Klebstoff
Sachen, die ich mir auf CD anhör, Dance Music muss natürlich auf Vinyl sein.
Supergute Ausbeute. Wir marschieren mit Einkaufstüten voller CD s raus. Unser Secret Squirrel sieht ganz mies gelaunt aus, als wir zurück zu unserer Unterkunft gehen, um sie zu deponieren. Er und Gally fangen sofort mit einer dieser sinnlosen »Penner/Snob«-Streitereien an, mit denen man in der Siedlung anfängt, sobald man sprechen kann. Als wir da sind, ruf ich Rolf und Gretchen an und sag ihnen, sie sollten uns auf dem Oktoberfest treffen, wenn sie Lust auf ein Bier hätten. Dann brechen wir sofort wieder auf und gehen zur S-Bahn, die nach München reinfährt.
Wir nehmen noch nen kleinen Drink in der Stadt und wollen gerade aufbrechen, um uns mit Terry und seiner Torte im Hacker-Pschorr-Zelt auf der Festwiese zum Kampftrinken zu treffen, aber wen sehen wir da entgegenkommen, wenn nicht den Sack persönlich mit seiner Perle an der Hand. Terrys Perle Hedra ist irrsinnig nett. Aber als er uns miteinander bekannt machte, musste ich vermeiden, Gally und Billy in die Augen zu sehen. Ich weiß, dass das Erste, woran die denken, Blowjobs sind. Was dieses Mädchen an Terry findet, werd ich nie begreifen. Das sag ich auch zu Birrell, als Terry und Gally Bier holen gehen, wobei Gally mit unserem Raubzug angibt, und Birrell meint: – Nee, das liegt nur daran, dass sie Ausländerin ist, sie kommt dir exotisch vor. Kein übel aussehendes Mädchen, aber wenn sie aus Wester Hailes wär, würdest du denken, Durchschnittsmieze.
Ich guck mir das Mädchen nochmal an und stell sie mir im Einkaufszentrum von Wester Hailes vor, wie sie an nem Bridie von Crawford’s kaut, und schätze, Birrells Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber mein Argument ist, dass wir hier eben nicht in Wester Hailes sind.
Wir gehen die Straße lang, als Terry an so nem großen, steinernen Gebäude dieses Schild entdeckt. – Hört euch das an, Jungs, haltet mal.
Da steht was auf Deutsch, aber darunter heißt es auf Englisch:
MUNICH–EDINBURGH TWIN CITIES COMMITTE E
MUNICH COUNCIL WELCOMES THE YOUT H
OF EDINBURG H
– Das seid ihr, die Jugend von Edinburgh, kichert Hedra.
– Da haste verdammt Recht. Da sollten wir doch glatt reingehn und was trinken. Für lau. Das sind wir, die Jugend Edinburghs, sagt Terry stolz.
– Da könn wir nich rein, Billy schüttelt den Kopf.
Gally guckt ihn geringschätzig an. Terry sagt mit tuntiger Stimme: – Wir können dies nicht, wir können das nicht, sagt er und wackelt mit dem Kopf. – Wo ist dein Mumm, Birrell? Haste den im Ring gelassen? Komm schon, er boxt gegen Billys Arm und zerstreut so die aufglimmende Wut. – Denk an Souness! Frechheit siegt.
Graeme Souness stammt aus unserer Ecke und ist immer noch Terrys Idol, auch wenn er heute die Hunnen managt. Als Souness den Minipli und die Muschibürste hatte, ließ sich Terry sogar ein blödes Bärtchen aus Pubertätsflaum wachsen, um ihm nachzueifern. Jedes Mal, wenn er irgendwen motivieren will oder zum Mitmachen bei einem seiner Drehs zu überreden versucht, sagt er »Denk an Souness«. Als wir klein waren, sahen wir Souness immer vom Training kommen. Einmal schenkte er Terry fünfzig Pence für Bonbons. Solche Sachen vergisst man nicht. Terry vergab Souness sogar ein übles Tackling gegen George McCluskey an der Easter Road vor ein paar Jahren. – McCluskey war doch n dreckiger Schmutzfink aus Glasgow, so einen wie den sollte man gar nich erst für die Hibs spielen lassen, sagte er in vollem Ernst. Jede Sau weiß, dass Souness ein Jambo war, aber nee, Terry ließ sich einfach nichts sagen. – Souness ist n astreiner Hibby, erklärte er.
– Wär er noch hier, dann würd er mit den Jungs vom CCS in ihren Designerklamotten durch die Stadt ziehen und sich nich wie ihr schmierigen Jambo-Fotzen in der Siedlung verstecken.
Scheiße, wie kommt der dazu, von Designerklamotten zu faseln? Terry ist für die Mode das, was Sydney Devine für Acid House ist. Egal, wir denken an Souness und gehen entschlossen die steinerne Treppe ins Gebäude hoch. Zwei kräftige Türsteher verstellen uns den Weg. Ich fühl mich schon nicht mehr so ganz wie Souness. Gott sei Dank taucht ein Typ im Anzug hinter den Kleiderschränken auf und schiebt sie zur Seite. Ich sah schon vor mir, wie Billy, von Terry aufgestachelt, in Kampfstellung geht. Der Knabe, so ein bärtiger Rolf-Harris-Typ im Jackett mit irgendwelchen Papieren in der Hand, lächelt uns an. – Ich bin Horst. Ihr seid
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