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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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geben wollen, sie wollen nicht, daß wir uns ertüchtigen, wir Südtiroler. Aber wir ertüchtigen uns. Wir bauen unsere eigenen Sporthallen! Der junge Moreth sagte, die Sportlichkeit Delazers widere ihn an. Dabei sei er schon fast fünfzig. Man müsse seinen Hals anschauen, der Hals verrate alles. Delazer sei auch so braun, selbst der Haarschnitt an ihm habe so etwas. Er sei der Haider Südtirols. Er strebe mit aller Macht eine immer stärkere Position im Südtiroler Landtag an. Deshalb müsse er sich in den Dingen, die Laner betreffen, im Hintergrund halten. Im übrigen wisse man bislang gar nicht, was in der Nacht genau vorgefallen sei. Die Polizei habe noch niemanden stellen können. Allerdings müßten sich die Mitglieder dieser Schlägerbande irgendwohin zurückgezogen haben, das müsse man doch rekonstruieren können. Einer rief: Wenn die Polizei das überhaupt wolle! Ein anderer: Politisch gesehen nützt es ja der Stadt, was da heute nacht geschehenist. Sie sind ja gegen die Messungen, und jetzt können sie sagen, die Bevölkerung ist auch gegen die Messungen, das habe sie, die Bevölkerung, mit ihren Fäusten gezeigt. Moreth: Das ist aber nicht die Bevölkerung gewesen heute nacht. Das waren keine von uns. Gasser, hast du irgendwen von diesen Leuten in der gestrigen Nacht erkannt? Gasser: Nein, er habe niemanden erkannt. Jemand: Es waren aber, habe er gehört, auch nicht alles Eisacktaler. Es waren auch zwei oder drei Pakistaner dabei. Perluttner: Pakistaner? Die Pakistaner haben hier eine Schlägerei gemacht? Taschner: Woher wisse er denn, daß es sich um Pakistaner gehandelt habe? Der andere: Vielleicht seien es auch Leute anderer Nationalität gewesen, er habe nur vermutet , daß es sich um Pakistaner gehandelt habe, sie sollen so ausgesehen haben. Einer: Bei Delazer auf dem Bau arbeiten drei Pakistaner, diese könnten es gewesen sein. Moreth: Man könne diese Menschen nicht allein wegen ihrer Hautfarbe verdächtigen. Perluttner: Natürlich könne man Menschen wegen ihrer Hautfarbe verdächtigen. Er sei ja sogar sein ganzes Leben lang deshalb verdächtigt worden, weil er kein Italiener sei. Er sei Südtiroler. Das war von Anfang an verdächtig. Sein Vater habe für Hitler optiert. Verdächtig. Später habe er, Perluttner, nicht Italienisch gelernt, auf dem Amt immer deutsch gesprochen. Verdächtig. Dann habe er in den sechziger Jahren für das Deutschtum der Südtiroler demonstriert. Mehr als verdächtig. Im Gefängnis sei er gelandet deshalb! Und jetzt soll man nicht einmaleinen Pakistaner verdächtigen dürfen, nur weil er Pakistaner sei? Perluttner erntete hierauf freilich heftigen Widerspruch. Er selbst gab nach einer Weile zu bedenken, daß, da ja sowieso das ganze Eisacktal voll von diesen herumlungernden Pakistanern und Albanern und Mohammedanern sei, man genausogut jeden von denen verdächtigen könne, es müssen nicht die drei vom Delazer gewesen sein. Wenn man recht bedenke, würde Delazer ja sogar unvernünftig handeln, wenn er seine eigenen drei Pakistaner geschickt hätte, denn jeder denkt ja gleich an ihn, wenn man etwas von drei Pakistanern hört. In diesem Augenblick betrat aus heiterem Himmel einer der drei Delazerschen Pakistaner den Keller . Alle schwiegen sofort und schauten den Mann fast erschrocken an. Er setzte sich an die Theke, bestellte ein Bier und trank es so schnell wie möglich, denn er fühlte sich augenscheinlich unwohl, es starrten ihn nämlich alle an. Was denn los sei, fragte der Pakistaner. Nichts sei los, bei ihnen nichts, sagte jemand. Ob denn bei ihm etwas los sei? Nein, sagte der Pakistaner erstaunt, wie komme er denn zu dieser Frage? Nur so, hieß es, man komme zu dieser Frage nur so. Hin und wieder müsse man auch eine Frage stellen dürfen, nicht, so sei es doch, wenn er in ihr Land komme, dürften sie auch hin und wieder eine Frage stellen. Was heiße in ihr Land kommen , fragte der Pakistaner. Er sei seit zehn Jahren in Italien. Zuerst sei er in Genua gewesen, dann in Asti, und jetzt sei er in Klausen. Perluttner: Er sei immer in Klausen gewesen. Er habe Klausen nurzur Verteidigung seiner Heimat verlassen, damals, droben an der Feste. Der Pakistaner schaute ihn an, als rede der alte Mann chinesisch. Perluttner: Wir sind sogar ins KZ gekommen, nur weil wir nicht italienisch werden wollten, ins KZ nach Dachau, das ist belegt. Moreth: Wen meinst du mit wir? Perluttner: Wir, wir Söhne der Väter, die gegen Italien optiert haben. Moreth: Du warst in Dachau?

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