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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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Ähnlichkeit zu dem ausgesprochenen Gedanken, daß, was der einemache, der andere auch machen werde, also müsse man es zuerst tun, weil der andere sowieso nicht Abstand davon nehmen werde, es seinerseits zu tun. So zwinge sich die menschliche Gesellschaft immer in die Richtung des Fortschritts, immer nur im Sinn der angegebenen Maxime. Viele hielten es natürlich für skandalös und gar nicht angemessen, daß Zurner bloß wegen seines Skybeamers so übel zugerichtet wurde (die, die regelmäßig nach Brixen ins Sam fuhren, reagierten völlig verstört, sie konnten den Sachverhalt überhaupt nicht begreifen, sie kamen einfach nicht auf den Gedanken, was mit diesem Skybeamer denn sei, der ihnen doch so ausnehmend gut gefiel; sie fanden Brixen insgesamt immer dann, wenn der Strahler angestellt war, viel ansehnlicher als sonst und empfanden insgesamt weniger Langeweile und Desorientierung beim Anblick der Stadt), andere wiederum empfanden ganz offen Schadenfreude. Es war ihnen völlig egal, weshalb Zurner so zugerichtet worden war, Hauptsache, daß er so zugerichtet worden war, das gefiel ihnen. Endlich, sagten sie, hätten sich ein paar Männer mal ein Herz gefaßt und denen da gezeigt, daß die da doch nicht so einfach so tun könnten, was sie tun etcetera . Es zeigte sich, daß eine Menge der Einwohner plötzlich große Ressentiments aufbringen konnte gegen alles, was mit Geld, Wirtschaft und Politik zu tun hatte. Ob freilich aus Einsicht oder aus Neid, das blieb dahingestellt. Am auf das Attentat folgenden Morgen fuhr ein Polizeiwagen bei der Ploderburg vor, man verschaffte sich Einlaß.Da niemand öffnen wollte, denn offenbar hatte man das Polizeiaufgebot von den Fenstern aus besorgt betrachtet, öffneten die Polizisten selbst (es war nicht abgeschlossen), suchten dort die nächstbesten Ansprechpartner, und sämtliche Marokkaner und Albaner waren zuhöchst irritiert, schienen nichts zu verstehen und zogen sich in die hintersten Winkel zurück. Es waren auch einige Kurden auf der Burg. Angewidert betrachteten die Polizisten eine Hundertschaft von Bier- und Schnapsflaschen, die in einer Ecke des Burghofs stand. Von wem das denn stamme, fragten sie. Eine albanische Familie schaute ratlos drein und verschwand schnell. Ein Marokkaner durchsuchte den Flaschenberg nach trinkbaren Resten. Die Szene hatte etwas Pittoreskes. Die Brixner Öffentlichkeit hatte ja keine Kenntnis von den genauen Zuständen auf der Ploderburg, man war bislang auf bloße Gerüchte angewiesen gewesen, und erzählt wurde jede Menge. Was über die Zustände in der Burg geredet wurde, schien sich jetzt nicht nur zu bestätigen, sondern von der Wahrheit noch übertroffen zu werden; denn immer wenn ein Gerücht sich bestätigt, scheint die Wahrheit schließlich noch viel grotesker zu sein als das Gerücht. Die Polizisten fragten reihum die Bewohner aus, über eine Stunde, aber alles lief sehr chaotisch ab. Die Marokkaner und die Albaner hatten nämlich eine Todesangst vor den Brixner Polizisten, und die Brixner Polizisten konnten das überhaupt nicht verstehen. Eine Albanerin mit einem Kopftuch breitete vor den Polizisten ihre nach obengekehrten Handflächen aus, flehte und schrie in Tränen irgendwelche albanischen Sätze, niemand verstand das. Der Polizist verstand nicht einmal die Handbewegung, er wußte nicht, was es bedeutet, wenn jemand (eine Albanerin) die Handflächen nach oben kehrt und ausbreitet, er hatte so etwas nämlich noch nie gesehen. Ein Marokkaner kletterte sogar die Burgmauer hoch, um jenseits in einen Heuhaufen zu springen, von wo aus er flüchten konnte, und die Polizisten riefen ihm vergeblich hinterher, daß sie überhaupt nichts weiter wollten, sie wollten nur ein paar Fragen beantwortet haben. Die Polizisten erhielten schließlich folgende Antworten auf ihre Fragen. Gestern noch sei ein großer Haufen Deutscher oder zumindest Deutschsprachiger hier gewesen. Zu diesem Haufen hätten gehört ein Markus Badowsky und ein Leopold Auer, letzterer sei ein Schriftsteller und stamme aus Klausen, er sei hier bekannt, er komme oft zum Trinken und unterhalte sich viel mit ihnen, allerdings habe er nie Geld. Der andere sei ein Schnorrer, der schon vor vier Wochen hier erschienen sei, zuerst habe er noch ein Mädchen bei sich gehabt, übrigens ein ausgesprochen junges Mädchen, welches ihn aber nach einer Weile und gewissen Streitigkeiten verlassen habe. Den Polizisten wurde im einzelnen geschildert, wie der Haufen sich hier betragen habe,

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