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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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aufhören, und das wollten sie nicht. Niemand beschwerte sich darüber, falls es überhaupt jemand mitbekam.
    Wie auch immer, Davie hatte keine Sehnsucht danach, die Polizei zu informieren. Er wusste, dass er wiedererkannt werden würde, denn seinerzeit war er in dieser Stadt nur zu gut bekannt gewesen. Außerdem war seine Schicht jetzt sowieso bald vorbei, und bald wurde es schon Zeit, auf einen Plausch zu Andrew zu gehen.

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Edinburgh, Schottland
An irgendeinem Donnerstag, 23.28 Uhr
VERWAIST
    Juice Terry Lawson sah sich veranlasst, seinen alten Kumpel Post Alec Connolly zu verfluchen, als er die Füße unter der Decke hervor und über das Fußende des Betts hinausstreckte. Die Kälte war schneidend und ließ seine Zehen zurückzucken. Die blöde Fotze. Oh, klar, an dem riesigen, abgefuckten, hochmodernen 76-Zentimeter-Ultra-Flachbildschirm-Bastard von Fernseher, den er für Terry geklaut hatte, war nichts auszusetzen. Saubere Leistung, Alec. Aber der nutzlose alte Saufkopp hatte vergessen, auch die Fernbedienung aus der Hütte in Barnton mitgehen zu lassen, die er ansonsten so professionell ausgeräumt hatte. Terry fühlte, wie sein Unbehagen wuchs und sein Transpirationslevel stieg, während er die Zehen ausstreckte und sich bemühte, von BBC 1auf Channel Four umzuschalten. Gleich sollte n französischer Streifen laufen, und da war fest mit gelegentlichen Momentaufnahmen von Titten und Arsch zu rechnen. Vergiss Channel Five: Das machen alle anderen auch.
    Schon komisch, überlegte Terry, als er an die snobistischen Fotzen dachte, die zum Festival in der Stadt waren. Zeig Titten und Arsch in ner Zeitung, die von Proleten gelesen wird, dann ist es frauenfeindlich, zeig das Gleiche in nem französischen Film, dann kriegen sie nicht genug davon, und es heißt Kunst. Also müsste die Frage, was Kunst ist und was nicht, eigentlich lauten: »Kann man sich darauf einen runterholen, und wenn ja, wer?«, dachte Terry, während er den Rücken krumm machte und seine Arschbacken auseinanderzog, um kräftig einen fahren zu lassen.
    Wieder in bequemerer Haltung und den hoch kriechenden, warmen, säuerlichen Geruch auskostend, lehnte sich Terry gegen seine Kissen und ließ den Fernsehschirm das Zimmer beleuchten. Er öffnete den kleinen Kühlschrank neben dem Bett, nahm eine Büchse Red Stripe raus und riss sie auf. Nicht mehr viele da, registrierte er. Terry kostete ein Probeschlückchen von seinem Lager und kippte dann nen ganzen Mund voll runter. Er nahm das Handy und rief unten bei seiner Mutter an, die gerade die EastEnders- Folge guckte, die sie sich gestern aufgenommen hatte, während sie beim Bingo war. Terrys Hämorrhoiden fingen an zu jucken, möglicherweise hatte der feuchte Furz sie irritiert. Er drehte sich auf die Seite, hob eine Arschbacke an und schlug die Decke zurück, um sich die kühle Luft um sein Arschloch streichen zu lassen.
    Weil sie auf einen Anruf von ihrer Tochter Yvonne wartete, nahm Alice Ulrich den Hörer ab. Alice hatte den Namen ihres zweiten Ehemanns behalten, weil er, obwohl Walter ebenso stiften gegangen war wie ihr erster Mann – bei ihm war es damals wegen ernsthafter Spielschulden gewesen –, ihr doch wenigstens keinen Taugenichts von Sohn wie Terry hinterlassen hatte. Alice hörte zu ihrer Empörung, dass es nur ihr Sohn eine Treppe höher war, der sie von seinem Handy anrief.
    – Hör mal, Ma, das nächste Mal, wenn du zum Pinkeln gehst oder so, bring mir doch n paar Bier aus dem großen Kühlschrank mit. Mein kleiner Privatvorrat hier oben ist fast alle, äh … Terry hörte das ungläubige Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    – Nur wenn du sowieso mal aufs Klo willst oder so. Ich mein, ich hab’s mir grad erst so schön gemütlich gemacht.
    Sie ließ das Telefon stumm werden. Es war ein gewohntes Szenarium. Aber diesmal sperrte sich etwas in Alice dagegen. Sie sah ihr Leben in schonungsloser Klarheit und ging, nachdem sie einen Moment innegehalten hatte, um eine nüchterne Bilanz ihres Lebens zu ziehen, in die Küche und holte ihrem Sohn sechs kalte Dosen Bier aus dem Kühlschrank. Alice stieg langsam die Treppe hinauf und trat wie schon so viele Male mit dem Nachschub in das Zimmer ihres Sohnes. Es herrschte der übliche Mief von Furzgasen, alten Socken und Sperma. Jetzt hätte sie gewohnheitsmäßig ihren milden Protest dadurch ausgedrückt, dass sie die Dosen auf seinen Nachttisch knallte, aber nein, diesmal ging sie um das Bett herum und stellte sie für den Jungen in

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