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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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und behauptet anschließend über die Kombination, was euch dazu in den Sinn kommt. Das hat mich an Nietzsche schon immer geärgert. Alles freie Kombination, aber mit einem Anspruch,mit einem Anspruch, sage ich dir! Pareith hörte dem Gespräch zwischen diesem Saverio und Klein, welches offenbar von metaphysischen Fragen (Nietzsche!) handelte, höchst interessiert zu, denn metaphysische Fragen begeisterten den Maler ganz besonders. Ich beschäftige mich auch mit diesen Fragen, sagte er und betrachtete demonstrativ seinen Stumpen. Saverio und Klein schauten ihn an. Doch, gewiß, sagte Pareith. Das Sein, die Bewegung, oder die Frage: Ist das alles gleich und eins, oder ist es doch nicht gleich und eins, dieses alles, das seien Fragen, die er auch in seiner Kunst transportiere, oder zumindest versuche er sie in seiner Kunst zu transportieren, er habe nämlich den Kunstanspruch, daß auch solche Fragen transportiert gehörten. Oder ihn interessiere zum Beispiel die Frage: Ob sich letzten Endes alles widerspreche oder doch nicht widerspreche. Klein schaute Pareith entgeistert an. Dann sprach er weiter. Pareith hörte dem nun folgenden Gespräch über Metaphysik und Nietzsche und Dialektik etcetera völlig gebannt zu, obgleich er kein Wort verstand, er wußte nämlich nicht einmal, wovon die beiden überhaupt sprachen, und vor allem wußte er nicht, was das alles mit Nietzsche zu tun hatte. Saverio, zu Klein: Das habe er vorhin die ganze Zeit genau sagen wollen, aber er habe ihn nicht verstehen wollen. Nietzsche hat nicht Dinge beschrieben. Nietzsche hat sie hergeleitet. Er unterscheidet, an diesem Punkt der Kultur, zwischen der neuen, bewußten Kultur, die die Erde als Ganzes ökonomisch verwaltet , und der altenKultur, wo die Menschen durch ihre Notdurft bestimmt waren, wo die Notdurft ihnen die jeweilige Grenze setzte, wie sie den Tieren und den Pflanzen die Grenze setzt, und also nennt er diese alte Kultur ein bloßes Tier- und Pflanzenleben. Klein: Diese Tier- und Pflanzenlebenkultur sei ihm aber bedeutend lieber. Man kann die Erde nicht ökonomisch verwalten, soviel Komplexität verträgt kein System, und vor allem kein Mensch. Das gibt Mord und Totschlag. Saverio: Aber genau das meine er doch die ganze Zeit. Nietzsche sage nicht, so und so sei es gut und so und so sei es schlecht und man müsse das und das tun, sondern er sehe eine neue historische Stufe. Die komme einfach, die hänge vom Willen des einzelnen in keiner Weise ab, und die Frage, ob sie, die neue Stufe, besser oder schlechter oder gut oder böse oder funktionierend beziehungsweise nicht funktionierend sei, die stellt sich überhaupt nicht. Genausogut könnte ein Meteor auf die Erde schlagen. Nietzsche beschreibt nur, wie dieser Meteor einschlägt, sonst nichts. Klein machte eine wegwischende Bewegung mit beiden Händen. Er setze auf das Individuum. Dann sei er eben historisch veraltet. Aber er setze auf das Individuum. Nur es kann das Maß aller Dinge sein, aber keine Ökonomie. Saverio: Der Mensch aber ist seine Ökonomie. Sein Maß aller Dinge ist die Ökonomie. Das hat nur noch niemand richtig begriffen. Man kann zwischen Mensch und Ökonomie keinen Unterschied machen, er ist immer künstlich, dieser Unterschied etcetera . Nun gesellten sich andere Personen andie Tische. Ein Deutscher mit Namen Badowsky war schon etwa seit einer Viertelstunde im Keller , er hatte zunächst kurz bei Auer gesessen, dann war er wieder aufgestanden, war hinausgegangen, nur um nach wenigen Augenblicken mit einer Zigarette im Mund wieder hereinzukommen, und nun stand er in der Nähe des Professors und musterte diesen und seinen Anzug und vor allem seine Krawatte mit verachtungsvollen Blicken. Dieser Deutsche namens Badowsky war schon seit einigen Tagen in Klausen, er war neuerdings überall anzutreffen, aber es wußte niemand so recht, was er überhaupt in Klausen machte. Er hatte mit Auer Bekanntschaft geschlossen, das heißt, sie tranken gemeinsam tagein, tagaus und bettelten dafür die Leute in den Wirtschaften an. Badowsky war unrasiert, hatte lange und schmierige Haare und trug ein kariertes Hemd, das nur nachlässig zugeknöpft war. Er trug dieses Hemd, seitdem er in Klausen war, er hatte offenbar kein anderes. Und er war sehr braun, offenbar verbrachte er viel Zeit unter freiem Himmel, mit Bierkästen und Schnapsflaschen auf irgendwelchen Wiesen liegend oder dergleichen. Auer freundete sich seit einiger Zeit immer mit solchen Leuten an, auf der Ploderburg in Brixen

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