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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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ganz abgesehen vom Staudamm, der sei natürlich auch nicht da. Im übrigen habe er dem Eisack eine grüne Böschung gemalt. Pareith starrte ihn entgeistert an. Er verstand kein Wort. Was hatten sie denn gegen eine grüne Böschung? Auer und Sonja begannen sich zuzufeixen. Sie amüsierten sich jetzt über dieses und jenes Detail der Stadtansicht Klausens , und sie behaupteten Pareith gegenüber, daß die gesamte Intelligenz des Eisacktals sich über das Bild totlache, allerdings beneideten alle anderen Städte Klausen natürlich um dieses Bild, denn es sei Gold wert. Auer: Pareith habe ja sogar die Sporthalle ihrer alten Schule weggelassen, einfach weggelassen, statt dessen stünden dort nun ein paar Apfelbäume (natürlich in voller Blüte). Aber liebe Leute, sagte Pareith, das hat alles einen künstlerischen Grund. Auer: Alles hat bei dir einen künstlerischen Grund. Pareith: Und der Grund ist natürlich, daß aus dem gewählten Blickwinkel die Halle viel zu groß im Vordergrund emporragen würde. Sie würde viel zu viel beherrschen, diese Halle. Bäume sind da besser, man sehe es doch am Ergebnis … Auch Moreth hieb sich nun vor Lachen auf die Schenkel und rief, Pareith gönne den Klausner Kindern also nicht einmal ihre Turnhalle, das sei ja kurios … allerdings sei ihm das noch gar nicht aufgefallen; er müsse sich dieses Bild doch mal näher anschauen. Auer: Das also ist der Grund, warum dieser Schinken angenommen wurde, weil nämlich dein Bild mit Klausen genausoviel zu tun hat wie der Speck aus den Speckwerkenmit dem Südtiroler Speck, nämlich gar nichts. Aber es verkauft sich ideal. Pareith stand auf und lief herum. Er hielt jetzt alle im Raum Anwesenden für neidisch. Er behauptete nun sogar, er sei Patriot, er liebe seine Stadt und habe das Bild deshalb so gemalt, es sei das wahre Klausen, das Klausen seines Herzens, aber nach einer Weile beruhigte er sich, saß wieder an seinem Platz mit einer neuen Zigarre zwischen den dikken Fingern und sprach erneut von der Kunst und den hohen Ansprüchen an dieselbe. Nach einer Weile kamen noch weitere Personen herein, unter anderem ein Deutscher Mitte fünfzig und ein schlanker, sportlicher Italiener, der vielleicht zwanzig Jahre jünger als der andere war. Auch Paolucci erschien. Der Deutsche und der Italiener befanden sich gerade im Gespräch, der jüngere erläuterte dem älteren etwas, dieser wirkte demoralisiert, rieb sich mehrfach die Schläfen und schaute seinen jüngeren Unterredner hilflos an. Beide unterhielten sich sowohl auf italienisch als auch auf deutsch. Der junge Mann, offenbar ein Florentiner, redete wie bei einer Kanonade auf den anderen ein, für Gasser ergab sich zunächst zwar kein Zusammenhang, aber er hörte immer wieder solche Worte wie Maximen und Parameter , sie redeten insgesamt in einem wissenschaftlichen Jargon, und der junge Mann hieb dem anderen sogar mehrfach auf die Schulter, worauf dieser noch mehr zusammensackte und um so demoralisierter wirkte. Gasser kannte beide nicht. Pareith erhob sich, ging auf den Deutschen zu und schüttelte ihm die Hand. Herr ProfessorKlein, sagte er, das ist erfreulich, Sie zu sehen. Nehmen Sie doch teil an einem kleinen Gespräch über Kunst, wir haben nämlich gerade eben erörtert, daß … Er unterbrach sich jäh, als er merkte, daß ihm der Professor gar nicht zuhörte. Beide, der Professor und der andere, setzten sich zwar zu Pareith an den Tisch, aber der Florentiner sprach einfach weiter. Irgendwann unterbrach ihn der Professor. Aber ich habe doch hierbei keinen Grund, etwas zu systematisieren, sagte er. Ihm seien diese Parameter völlig gleich. Auch wenn es alles möglicherweise schlüssig sei, was er sage, so sei es ihm doch völlig gleich. Saverio, das ist nämlich ebenso mein Grundrecht, findest du denn nicht, daß das mein Grundrecht ist, daß es mir nämlich gleich ist? Der Professor war sichtlich erregt, obgleich natürlich für die anderen Zuhörer überhaupt nicht verständlich war, worüber er sprach. Saverio: Von was soll es denn abgeleitet werden, dieses Grundrecht? Gibt es ein Grundrecht darauf, Dinge nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen? Klein: Aber das sind doch alles bloß Theorien. Übrigens ist deine ganze Dialektik Metaphysik. Diese Dialektik zeitigt in allen ihren Ergebnissen reine Phantasieprodukte. Was Nietzsche Analyse nennt, das nenne ich nämlich bloße Phantasie und Kombinationsvielfalt. Ihr nehmt ein Ding, und dann nehmt ihr noch ein Ding, und beides kombiniert ihr dann

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