Klebstoff
rumzukramen.
Als Sharon und ich uns losließen, grunzte der fette Phil irgendwas. Er atmete schwer, und Muriel murmelte vor sich hin.
– Ich hab saugutes H, grinste Larry. – Willste einen wegmachen?
H? Der Mann is n verdammter Komiker. – Nee, ist nicht mein Ding, erklär ich ihm.
– Da hab ich aber was anderes gehört, zwinkerte er.
– Das ist schon ne Weile her, erklär ich ihm.
Sharon sah Larry an. – Wir kommen in keinen Club rein, wenn wir panne sind, Larry.
– An die Wände starren is der neue Ausgehtrend. Steht in The Face , grinste er.
Muriel versuchte Phil das Hemd auszuziehen, aber er schubste sie weg, ne Bewegung, die ihm mehr weh tat als ihr. Muriel blieb hartnäckig: – Du hast ne Menge Blut verloren, du gehörst ins Krankenhaus. Ich ruf nen Krankenwagen.
– Nee, ächzte Phil, – kein Krankenhaus, kein Krankenwagen. Er schwitzte heftig, besonders im Gesicht. Der Schweiß sammelte sich in Tropfen, die sein Gesicht sprenkelten.
Larry nickte zustimmend.
In dieser Szene misstraute man instinktiv allem irgendwie Offiziellen, selbst so was Harmlosem wie dem Rettungsdienst. Keine Polizei. Keinen Krankenwagen, selbst wenn man am Verbluten war. Es schien mittlerweile mehr Blut auf dem Laken zu sein. Ich stellte mir den fetten Phil in nem lichterloh brennenden Haus vor, wie er rief: Keine Feuerwehr!
– Aber du musst, du musst, sagte Muriel und fing an zu kreischen, als hätte sie ne Panikattacke, und Sharon ging sie beruhigen.
– Werd nich hysterisch, sonst steckste noch Phil damit an … Sharon wandte sich Phil zu, der immer noch geradeaus starrte und sich das Laken vor den Bauch presste. – Tschuldigung, Phil, aber du weißt doch, was ich meine: Wenn sie’s schlimmer macht, als es is, dann machste dir Sorgen, dein Blutdruck steigt, und du blutest noch mehr …
Larry nickte zustimmend: – Genau! Nimm endlich Verstand an, Muriel, du machst es bloß noch schlimmer, schnaubt er. Er hatte sein Besteck gefunden und schob mich ins Nebenzimmer. – Die Fotzen machen mich krank. Manchen Leuten is einfach nich zu helfen, sagte er wie n Sozialarbeiter mit lauter hoffnungslosen Fällen, der am Ende seiner Geduld is.
Als er mich nochmal fragte, wollte ich dann doch nen Schuss. Nicht dass ich ja gesagt hab, ich konnte nur nicht nein sagen oder nein sagen und es auch so meinen. Mein Körper wurde irgendwie ganz kalt, und meine Gedanken waren unzusammenhängend und abstrakt. Es war ziemlich blöd, denn ich war die ganze Nacht mit Terry saufen und nich in der besten Verfassung für so was.
Als Larry sein Zeug rausholte und anfing aufzukochen, wollt ich sagen, ich rauch meins bloß, aber das hörte sich so blöd und unsinnig an.
Da saß ich also und klopfte ne Vene raus. Larry setzte mir den Druck. Kaum war der Stoff in meinem Blutkreislauf, war’s schon zu viel für mich, ich wusste nich mehr, wo ich war und wurde ohnmächtig.
Ich dachte, ich wär nur für n paar Minuten weggetreten, aber Muriel rüttelte mich und gab mir Klapse und war offenkundig erleichtert, als ich wieder zu mir kam. Zuerst roch ich, dann sah ich das Erbrochene auf meiner Brust. Larry saß da und guckte n Jackie-Chan-Video. – Ich bin umgeben von verdammten Weicheiern, lachte er freudlos vor sich hin. – Erzählt einem, er könnt die Schore vertragen.
Ich wollt was sagen, ihm erklären, dass es schon lang her war, aber ich kriegte so nen würgenden Husten von der sauren Kotze in meinem Hals und nickte Muriel zu, die n Glas mit Wasser neben sich stehen hatte. Ich nahm n Schlückchen und erstickte beinah, aber es war nich unangenehm, es fühlte sich an wie ne lange, sanfte, heiße Liebkosung meiner Kehle und meiner Lungen, denn der Stoff wirkte jetzt.
Sharon sitzt aufm Sofa und fährt mir mit den Fingern durchs Haar, dann massiert sie mir den Nacken, als wär ich auf Ecstasy.
– Du bist n böser Junge, Andrew Galloway. Du hast mir für n Moment nen richtigen Schreck eingejagt. Stimmt’s, Larry?
– Aye, grunzt Larry zerstreut, ohne den Blick von der Glotze zu wenden.
Ich stieß ein kleines, gackerndes Lachen aus, bei dem Gedanken, Larry könnte sich um irgendwen außer sich selbst Sorgen machen.
Ich muss über ne Stunde mal wach, dann wieder bewusstlos da rumgehangen haben, während Sharons Finger meine Nacken- und Schulterpartie bearbeiteten und Larrys Stimme in gewissen Abständen in meinen Audio-Empfangsbereich wanderte wie n Signal, das mal durchkommt und dann wieder abbricht.
– … dieser Stoff is spitze …
Weitere Kostenlose Bücher