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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Vertrag. Ich will aufrichtig zu Ihnen sein, Franklin, wenn sie sich mit dem Album nicht wieder fängt, würde es mich sehr überraschen, wenn sie noch ein Weiteres machen würde … auf diesem Label oder irgendeinem anderen. Der Newcastle-Gig gestern Abend ist in so ziemlich jeder Zeitung, die ihn überhaupt wahrgenommen hat, verrissen worden, und das Publikum bleibt auch weg. Ich bin sicher, dass es morgen hier in Glasgow das gleiche Trauerspiel wird.
    – Das hier ist Edinburgh, bemerkte Franklin.
    – Egal. Für mich ist das ein und dasselbe, der obligatorische Gig in Schottland am Ende der Tour. Ändert trotzdem nichts an der Sachlage. Ärsche auf Sitzplätzen, Mann, das zählt.
    – Der Kartenvorverkauf für dieses Konzert läuft gut, protestierte Franklin.
    – Nur weil die Schotten so fernab jeder Zivilisation sind, dass sie die Kunde noch nicht gehört haben: Kathryn Joyner bringt’s nicht mehr. Irgendwann wird die Nachricht schon über den Hadrianswall schwappen. Aber es war ein guter Schachzug, sie hier auftreten zu lassen, beim Edinburgh Festival. Hier kaufen sie einem jeden alten Scheiß ab. Jede abgewrackte Null kann hier noch mal antreten, und die Fotzen, die das Programm zusammenstellen, nennen es dann »kühn« oder »inspiriert«, und Tatsache ist, die Leute sind sowieso die ganze Zeit am Ausgehen, sodass sie da tatsächlich mitspielen. Nächste Woche könnte sie die gleiche Show in nem Scheißladen bei denen um die Ecke abziehen, und sie würden nicht im Traum dran denken hinzugehen. Taylors Augen funkelten boshaft, als er einen Zeitungsausschnitt herauszog und zu ihm rüberschob. – Haben Sie diese Kritik über gestern Abend gelesen?
    Franklin sagte nichts, und da er die ganze Zeit Taylors hämischen Blick auf sich spürte, versuchte er, eine teilnahmslose Miene beizubehalten, während er den Ausschnitt überflog:

    Franklin bemühte sich, seinen Ärger runterzuschlucken. Diese Künstlerin brauchte Unterstützung, und hier wurde sie von ihrer eigenen Plattenfirma abgeschrieben und verhöhnt.
    – Sorgen Sie dafür, dass sie isst, Franklin, grinste Taylor und führte eine Gabel mit fettigem Huhn an seine Lippen. – Sorgen Sie bloß dafür, dass sie wieder isst. Sorgen Sie dafür, dass sie wieder zu Kräften kommt.
    Franklin spürte, wie der Schmerz in seinem Mund abklang, während seine Empörung weiter wuchs. – Glauben Sie, ich hätte das nicht schon versucht? Ich habe schon jede Klinik, jede Spezialdiät und jeden Therapeuten auf diesem Planeten ausprobiert … Ich lass schon jeden Tag Club-Sandwiches zu ihr raufschicken!
    Taylor führte ein Glas Rotwein an die Lippen. – Die muss mal gut durchgefickt werden, sagte er versonnen und guckte Franklin verschwörerisch an, der erst jetzt begriff, dass der Vertreter der Plattenfirma ein wenig angesäuselt war. – Minzsauce, hm? Das passt zu ihr!
I KNOW YOU’RE USING ME
    Juice Terry mochte große Höhen nicht. Für diese Art von Arbeit war er nicht geschaffen. Das Fensterputzen machte ihm nichts aus, aber in so großer Höhe zu sein, das war nichts für ihn. Trotzdem hing er nun auf einer Plattform über der Stadt und putzte die Fenster des Balmoral Hotels. Wie er sich von dieser versoffenen, alten Fotze Post Alec dazu hatte rumkriegen lassen, ging ihm nicht in den Kopf. Alec hatte gesagt, es ginge bar auf die Kralle, weil Norrie McPhail wegen ner Schulteroperation im Krankenhaus war. Norrie wollte den lukrativen Hotelauftrag nicht verlieren und hatte deswegen Post Alec beauftragt, den Job zu Ende zu bringen.
    – Mordsmäßige Aussicht von hier oben, Terry, krächzte Alec, hustete nen Klumpen Schleim aus der Kehle hoch und spuckte ihn aus. Selbst aus dieser Höhe und bei dem Lärm des Verkehrs glaubte Alec, den Schleim aufs Pflaster klatschen zu hören.
    – Aye, geil, erwiderte Terry, ohne nach unten auf die Princes Street zu gucken. Man brauchte nur übers Gerüst zu klettern und loszulassen. Mehr nicht. Es war so leicht. Es war ein Wunder, dass nicht noch mehr Menschen das taten. Ein böser Kater konnte reichen. Man müsste nur für den Bruchteil ner Sekunde die ganze Sinnlosigkeit von allem empfinden, und schon wär man weg. Es war zu verführerisch. Terry fragte sich, wie die Selbstmordrate bei Fensterputzern an hohen Gebäuden aussah. Ein Bild aus der Vergangenheit kam ihm schlagartig in den Sinn, und Terry wurde schwindelig. Er klammerte sich an die Brüstung, seine Hände lagen schwitzend und taub auf dem Metall. Er atmete tief

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