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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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der Straße, die Klamotten notdürftig in unsere Taschen gestopft. – Ihr dreckigen, englischen Schweine, brüllte uns dieser türkische Knabe an. Billy wollte gegen das »englisch« protestieren, aber Terry meinte: – Lass stecken, Birrell, wir ham’s verdient. Sorry weng dem allem, Aller, sagte er zu dem Türken, und dann wankten wir davon, um ungefähr fünf Uhr morgens, total im Arsch und halb im Delirium. Wir schliefen aufm Bahnhof und verbrachten den ganzen nächsten Tag damit, elend und verkatert nach ner neuen Bleibe zu suchen.
    Wir mussten nehmen, was wir kriegen konnten, und die neue Unterkunft war verdammt viel teurer. Gally jammerte, er wär pleite und könnte sich das nicht leisten, aber für uns andere galt, in der Not frisst der Teufel Fliegen.
    Billy redete ständig davon, er müsste sich reinhängen, wie er das nannte. – Ich muss mich unbedingt reinhängen, ich hab bald nen Kampf, jammerte er. Es machte mir Sorgen, dass er so rumjammerte, denn normalerweise beklagte Birrell sich nie über irgendwas. Normalerweise ging er einfach drauflos.
    Terry wurde die Hauptschuld an dem türkischen Debakel zugeschrieben, und die Streiterei fand kein Ende. Beim Frühstück am nächsten Morgen waren sie immer noch dabei. Ich konnte das Gezänk nicht ertragen und ging deswegen nen Spaziergang machen und Platten checken. Ich fand einen hervorragenden Plattenladen und sicherte mir sofort nen Plattenspieler und Kopfhörer. Die erste Platte, die ich mir ausgesucht hatte, hörte ich mir dreimal an. Ich konnte mich nicht entscheiden. Fing an, als sollte es richtig zur Sache gehen, aber dann schien irgendwie nichts da bei rauszukommen. Nee. Die zweite ist toll, von nem belgischen Label, dessen Namen ich noch nie gehört hab, geschweige denn aussprechen kann. Die Nummer zieht immer mehr an, wird dann etwas ruhiger, bevor sie wieder nen echten Sturm lostritt. Ein toller Track, ne echte Herausforderung für die Leute auf der Tanzfläche. Die beste Nummer, die ich je gehört hab. Ich finde noch ne andere tolle Platte vom selben Label, dann einen irren, krachenden FX – Track, von dem ich denke, dass er verdammt apokalyptisch sein könnte, wenn man den Bass rausnimmt und die Fotze auf den aufpeitschenden Track von eben draufhaut, wenn das Biest seinen Höhepunkt erreicht.
    In dem Laden komm ich mit nem Typ ins Gespräch, der Flyer verteilt. Der Knabe heißt Rolf und muss so in meinem Alter oder etwas jünger sein, ein dunkelhäutiger Typ mit nem frechen Grinsen. Er trägt ein T-Shirt mit Werbeaufdruck für n deutsches Technolabel. Diese deutschen Fotzen sehen immer so beschissen fit und frisch aus, dass man nur schwer ihr Alter schätzen kann. Er erzählt mir von ner Party heut Abend und empfiehlt mir dann ein paar Stücke, von denen eins der absolute Killer ist, also kauf ich das auch. Kurz darauf kommt ein adrettes Mädchen rein, schlank mit langen blonden Haaren, in einem weißen T-Shirt ohne BH , um diesen Rolf abzuholen. – Das ist Gretchen, sagt er. Ich geb ihr nen Klaps auf den Arm und sag hallo. Rolf gibt mir seine Nummer, ehe sie zusammen weggehen. Ich seh ihnen nach und hoffe, dass die Braut zu Haus noch ne Schwester oder vielleicht ein paar Freundinnen hat, die aussehen wie sie: Bundes liga – Muschi, würde Terry sagen.
    Nachdem ich mir noch ein paar Platten angehört hab, plaudere ich ein bisschen mit dem Typ hinter der Ladentheke, Max, und ein paar seiner Kumpels. Wir reden über Musik, und die Jungs scheint es genauso aufrichtig zu interessieren, was bei uns so abgeht, wie mich interessiert, was hier abgeht. Die Wahrheit ist, und ich hab n bisschen schlechtes Gewissen deswegen, dass es genau das ist, was ich heutzutage am liebsten mach, mit andern Spezialisten über Musik zu reden, auszuchecken, was andere so hören, rauszufinden, was wo läuft. Abgesehen vom Auflegen ist das für mich das höchste Vergnügen. Klar häng ich gern mit den Jungs ab, aber heute sind alle viel cooler. Man kann sich treffen und zusammen Spaß haben, ohne die ganze Zeit aufeinander zu kleben.
    Und so verbringe ich den Großteil des Tages in diesem Laden. Das ist das Besondere an Musik, wenn du da richtig drinsteckst, kannst du an jeden Ort der Welt fahren und nach n paar Stunden schon das Gefühl haben, du wärst bei Freunden, die du lange nicht gesehen hast.
    Natürlich predigt unser nicht mehr ganz so leichtfüßiger Lawson dauernd, wir müssten alle zusammenbleiben, aber das auch nur, wenn’s der Fotze gerade in den Kram

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