Klatschmohn
wo man an der Uni kurz vor Abgabe einer Hausarbeit Tage und Nächte durcharbeitete, sich mit Kaffee und Cola wach hielt und immer wieder von hysterischen Lachanfällen heimgesucht wurde. Wenn man spät abends lachen muss, weil der andere sich aus Versehen mit Kuli angemalt hat, weiß man, dass die gesunde Arbeitszeit lange überschritten ist.
Max musste schon länger auf den Beinen sein, denn er hatte Croissants und den obligatorischen Kaffee mitgebracht. Und wenn ich Kaffee sage, meine ich Kaffee und nicht »so ’ne Plörre«.
»Na, Pia. Wieder fleißig? Alles klar? Was macht der Star? Sitzt sicher noch zu Hause und kann sich nicht vom Spiegel losreißen«, stänkerte Max.
Ich lächelte milde, an seine Sticheleien war ich gewöhnt. Ich begann zu schreiben und merkte gar nicht, wie schnell der Vormittag verging. Mir fiel die Reinigung ein. Ich hatte Leander versprochen, die Sachen gleich abzuholen. Also würde ich meine Mittagspause dafür nutzen; da konnte ich gleich noch bei der Bank vorbei.
In der Stadt war um diese Uhrzeit die Hölle los. Ein Gedränge und Gerempel, was war ich froh, als ich endlich seine Hemden hatte! Da mich der Hunger plagte, beschloss ich einen Abstecher ins Itu zu machen, einer guten und vor allem nicht teuren Sushibar, die Take-away-Menüs anbot.
Als ich um die Ecke zum Itu bog, sah ich Leander von weitem. Das war ja witzig! Zwei Menschen, ein Gedanke. Auch er mochte das Itu sehr gerne. Ich winkte, aber er sah mich nicht.
Gerade wollte ich Leander rufen, als ich erkannte, dass er nicht alleine war.
Ich konnte die Begleitung aus der Ferne nicht erkennen, außerdem hatte sie mir den Rücken zugewandt. Der Arme traf sich sicher mit der Journalistin, die heute Morgen angerufen hatte. Wie ich Leander kannte, nutzte er die Gelegenheit, um wenigstens lecker essen zu gehen. Ob es wohl störte, wenn ich mich kurz vorstellte?
In diesem Moment drehte sich seine Begleitung um, und mir war schlagartig klar, dass ich mich nicht mehr vorstellen musste.
Es war Witta!
Einen Moment lang überkam mich ein Schwindelgefühl, dann besann ich mich auf meinen Verstand.
»Ganz ruhig! Entweder haben sie sich rein zufällig getroffen oder es hat mit meinem Geburtstag zu tun«, sprach ich mir Mut zu.
»Jetzt nur nicht ausflippen und zur Zicke mutieren, um hinterher, wenn sich alles als harmlos herausstellt, als stutenbissig dazustehen.«
Diese Genugtuung würde ich Witta nicht gönnen. Ich beschloss, den beiden unauffällig zu folgen. Beobachtung konnte nicht schaden. Wie pflegte mein Mathelehrer Lenin zu zitieren: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.«
Sie setzten sich einträchtig Richtung Einkaufspassage in Bewegung. Aha, also doch ein Geburtstagsgeschenk für mich. Bestimmt hatte Witta sich angeboten, Leander bei der Auswahl des passenden Geschenkes behilflich zu sein. Dass er aber immer noch nicht begriffen hatte, wie ich zu Witta stand, war mir ein Rätsel.
Warum um alles in der Welt fragte er nicht Katharina oder Lilli!
Die beiden bogen um die Ecke - ich hinterher; ich konnte Wittas affektierte Bewegungen sehen. Sie warf ihren Kopf beim Lachen in den Nacken, natürlich nur, um ihre Südseehaare besser in Szene zu setzten. Kannte man doch alle, diese Tricks!
Vor einigen Geschäften blieb sie stehen, gestikulierte wild und zeigte auf ein Paar Gucci-Schuhe. Doch Leander ging unbeirrt weiter, bis beide vor einem Geschäft stehen blieben. Ich musste mich näher heranpirschen, doch dann sah ich, wohin es Leander gezogen hatte. Zu Tiffanys! Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Natürlich! Wieso war ich darauf nicht eher gekommen! Eine Überraschung würde ich bekommen, hatte er gesagt.
Er wollte um meine Hand anhalten und Witta-Schnepfe sollte ihm bei der Auswahl des Ringes behilflich sein. Was Sinn machte, denn weder Katharina noch Lilli wären in der Lage, so ein Geheimnis für sich zu behalten.
Aus sicherer Distanz beobachtete ich, wie die beiden den Laden betraten, sich tatsächlich einige Ringe zeigen ließen, die Witta anprobieren musste.
Sie strahlte, als ob sie vergessen hätte, dass es sich nicht um ihre Verlobung handelte. Leander schien gefunden zu haben, was er wollte, bezahlte den Ring und verließ lächelnd Tiffanys mit Witta im Schlepptau.
Langsam mussten sich ihre Wege trennen. Doch sie liefen unbeirrt weiter, als ob sie noch eine Besorgung machen müssten. Sie entfernten sich aus der Innenstadt und bogen in eine Seitenstraße, unbemerkt verfolgt von
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