Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
Vom Netzwerk:
zwischen dem am Boden festgehaltenen Zurner und einigen der Übeltäter. Zurner wollte nämlich wissen, so weit reichten sein Mut und seine Vernunft noch, was sie von ihm wollten und weshalb sie ihn so grausam behandelten. Er hätte nun alles mögliche erwartet, vor allen Dingen hätte er erwartet, daß sie sagen würden, er solle unbedingt und sofort und zu einem anständigen Preis das Ploderburggrundstück an den Laner verkaufen, sonst werde er keinen ruhigen Tag mehr auf Erden erleben etcetera , aber davon sagten sie eigentümlicherweise kein Wort, vielmehr sagten sie irgend etwas von Vögeln und Lichtern, und Zurner wußte zunächst gar nicht, wovon sie sprachen. Sie verhöhnten ihn um so mehr dafür, traten noch fester zu und drehten ihm darüber hinaus auch noch ein Ohr um, so daß er fast hätte schreien müssen (er bemühte sich die ganze Zeit vor allem darum, nicht zu schreien, das wäre ihm nämlich noch im Augenblick übel bekommen). So, da sehe er, sagte wer, so müsse man es mit allen machen. Mit welchen allen, fragte Zurner und stöhnte unter den Tritten. Mit all denen, die den Himmel mit ihren Lichtstrahlern bestreichen aus keinem anderen Grund als dem des Ertrags. Recht auf freien Himmel, rief wer. Genau, rief ein anderer, endlich Recht auf einen freien Himmel. Zurner: Aber der Strahler sei doch genehmigt. Noch mehr Tritte, das Ohr wurde ihm noch fester umgedreht, es schien geradezuabreißen zu wollen. Wir machen jetzt Leute deines Kalibers fertig, reihum, jeden. Laßt die Vögel in Ruhe, laßt unsere Augen in Ruhe, laßt den Himmel in Ruhe, du läßt überhaupt jetzt endlich alles in Ruhe, verstanden, du Sau! Mindestens zwei lachten hierbei auf, offenbar hielten sie die ganze Angelegenheit für sehr amüsant und nahmen sie gar nicht recht ernst. Ihr könnt doch, rief Zurner, nicht einen Mann so quälen, nur weil ihr etwas gegen den Skybeamer habt. Ich bin doch Geschäftsmann. Hierauf trat ihm jemand gegen den Kopf, offenbar als Strafe für das Wort Skybeamer oder das Wort Geschäftsmann . Du Drecksau, rief wer. Du Antichrist, rief ein anderer. Nun wurde so heftig auf ihn eingedroschen, daß Zurner das Vaterunser zu beten begann und darüber ohnmächtig wurde. Als er ein paar Stunden später, immer noch in dem so lieblich erleuchteten Gärtchen, zu sich kam (das Tor war verschlossen), stellte er fest, daß er fast nicht in der Lage dazu war, sich zu bewegen. Erst nach einer Viertelstunde konnte er aufstehen. Er sah, daß um ihn herum Papiere auf dem Boden lagen, sie sahen aus wie Flugblätter. Zurner versuchte eines zu lesen, konnte es aber nicht, er war noch zu benommen. Dann gelang es ihm doch. Es waren dort Drohungen gegen Menschen ausgesprochen, die Lichtstrahler in den Himmel richteten oder allerlei andere Dinge taten (Mischwälder abholzen, Golfplätze bauen), und es fand sich ein längerer Exkurs über Zugvögel. So schloß der Zettel: Schluß mit dem Akzeptieren grundloser Handlungen . Ein Verfasser war auf dem Pamphletnicht ersichtlich. Zurner brauchte noch längere Zeit, bis er sich aus dem Garten befreit hatte, dann schleppte er sich zur Polizei, von dort kam er ins Krankenhaus. Verschiedene Meinungen wurden zu dem Vorfall laut, auch in Klausen. Einige sagten unverhohlen, daß es nichts Überflüssigeres und Sinnloseres gebe, als, nur wegen einer Diskothek, den ganzen Himmel über dem Eisacktal wie im Krieg zu erleuchten. Das ist der Größenwahn, sagte Klein, und das Potenzgehabe des neuen Hedonismus. Auch andere hielten (und das trifft ja auch vollkommen zu) diese Lichtfinger für nutzlos und schädlich, und man ärgerte sich darüber, daß die Stadt Brixen dieses erbarmungswürdige Schauspiel viermal in der Woche genehmigt, Woche für Woche. Da aber die eine Stadt es mache, mache es die andere Stadt auch, aus Gründen des Wettbewerbs, und so gehe alles seinen Gang, und schließlich hätten die Städte ja vor allem an den Einkünften und den Touristen Interesse etcetera . So sei es also: Tatsächlich seien diese Lichtfinger so sinnlos und (für die Vögel) gefährlich wie nichts sonst, und dennoch könne sie niemand verhindern. Das sei der Fortschritt, rief wer. Andere verglichen es mit dem Schwerlastverkehr auf der Brennerautobahn. Den könne auch niemand verhindern, ebenfalls aus Gründen des Wettbewerbs. Mache es der eine, mache es der andere auch. Wenn du Frieden willst, rief Perluttner an diesem Tag mehrfach, dann bereite den Krieg vor. In Perluttners Satz erkannte man eine

Weitere Kostenlose Bücher