippte die Menge im Takt, reckte die Arme hoch und stieß schrille Pfiffe aus. Von den drei Schulbands kriegten wir mit Abstand am meisten Beifall. Und mein Musiklehrer umarmte uns alle drei, als wir fertig waren, was für Lehrer nicht unbedingt Standard ist.
Ich glaube, das war einer der schönsten Tage in meinem Leben. Nach dem Konzert lief ich mit Melody im Arm über den Schulhof, überall riefen mir Schüler irgendwelche anerkennenden Kommentare zu, am Kuchenstand konnte ich mir kostenlos aussuchen, was ich wollte, und überhaupt ist man ja am letzten Schultag sowieso meistens gut drauf, jedenfalls wenn man kein allzu
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