Klebstoff
wollte, waren ein paar Bier mit den Jungs.
Sie macht sich auf den Weg zur Uni und lässt mir ihre Telefonnummer da. Ohne sie komm ich nicht mehr zur Ruhe, das Bett fühlt sich leer und kalt an. Ich steh auf und muss feststellen, dass Rolf und Gretchen auch weg sind. Rolf hat eine Nachricht mit einem akkurat gezeichneten Plan hinterlassen, wie ich zurück zu Wolfgang finde.
Draußen beschließe ich, ein bisschen spazieren zu gehen, und komm aus der Seitenstraße auf eine große Hauptstraße. Es ist wieder ziemlich warm geworden, der Altweibersommer gibt sich nicht kampflos geschlagen. Ich komm zu so nem großen Vorstadteinkaufszentrum und finde einen Bäcker. Ich trink nen Kaffee und ess ne Banane. Weil ich Appetit auf was Süßes hab, gönn ich mir ein großes Stück Schokoladenkuchen, das ich nicht aufkriege, weil es viel zu mächtig ist.
Da ich mich viel zu kaputt fühle, um noch weiterzulaufen, beschließe ich, ein Taxi zu nehmen, und zeig dem Fahrer die Adresse. Er zeigt auf die andere Straßenseite, und sofort erkenn ich die Straße wieder. Ich bin schon da, ich bin nur aus der anderen Richtung gekommen. Geographie hab ich schon in der Schule gehasst.
Nur Gally ist da. Wolfgang und Marcia sind weg, und Billy und Terry sind in der Stadt. Ich hätte mir denken können, dass sie sich mit Hedra und dieser Großen mit dem Kleid, hinter der Billy her war, treffen würden.
Wir gehen raus und schweigend zur nächsten Kneipe. Es ist wieder frischer geworden, und ich zieh das Fleecehemd an, das ich um die Hüfte geknotet hatte. Gally hat nen Pulli an und dessen Kapuze über den Kopf gezogen. Ich zittere, obwohl es gar nicht kalt ist. Ich hol uns zwei Bier. Wir tragen sie zu nem Tisch an nem großen Kaminfeuer. – Wo ist die kleine Gudrun? frag ich ihn.
– Was weiß ich.
Ich seh mir Gally an. Er hat immer noch die Kapuze auf. Um seine Augen sind dunkle Ringe, und es sieht aus, als bekäme er Pickel im Gesicht, aber nur auf einer Seite. Wie ne Art Ausschlag.
– Die Kleine war echt sexy. Aber was war mit dieser Großen in dem gestreiften Kleid, hinter der Birrell her war? Meinst du, er hat sie flachgelegt?
Gally spuckt einen Kaugummi ins Feuer. Eine Frau hinter der Theke guckt uns angewidert an. Wir fallen hier ein bisschen aus dem Rahmen, sonst sind hier nur alte Knaben, Familien und nette Paare.
– Woher soll ich das wissen? meint er total genervt und trinkt nen großen Schluck aus seinem Glas. Dann schlägt er seine Kapuze zurück.
– Komm mir nicht auf die Tour, sag ich zu ihm. – Du warst mit nem netten Mädchen zusammen, das richtig auf dich stand. Du bist im Urlaub. Was hast du denn für ein Scheißproblem?
Er sagt nichts und starrt auf den Tisch. Ich kann bloß sein verfilztes, schwarzbraunes Haar sehen. – Ich konnte nicht mit ihr … mit ihr … ich mein …
– Wieso nicht? Sie wollte doch. Er hebt den Kopf und sieht mir direkt in die Augen. – Weil ich den Scheißvirus hab, deswegen.
In meiner Brust spür ich einen dumpfen Schlag, und ich starre ihm in die Augen, was mir wie ne Ewigkeit vorkommt, aber wahrscheinlich nur ein paar Herzschläge dauert, während er panisch sagt: – Du bist der Einzige, der das weiß. Erzähl Terry und Billy nichts, okay? Erzähl’s keinem weiter.
– Gut … aber …
– Versprich es. Gib mir dein Ehrenwort.
In meinem Gehirn tobt ein fiebriger Tanz. Das kann nicht stimmen. Das ist doch der kleine Andrew Galloway. Mein Freund. Der kleine Gally aus Saughton Mains, Susans Junge, Sheenas Bruder. – Aye … aye … aber … aber wie? Wie, Andy?
– Spritzen. Smack. Ich hab’s nur n paarmal getan. Scheint aber schon gereicht zu haben. Hab’s erst letzte Woche erfahren, sagt er und nimmt noch nen Schluck, muss aber husten und spuckt ein bisschen Bier in das aufzischende Feuer.
Ich schau mich um, aber die Frau hinter der Theke ist weg. Ein paar Fotzen glotzen, aber ich starre zurück, bis sie wegsehen. Der kleine Andrew Galloway. Die Ausflüge, als wir klein waren, und dann auf eigene Faust als ältere Jungs: Burntisland, Kinghorn, Ullapool, Blackpool. Ich, meine Ma, mein Dad und Gally. Beim Fußball. Die Streitereien, die Schlägereien. Wie er kletterte, als Kind, ständig am Klettern war. Da es in der Siedlung keine Bäume gab, mussten es Betonbalkons und Unterführungen sein, all so ein Scheiß. Der kleine Kletteraffe, so nannten sie ihn. Ein frecher kleiner Affe.
Aber nun seh ich in sein dummes, schmutziges Gesicht und seine leeren Augen, und es kommt mir
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