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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Wegberg
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zur Gruppe der Alkalimetalle?», fragt er dann.
    Uff. Keine Ahnung. Haben wir noch nicht gehabt. Da schiebt Lennox mir fast unmerklich das Buch hin und legt ganz beiläufig seinen Finger unter eine bestimmte Spalte der Periodentabelle. Ich präge mir mit einem kurzen Blick die ersten Wörter ein und sehe sofort wieder hoch. «Ähm … Lithium, Caesium … Natrium …», sage ich langsam, als müsste ich in meinem Gedächtnis rumkramen. Der Sonntag hebt die Hand. «Schön. Und welche noch? Jacqueline.» Jacqueline hat keinen Schimmer, aber ihr hilft Lennox nicht.

    E rst kriegte ich gar nicht mit, dass Dominik eine komische Strecke fuhr. Und als ich das dann schnallte, waren wir schon fast aus der Stadt raus. Ich klopfte ihm auf die Schulter, um anzukündigen, dass ich was sagen wollte, und schrie gegen den Mopedlärm an: «Wo willst du denn hin?»
    «Dir was zeigen!»
    «Mann, ich muss um elf zu Hause sein!»
    «Ja, ja, ist schon okay!»
    «Nee, ist es nicht! Wir haben gleich halb zwölf!»
    «Hey, entspann dich einfach, ja?»
    Das musste ich ja wohl, wenn ich nicht in voller Fahrt vom Moped springen wollte. Trotzdem war ich ziemlich wütend. Wahrscheinlich war Nick gar nicht von meiner Mutter geschickt worden, sondern verfolgte irgendwelche eigenen Pläne. Und ich würde dann nachher wieder vollgewaffelt, weil ich viel zu spät nach Hause kam.

[zur Inhaltsübersicht]
    64
    W ir sollen Wasserproben auf Chloridionen untersuchen, jeweils eine pro Vierertisch. Dabei rasseln Jacqueline und Lennox kräftig aneinander. Die ist ganz schön zickig. Es muss genau nach ihrem Kopf gehen, sie will das Kommando führen. Klar, dass Lennox das nicht mitmacht. Wenn ich nicht der Neue wäre, würde ich ihr wahrscheinlich auch den Mittelfinger zeigen, aber ich halte mich lieber ein bisschen raus. Am Ende machen Ann-Kathrin und ich die Arbeit praktisch alleine, und die anderen beiden fetzen sich wie die Meerschweinchen.
    Dagegen ist die anschließende Physikstunde schon fast Erholung. Der Lehrer heißt Schwielow und ist ein gemütlicher Typ mit trockenem Humor. Er erzählt uns was über Wärmelehre. In der Klasse herrscht mittlerweile eine ziemlich aufgedrehte Stimmung, vielleicht, weil es so ein langer Schultag ist oder weil man merkt, dass der Schwielow nicht alles ganz bierernst nimmt. Er holt Kenji nach vorne, der etwas an die Tafel zeichnen und ein paar Fragen beantworten soll.
    Kenji tut so, als würden die ganzen Fragen über Wärme ihn ins Schwitzen bringen. Er zieht sein Halstuch aus und tupft sich das Gesicht damit ab. Er zieht seine Jacke aus. Er legt unter allgemeinem Gejohle seine schwarze Zipper-Weste ab. Und dann fängt er an, sein weißes Hemd aufzuknöpfen. Die Mädchen kreischen, die Jungs trampeln auf den Boden und grölen, und der Schwielow grinst in sich rein.
    «Danke, das reicht», sagt er glucksend. «Kannst dich wieder einpacken und setzen.» Kenji macht unter allgemeinem Beifall eine zierliche Verbeugung, genießt noch zwei Sekunden lang die Aufmerksamkeit und sammelt dann ganz brav seine Klamotten zusammen, um an seinen Platz zurückzukehren. Ich bin mir absolut sicher, dass ich den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik nie mehr vergessen werde.

    W ir waren jetzt auf der Kaldenkirchener Straße stadtauswärts. Dann bog Nick irgendwo links ab. Ich kannte mich hier überhaupt nicht mehr aus. Wir fuhren durch ein Industriegebiet, wo es um diese Uhrzeit aussah wie auf dem Mars nach der Sperrstunde. Kein Schwein war auf der Straße unterwegs.
    Da, wo die Zivilisation endgültig in freies Feld überging, hielt Nick endlich an. Ich sprang vom Moped runter wie von einem elektrischen Stuhl und fing sofort an zu blöken. «Was soll das denn hier? Du bist echt krank im Kopf! Fahr mich sofort nach Hause, Mann! Ich mein’s ernst!»
    Nick nahm in aller Ruhe seinen Helm ab. Er zog den Zündschlüssel raus und steckte ihn in seine Hosentasche. Dann setzte er sich auf einen Stapel Betonplatten und klopfte auf die Fläche neben sich. Ich hatte aber viel zu viel Wut im Arsch, um mich hinzusetzen. «Sag mal, checkst du’s nicht? Ich will nach Hause!»
    «Nee. Willst du nicht.»
    Dominiks Gelassenheit machte mich rasend. Und die Tatsache, dass ich ihm praktisch ausgeliefert war, noch viel mehr. Ich fühle mich wohler, wenn ich die Kontrolle habe.
    Das war wirklich eine gottverlassene Gegend hier. Stockdunkel, einsam und öde. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse, um so was wie einen Fluchtweg zu finden, und konnte beim

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