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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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der sich um solche Subjekte wie Gasser und Auer geschart habe. Gasser, meinte man, habe sich nach Berlin zurückgezogen, eine Art taktischer Rückzug, dort habe er genug Kontakte etcetera . Vor allen Dingen aber redeten sie in Klausen nun für Tage von den Marokkanern, den Albanern und überhaupt den Zuständen auf der Ploderburg. Bemerkenswert war folgendes:Perluttner begann plötzlich, alle möglichen Andreas-Hofer-Lieder auf den Gassen und in den Wirtschaften anzustimmen, und wenn die Rede auf den Gassersohn kam, begannen seine Augen eigentümlich zu leuchten, ganz hellblau leuchteten sie, sie sahen wieder völlig jung aus, wie vor fünfzig Jahren. Man konnte glauben, daß die Öffentlichkeit nichts weiter als eine Form des Wahnsinns sei. Wie schnell aber auch alle möglichen Leute sich der Hemmungslosigkeit ergaben (und sich dabei wie die bloßen Rezipienten von Informationen vorkamen)! Bis zum Zerrbild deutlich wurde Gasser in bestimmten Augenblicken gezeichnet, aber das Bild zeigte auch seltsame Lücken. Gasser wurde später, nachdem das ganze Unglück am Viadukt endlich geschehen war, sogar die Planung eines Attentats auf Delazer mittels des bereits erwähnten Gewehres nachgesagt, und zwar soll er dieses Attentat einfach deshalb geplant haben, weil er aus Eifersucht auf seine Schwester Delazer zutiefst verabscheut, ja geradezu gehaßt habe. Daß nie ein Schuß abgegeben und auch nie ein Gewehr gefunden wurde, interessierte anfänglich allerdings überhaupt niemanden, die Zeitungen druckten vielmehr die Bilder des unweit des Kalksilos gefundenen Pakets und rätselten, wieso Gasser dieses Attentat schließlich dann doch gar nicht ausgeführt habe. Gasser war endgültig zu einem Hofer schlimmster Art geworden. Zurück zum Geschehen. Ein paar Tage nach den bisherigen Ereignissen tauchte ein eigenartiges Flugblatt auf. Dieses Flugblatt war über Nachtan mehreren Stellen ausgelegt und auch als Plakat an verschiedene Hauswände angeschlagen worden. Derselbe Text war zeitgleich auf der Netzseite des Klausner Fremdenverkehrsvereins zu sehen, das war kurios, man hatte diese Seite offensichtlich sabotiert. Gruber und der junge Moreth lasen das Plakat zufällig gegen halb zehn Uhr morgens auf der Hauswand neben dem Nussbaumer, und zwar in einer ganzen Traube von Menschen. Man las solche Pamphlete in letzter Zeit immer öfter, zu allen möglichen Themen, und diesen zumeist anonym gemachten Äußerungen wohnte seit längerer Zeit deutlich eine Tendenz zur Steigerung inne, denn zu allen Dingen quer durch Europa wurden die Stellungnahmen in solchen Papieren neuerdings immer extremer, gereizter und auch haßerfüllter. Einige vor dem Nussbaumer schlugen sich beim Lesen des Plakats begeistert auf die Schenkel und wiesen sich gegenseitig auf ihrer Ansicht nach besonders geglückte Wendungen hin. Andere blickten das Plakat verständnislos an, bekamen alsbald einen Wutanfall und liefen rot an, denn Klausen schien ihnen schwer beleidigt zu werden durch das, was sie lasen. Gassers Name fiel alsbald. Tatsächlich allerdings war die ganze Sache unterzeichnet durch ein a. Das konnte ein Kürzel für anonym sein oder natürlich auch etwas völlig anderes bedeuten. Nur soviel konnte man deutlich sagen, nämlich daß das Pamphlet ganz und gar nicht im Sinne der Klausner Stadtoberen sein konnte. Und wie sich am nächsten Tag und schon an diesem Abend in vielerlei Gesprächen in allen Eckenund Winkeln der mit Ecken und Winkeln reichlich übersäten Stadt zeigte, war das Pamphlet auch ganz und gar nicht nach dem Sinn der großen Mehrheit der Klausner, die es nämlich zum größten Teil gar nicht verstanden, es schien ihnen völlig abwegig, was dieser anonyme a. dort verfaßt hatte. Der Anonyme zog in seinem Pamphlet über Klausen und das dortige Menschenwerk her. So gut wie alles im Tal, verkündete er, war durch die Stadt und das Land zerstört. Das alte Klausen habe sich binnen wenigen Jahrzehnten nach allen Seiten und die Hänge hinauf ausgedehnt, mit immer größeren und groteskeren Bauten. (Jener Anonyme verwendete mehrfach ohne jeden Kontext das Wort Arbeitsplätze , und zwar in seiner eigenartigen Logik offenbar immer als Synonym für Zerstörung, Vernichtung oder ganz einfach: häßliche Bauwerke. Alles das war in einem sehr höhnischen Ton geschrieben.) Arbeitsplätze, rief Gruber mitten in der Traube und klatschte in die Hände vor Begeisterung. Weiter a.: Der gegenüberliegende Hang – wie ein Wunde aufgekratzt (dort befand sich

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